31-05-2009, 22:11
(31-05-2009, 18:54)Saldo schrieb: Ohne Weltsicht kann der Mensch gar nicht existieren.
Das halte ich für diskussionswürdig . Ich denke nämlich , daß der Mensch sehr wohl ohne Weltsicht (gemeint als bestimmte Weltanschauung) existieren kann . Dafür ist er noch genug "Tier" .
Seine genetische Programmierung und die Prozesse , die in seinem Körper ablaufen , reichen völlig aus .
Und auch wenn du mich als Reduktionist bezeichnest *g* :
Ich denke schon , daß die geistige Realität der Menschen vollständig auf das Physische zurückführbar ist . Eigentlich ist es nur ein evolutionär hervorgebrachtes Instrument , welches dem Überleben dient , und gar nicht in erster Linie zum Erkenntnisgewinn taugt .
Wenn Menschen also dieses Instrument benutzen - sprich : Kultur erzeugen oder eben "die geistige Schöpfung" - dann tun sie dies , um sich selbst eine Position in der Welt zu geben und von dieser aus ihr Leben zu gestalten .
Die geistige , kulturelle oder eben religiöse Realität hat allerdings nur Gültigkeit bei den "Mitspielern" , die sich zum jeweiligen Weltbild bekennen , und hat nur soviel Anspruch auf "Wirklichkeit" , wie es sich als "Landkarte" , "Wegweiser" oder "Leitbild" nützlich erweist .
In Sachen "Wertigkeit" im Bezug auf Wirklichkeitsanspruch sehe ich die philosophisch-religiöse Wirklichkeit - ja auch das menschliche Bewusstsein selbst - deshalb eindeutig "unter" der physikalischen .
Mit Aussagen wie der , daß es Realität nur da gibt , wo der Mensch sie erkennt und beschreibt , kann ich nichts anfangen .
Es gab den Menschen schon bevor er zu denken begann .
Erst kommen der physikalisch-biologische Prozess , dann die sinnliche Wahrnehmung und die Gefühle , und erst "zum Schluß" taucht die geistige Realität auf , die sich daraus ein Bild zeichnet .
Die Physik läuft völlig unabhängig vom Menschen ab und die (menschlichen) Sinne und Gefühle laufen unabhängig vom Weltbild ab .
Das Weltbild jedoch hängt von allem anderen ab , ist fast beliebig veränderbar , und bildet somit auf der "Wirklichkeitsskala" nur den inneren , kleinen Kreis .
Man kann den Turmbau zu Babel in dieser Hinsicht interpretieren : Wenn Menschen glauben , die ganze Wahrheit durchschaut zu haben , straft Gott sie mit Sprachverwirrung , und plötzlich stehen viele Wahrheiten nebeneinander ...
Für mich persönlich bedeutet Glaube und Hingabe an Gott , die menschlichen Weltbilder stets zu relativieren , und mich demütig der physikalischen Realität , welche absolute Macht über mich hat , hinzugeben . Ich erkenne mich als Teil von ihr , dem auch gewisse Wirkungskraft gegeben ist .
Spekulationen darüber , ob es über dieser physikalischen Kraft noch eine "höhere" Kraft gibt , sind aus der Luft gegriffen und bringen uns nicht weiter .