31-05-2009, 00:13
Saldo,
ich versuche die analytische, zerlegende Beschreibung der äußeren, objektiven Welt der Dinge und die Seinsweise eines Wesens, womit im Allgemeinen der Mensch gemeint ist, zu unterscheiden.
Richtig ist: „objektiv“ ist mehr ein Postulat, das für die naturwissenschaftliche Methode präzisiert und relativiert worden ist, siehe hier
In meinem voraus gehenden Beitrag hatte ich das so formuliert:
Ist es also so, dass wir zwei Realitäten (=Wirklichkeiten) haben, denen beiden eine Beziehung zugrunde liegt:
Nach längerem Nachdenken, bin ich davon überzeugt, dass das, was du meinst, allein Unterscheidungen innerhalb der „Seinsstruktur“ des Menschen sind. Die von dir diskutierten Phänomene werden empfunden, erlebt, gedeutet – alles typische Merkmale des Daseins.
Dass dabei gewisse Hirnareale messbar aktiv sind, ist dabei völlig gleichgültig. Wir haben es mit dem „sich selbst erlebenden Menschen“ zu tun und mit dem, was er (oder sie) uns mitteilt.
Patronius schrieb dazu dem Sinne nach: Der Alptraum ist real, sein Inhalt nicht. Das hatte ich als „einleuchtend“ beschrieben. (Alptraum = Albtraum, ich ziehe erstere Form vor).
Ich darf also einmal davon ausgehen, dass die objektive Welt unstreitig „real“ ist, sofern das Objekt irgendwie messbar ist – eine Spezialform des Erlebens.
Alles Folgende bezieht sich also auf Strukturen des menschlichen Daseins, so wie wir es erleben und einander beschreiben bzw. umschreibend in Geschichten erzählen (Literatur).
Darin gestehe ich dir zu, dass Hierarchiebeziehungen, davon abhängen, wie wichtig diese Phänomene für unser Erleben und für die Gestaltung unseres weiteren Lebens sind. Ob es sie gibt oder nicht ist also eine Frage, ob es Leute gibt, die (intersubjektiv) die Hierarchie teilen, weil sie Gleichartiges erlebt haben.
Darin sehe ich etwas real Vorhandenes, etwas „da Seiendes“. Und das war ja die Frage, die durch diese Ausführungen nicht beantwortet ist.
Petronius sagt im Beispiel: Der Alptraum als solcher ist real, sein Inhalt nicht. Aber: was passiert, wenn der Inhalt mein Verhalten ändert? Dasselbe gilt für angewöhnte Haltungen oder von Vorstellungen.
Bliebe die Frage des Vermittelns einer rein psychischen Realität namentlich dann, wenn die „Kanäle verschüttet sind“.
Wir müssen zunächst festhalten, dass die Frage nach der ontologischen Realität nur dort relativ einfach zu beantworten ist, wo wie im Falle des Alptraums oder der Altersdemenz die Effekte auch objektivierbar sind. Wenn es um das Erlebte selbst geht, kann uns (intersubjektiv) die Wahrnehmung subjektiver Realität versperrt sein. Gleichwohl sagst du, dass sie existiert und weiter…
ich versuche die analytische, zerlegende Beschreibung der äußeren, objektiven Welt der Dinge und die Seinsweise eines Wesens, womit im Allgemeinen der Mensch gemeint ist, zu unterscheiden.
Richtig ist: „objektiv“ ist mehr ein Postulat, das für die naturwissenschaftliche Methode präzisiert und relativiert worden ist, siehe hier
In meinem voraus gehenden Beitrag hatte ich das so formuliert:
Ist es also so, dass wir zwei Realitäten (=Wirklichkeiten) haben, denen beiden eine Beziehung zugrunde liegt:
- die Realität, die durch messbare Wirkung gegeben ist und nicht ist, wenn diese fehlt (Beispiele: Teilchen, elektromagnetische Wellen, Materiebrocken, physikalische Kräfte)
- die ontologische Realität, die durch menschliche Beziehung, durch Austausch von Nachrichten, Meinungen, Beschreibungen existiert?
Nach längerem Nachdenken, bin ich davon überzeugt, dass das, was du meinst, allein Unterscheidungen innerhalb der „Seinsstruktur“ des Menschen sind. Die von dir diskutierten Phänomene werden empfunden, erlebt, gedeutet – alles typische Merkmale des Daseins.
Dass dabei gewisse Hirnareale messbar aktiv sind, ist dabei völlig gleichgültig. Wir haben es mit dem „sich selbst erlebenden Menschen“ zu tun und mit dem, was er (oder sie) uns mitteilt.
Patronius schrieb dazu dem Sinne nach: Der Alptraum ist real, sein Inhalt nicht. Das hatte ich als „einleuchtend“ beschrieben. (Alptraum = Albtraum, ich ziehe erstere Form vor).
Ich darf also einmal davon ausgehen, dass die objektive Welt unstreitig „real“ ist, sofern das Objekt irgendwie messbar ist – eine Spezialform des Erlebens.
Alles Folgende bezieht sich also auf Strukturen des menschlichen Daseins, so wie wir es erleben und einander beschreiben bzw. umschreibend in Geschichten erzählen (Literatur).
Darin gestehe ich dir zu, dass Hierarchiebeziehungen, davon abhängen, wie wichtig diese Phänomene für unser Erleben und für die Gestaltung unseres weiteren Lebens sind. Ob es sie gibt oder nicht ist also eine Frage, ob es Leute gibt, die (intersubjektiv) die Hierarchie teilen, weil sie Gleichartiges erlebt haben.
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: „Wirklichkeiten“ werden zunächst ja meist nur empfunden, dann erst systematisiert.Hierin sehe ich durchaus äußere, d. h. objektivierbare Ursachen also eine Realität nach Nr. 1. Die „innere“ Verarbeitung und deren Folgen für das weitere Leben, bilden eine Realitätsebene nach Nr. 2 also eine Veränderung des menschlichen Daseins.
Das ist aber - in erster Instanz - bei jedem Menschen anders. Jemand, der jeden Tag starke physische Schmerzen hat, wird vermutlich davon so beeinträchtigt, dass für ihn oberste Priorität hat, einen Arzt zu finden, der ihn davon befreien kann.
Wer als Kind über Jahre vergewaltigt worden ist, wird eventuell so von Albträumen nachts und auch im Wachen verfolgt, dass er berufsunfähig werden kann.
Darin sehe ich etwas real Vorhandenes, etwas „da Seiendes“. Und das war ja die Frage, die durch diese Ausführungen nicht beantwortet ist.
Petronius sagt im Beispiel: Der Alptraum als solcher ist real, sein Inhalt nicht. Aber: was passiert, wenn der Inhalt mein Verhalten ändert? Dasselbe gilt für angewöhnte Haltungen oder von Vorstellungen.
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Da hätten wir dann das klassische Zweiermodell: Physis und Psyche. Aber es ist und bleibt ein Modell, eine Vereinfachung. Denn die Physis wird beeinträchtigt durch psychisches Leid, und physisches Leid schlägt sich auf die Psyche nieder.Ich schließe daraus in meinen Worten: Die Wirklichkeit des Erlebens ist für den Betroffenen evident aber nicht unbedingt intersubjektiv (schon gar nicht objektiv) vermittelbar. Also: keine Hierarchie!
Diese zwei "Realitätsebenen" sind künstlich voneinander getrennte, zunächst rein definitorisch. Hier eine allgemeingültige Hierarchisierung vorzunehmen, ist gefährlich. Denn dann meint man z.B., man habe genug getan, wenn man alte Menschen im Seiniorenheim „abfüttert“ und für Schmerztabletten sorgt. Die inneren Qualen werden gar nicht recht angegangen, wenn man die psychische Realitätsebene im Wertesystem ganz nach unten rangiert.
Bliebe die Frage des Vermittelns einer rein psychischen Realität namentlich dann, wenn die „Kanäle verschüttet sind“.
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Ich bin allerdings der Meinung, dass eine Kultur es nicht so einfach schaffen kann, beide Realitätsebenen gleichzeitig zu „befriedigen“ und im Blick zu haben. Seit der Industrialisierung ging es erst einmal darum, physisches Leid zu überwinden, vor dem Hunger zu schützen, vor dem Massensterben. Darum hat sich meines Erachtens zunächst die „physische“ oder „materielle“ Wissenschaft entwickelt, einfach, weil sie „not tat“.Diese Aussagen scheinen mir zu einem anderen Thema zu gehören, nämlich: Was machen wir mit einer „erkannten“ Realität sei sie physisch oder psychisch?
Wir müssen zunächst festhalten, dass die Frage nach der ontologischen Realität nur dort relativ einfach zu beantworten ist, wo wie im Falle des Alptraums oder der Altersdemenz die Effekte auch objektivierbar sind. Wenn es um das Erlebte selbst geht, kann uns (intersubjektiv) die Wahrnehmung subjektiver Realität versperrt sein. Gleichwohl sagst du, dass sie existiert und weiter…
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Die in unserer Kultur vernachlässigte „innere Realitätsebene“ hat dann bewirkt, dass sich Subkulturen entwickelten, wo besonders das Innen gepflegt wird: man machte Anleihen bei Buddha, dem Yoga, dem Zen etc. Das wird dann nicht selten wieder verabsolutiert, und diese Gruppierungen werden das Hierarchiesystem ganz anders aufstellen.Das genau ist eben die Frage. Wie wesensverschieden sind denn die Realitätsebenen innerhalb der Strukturen unseres Daseins – im Schlaf, im Alter, im Koma, bei Feiern, im Alltag. Ist es nicht andauernd so, dass sich auch Vorstellungen „veräußern“. Wäre Unterricht überhaupt sinnvoll, wenn Vorstellungen „unten rangieren“?
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Die momentane „Fantasybewegung“ (Rowling, Tolkien, früher M. Ende) gehört in diesen Prozess auch hinein, es wird das Imaginative und Schöpferische trainiert.Richtig, man könnte genauso gut auch fragen: Gehört Musikerleben zur Realität? Die Noten ja, die Luftschwingungen sicher auch. Aber das Erlebnis?
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Wenn man das alles in Zusammenhang sieht, dann hätte die Wissenschaft die Aufgabe, alle diese „Realitätsebenen“, die sich je in den Bedürfnissen der Menschen widergespiegelt haben, zunächst einmal zu beschreiben, so präzise wie möglich. Und zwar, wie es die Wissenschaft verlangt, ohne von vornherein zu werten und zu hierarchisieren. Auch wenn das nie gänzlich gelingt – weil der einzelne Wissenschaftler seine Prämissen nicht ganz ablegen kann -,, so muss es doch das Ziel sein. Hier normativ vorzugehen, ist das ewige Elend, das sich so leicht in die Wissenschaften reinmogelt.Das war nicht die Intension meiner Frage. Wenn wir gewisse Erlebensinhalte als real betrachten, können wir nach Lösungen z. B. in der Altenpflege oder in der Psychotherapie suchen. Im Falle des Alptraums kann man die Tatsache als real und den Inhalt als irrelevant betrachten. Im Falle von Altersdemenz natürlich nicht mehr. Dort kann der subjektiv verloren gedachte Schlüssel zur fixen Idee werden, die das Verhalten gehörig beeinflusst. Also ist der Inhalt in diesem Fall zwar nicht reell aber real.
(29-05-2009, 00:02)Saldo schrieb: Ohne „Vorstellungen“ kann der Mensch vermutlich gar nicht handeln. Innere Bilder und Abläufe gehen letztlich immer dem Handeln voraus. Aber wie kann man diese Welt der Imagination, die uns jede Sekunde begleitet, merkmalsmäßig beschreiben?Würde ich im Großen und Ganzen genauso betrachten.
…
Vermutlich kann man da viele der religiösen und der künstlerischen Entwürfe – die dann in bildhafte Darstellungen münden .- einordnen.
Dieses transzendierende Element ist offensichtlich ebenfalls Teil der menschlichen Realität. Und sie sucht sich ihren Gestaltungsweg. Vielleicht gehört sogar die Suche nach einem befriedigenden Beruf – früher oft auch „Berufung“ genannt - in diesen Bereich.
…
Darum sehe ich die Einbeziehung der historischen Entwicklung der Wertungssyseme als so zentral an.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

