17-03-2009, 20:39
(17-03-2009, 17:00)Sonne schrieb:Presbyter schrieb:[...]obwohl sie für viele theologische Studienfächer einen direkten Bezug haben.
Ein Philosoph sowie ein Soziologe haben keineswegs große Berührungspunkte mit Theologie. Deshalb sehe ich keinen Grund für eine Mitbestimmung.
Offenkundig wird hier, dass du wenig Kenntnisse über die Struktur von den Studienfächern wie Theologie (Diplom, Magister, Master) oder Religion (Lehramt) hast.
Zum Beispiel gehört zum Theologiestudium auf Diplom ein komplettes Philosophicum. Insofern sind die Berührungspunkte hier ziemlich bedeutend. Bei Religion auf Lehramt kommen z.B. sozialpädagogische Lehrveranstaltungen hinzu. Zu behaupten es gäbe keine oder nur marginale Berührungspunkte ist schlichtweg falsch!
Im Übrigen sind die Professoren auch nicht von Bischofs Gnaden, sondern durch den Staat ernannt. Das Bayernkonkordat legt dazu fest:
Art. 3. § 1. Der Staat unterhält an den Universitäten Augsburg, München (Ludwig-Maximilians-Universität), Passau, Regensburg und Würzburg sowie an der Gesamthochschule Bamberg katholisch-theologische Fachbereiche in dem durch die Bedürfnisse von Forschung und Lehre nach Art. 4 §§ 1 und 2 gebotenen Umfang. Jeder dieser Fachbereiche umfaßt auch mindestens einen Lehrstuhl für die Didaktik des katholischen Religionsunterrichtes.
§ 2. An den in § 1 genannten theologischen Fachbereichen werden Professoren und andere Personen, die zur Lehre berechtigt sind, vom Staate erst ernannt oder zugelassen oder Lehraufträge erteilt, wenn gegen die in Aussicht genommenen Kandidaten von dem zuständigen Diözesanbischof keine Erinnerung erhoben worden ist.
Es geht hier also nicht um eine willkürliche Bestimmung von Professoren durch den Bischof, dieser ist bei der Auswahl ja gar nicht beteiligt, sondern um eine Partizipation bei der Ernennung. Wer hier von kirchlicher Oktroyierung spricht, polemisiert und verfälscht die rechtlichen Gegebenheiten.
Ich sage es noch einmal, wenn man der Überzeugung ist, dass diese Strukturen hinfällig sind, muss man eine andere gesetzliche Regelung finden. Dies obliegt aber der kultur- und bildungspolitischen Verantwortung der Volksvertretungen in den Ländern, sowie deren Regierungen.
(17-03-2009, 17:00)Sonne schrieb: Im Gegenteil. Studenten die nicht christlich sind müssen die Möglichkeit haben an ideologiefreier Bildung teilzuhaben.
Es ist interessant, dass man hier sofort suggeriert, dass christliche Professoren ihre Studenten ideologisch indoktrinieren. Ich selbst habe Philosophie an einem Konkordatslehrstuhl gehört, die dortige Professorin für mittelalterliche Philosophie und Philosophiegeschichte hat duchaus sehr differenziert die Philosophie dargestellt und auch phil.-.theol. Probleme dargestellt und kritisch Stellung bezogen. Ich kann nicht sehen, dass sie dafür gerügt würde (sie ist ja in ihrer wissenschaftlichen Lehre auch ungebunden und völlig frei). Im Gegenteil sie hat das besondere Wohlwollen von Kardinal Lehmann.
Im Übrigen hat der Bayrische Verfassungsgerichtshof damals, bei seinem Grundsatzurteil, bestimmt, dass falls es derartige konfessionellgebundene Lehrstühle gibt min. ein unabhängig zu besetzender Lehrstuhl des gleichen Faches vorhanden sein muss, falls er für nicht kirchliche Studiengänge relevant ist. Es ist also keinesfalls so, dass Studenten auf Lehrveranstaltungen gezwungen werden, sondern viel mehr so, dass hier eine Pluralität besteht.
Die Bayrische Landesregierung hat nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes in Ansbach bestätigt, dass ihr die plurale Bildungspolitik am Herzen liegt, auch wenn sie die Problematik der Konkordatslehrstühle anerkenne. Offensichtlich ist die bayrische Regierung der Meinung, dass es der kulturellen Vielfalt und dem Leben der Gesellschaft förderlich ist, wenn derartige Institutionen bestehen.
(17-03-2009, 17:00)Sonne schrieb: Das Argument mit der Demokratie lass ich nicht gelten. Immerhin ist Demokratie etwas Politisches und nichts Religiöses.
Warum so apodiktisch?
Im Übrigen trifft das Demokratiebespiel es sehr gut. Denn deine Aussage ging argumentativ auf die Benachteiligung von Minoritäten, diese gibt es durchaus auch bei demokratischen Mehrheitsentscheidungen. Es geht hier also nicht um die Sache, sondern um das Prinzip.
Ich schrieb dazu:
Das Argument einer benachteiligten Minderheit ist ein Totschlagargument gegen alles.
Man muss also fragen ob mit der bestätigten Tradition (hier die christlich-abendländische Kultur) oder mit einer getroffenen Entscheidung (z.B. ein parlamentarischer Beschluss) eine legitime Entscheidung getroffen ist, die von Vorteil für das ganze Gemeinwesen ist und keinen diskriminierenden Charakter hat.
(17-03-2009, 17:00)Sonne schrieb: Über den Vorrang der "westlich-europäischen" Kultur kann man diskutieren. Aber meines Erachtens nach nicht über die der christlichen Werte- und Weltanschauung.
Ich möchte mal wissen wie du die westlich-europäische Kultur von ihren christlichen Wurzeln, und damit deren Werte- und Weltanschauung, trennen möchtest.
Auch dazu schrieb ich:
Ganz West- und Mitteleuropa steht geistesgeschichtlich auf den Wurzeln der lateinischen Kirche und auch der Reformation. Osteuropa schon wieder mehr auf dem der Orthodoxie. Die Unterschiede im Denken und in der Kultur ergeben sich vor allem aus der geschichtlichen Unterschiedlichkeit des kirchlichen Denkens und des kirchlichen Kultus.
Auch ein überzeugter Atheist kommt um diese Einsicht nicht herum, dass die Kirche und ihr Glaube 2000 Jahre (1800 davon massiv) lang das Denken Europas geprägt hat und auch heute noch jeder in Europa auf den Füßen dieses Denkens steht, selbst wenn er es ablehnt.
(17-03-2009, 17:00)Sonne schrieb: Mir ist bekannt das der Laizismus von den eigenen Bürgern oft auch nicht als das Gelbe vom Ei angesehen wird. Deshalb habe ich mit "unentschieden" abgestimmt. Weder das eine, noch das andere Extrem stellt für mich die optimale Lösung dar.
Grundsätzlich möchte ich mich hier dem anschließen was der Papst in Frankreich im Élysée-Palast gesagt hat:
"Viele Menschen, auch hier in Frankreich, haben ausführlich über die Beziehungen zwischen Kirche und Staat nachgedacht. In Wirklichkeit hatte zum Problem der Beziehung zwischen dem politischen und dem religiöse Bereich bereits Christus den Grundsatz für die Findung einer gerechten Lösung geliefert, als er auf eine ihm gestellte Frage antwortete: "Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" (Mk 12,17). Gegenwärtig erfreut sich die Kirche in Frankreich einer Ordnung der Freiheit. Das Misstrauen der Vergangenheit hat sich allmählich in einen sachlichen und positiven Dialog verwandelt, der sich zunehmend festigt. Seit dem Jahr 2002 besteht ein neues Organ für den Dialog, und ich bin sehr zuversichtlich hinsichtlich seiner Arbeit, denn auf beiden Seiten ist guter Wille vorhanden. Wir wissen, dass einige Bereiche des Dialogs noch offen sind, die wir mit Entschiedenheit und Geduld nach und nach in Angriff nehmen und bereinigen müssen. Sie, Herr Präsident, haben im übrigen den Ausdruck der "positiven Laizität" benutzt, um dieses offenere Verständnis zu bezeichnen. Ich bin überzeugt, dass in dieser geschichtlichen Zeit, in der die Kulturen sich immer mehr verflechten, ein neues Nachdenken über den wahren Sinn und die Bedeutung der Laizität notwendig geworden ist. In der Tat ist es grundlegend, einerseits auf die Unterscheidung zwischen politischem und religiösem Bereich zu bestehen, um sowohl die Religionsfreiheit der Bürger als auch die Verantwortung des Staates, die er ihnen gegenüber hat, zu gewährleisten, und sich andererseits deutlicher der unersetzlichen Funktion der Religion für die Gewissensbildung bewusst zu werden und des Beitrags, den die Religion gemeinsam mit anderen zur Bildung eines ethischen Grundkonsenses innerhalb der Gesellschaft erbringen kann."
Soweit Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)

