01-03-2009, 23:39
Erste Anmerkung: Von der Theoretikerin Vera Spillner gibt es in der Online-Ausgabe "SPEKTRUM-DIREKT" (2009_02_27.pdf, für 1€) eine sehr viel weniger weltanschaulich geprägte Rezension, so dass mir erst am Ende des FAZ.NET Artikels der Verdacht kam, dass vom gleichen Buch die Rede ist.
Konventionen sind schlicht Bestimmungsgrößen dafür, wie unsere Kultur und mithin auch die darin vorkommende Ermittlung von Wissen funktionieren sollen. Wenn das gemeint war, dann kann ich die Formulierung unterstützen.
Die Seinsweise der Natur, selbst die des Menschen, ist durch die Notwendigkeit des Überlebens zumindest bis zur Gegenwart bestimmt. Die Theoriebildung beginnt mit Hypothesen, die einer Art Evolutionsprozess unterliegen. Die Hypothesen sind natürlich nicht frei von ontologischen Vorstellungen (Seinsweise, die ich einem bestimmten Objekt unterstelle). Es kann sein, dass deren Auswahl bereits einschränkenden Bedingungen unterliegt, wie z. B. die Zeit in der Physik des Isaac Newton.
Erst die Philosophie Ernst Machs, die Einstein intensiv studiert hatte, führte auf die Erweiterungen der Relativitätshypothese, die dann Zug um Zug von den astronomischen Erfahrungen bestätigt wurde und heute eine der besten Theorien ist, die wir haben. Es ist nach wie vor durchaus möglich, dass eine Erweiterung unserer metaphysischen Vorstellungen auch diese Theorie erweitert.
Beispiel: In der Quantenphysik wie in der (allgemeinen) Relativitätstheorie haben wir lernen müssen, dass es Dinge gibt, die überhaupt nicht in unsere (alte) Vorstellungswelt passen.
Bei der Relativität war wenigstens E. Machs Vorstellung bereits vorhanden. Bei den Quantenobjekten tun sich die meisten Philosophen schwer, sie zu begreifen, weil sie so völlig aus unserer "Mittenwelt" (von mm bis einige 10000 km, von 0,1 x bis 100 x Erdbeschleunigung, von einigen mm/s bis 1000m/s und von Gramm bis Erdmasse) herausfallen.
(01-03-2009, 16:05)Presbyter schrieb: 1. Eine jede Wissenschaft ist durch das menschliche Sein und seine Kategorien bestimmt. Die Konvention, d.h. die Verallgemeinerung und allgemeine Akzeptanz, dieser Kategorien ist der unumgehbare und notwendige Grund eines jeden Wissens von Welt oder Natur.Diese Feststellung ist mir ein Wenig zu allgemein. Den ersten und letzten Teil unterschreibe ich sofort. Wir Wissenschaftler erforschen a priori nichts, was für uns Menschen nicht relevant ist oder zumindest sein könnte.
Konventionen sind schlicht Bestimmungsgrößen dafür, wie unsere Kultur und mithin auch die darin vorkommende Ermittlung von Wissen funktionieren sollen. Wenn das gemeint war, dann kann ich die Formulierung unterstützen.
Presbyter schrieb:2. Wissen(schaft) ist … nicht voraussetzungslos, sondern rückgebunden an die Bedingungen des Menschseins und der Natur.Ja, siehe oben. Besonders möchte ich betonen, dass wir Heutige der Ansicht (des Glaubens) sind, dass die Natur (das Experiment) bestimmt, was als Wissen gelten soll.
Presbyter schrieb:3. Bestimmte Vor-Entscheidungen und Vor-Urteile über diese Konventionen und Bedingung von Mensch und Natur, d.h. metaphysische oder ontologische Überlegungen, haben direkten Einfluss auf naturwissenschaftliche Theorien und Forschungen. Daraus folgt, dass es eine strikte Trennung von metaphysischen und physischen Wissen nicht gibt, sondern nur eine unterschiedliche methodische Verwendung desselbigen.Gewiss, aber Vorsicht! Dies ist kein Freibrief, dass man solche Vorentscheidungen beliebig treffen kann.
Die Seinsweise der Natur, selbst die des Menschen, ist durch die Notwendigkeit des Überlebens zumindest bis zur Gegenwart bestimmt. Die Theoriebildung beginnt mit Hypothesen, die einer Art Evolutionsprozess unterliegen. Die Hypothesen sind natürlich nicht frei von ontologischen Vorstellungen (Seinsweise, die ich einem bestimmten Objekt unterstelle). Es kann sein, dass deren Auswahl bereits einschränkenden Bedingungen unterliegt, wie z. B. die Zeit in der Physik des Isaac Newton.
Erst die Philosophie Ernst Machs, die Einstein intensiv studiert hatte, führte auf die Erweiterungen der Relativitätshypothese, die dann Zug um Zug von den astronomischen Erfahrungen bestätigt wurde und heute eine der besten Theorien ist, die wir haben. Es ist nach wie vor durchaus möglich, dass eine Erweiterung unserer metaphysischen Vorstellungen auch diese Theorie erweitert.
Presbyter schrieb:4. Die Akzeptanz dieses Vor-Wissens verlangt vom Naturwissenschaftler einen Akt des Vertrauens und Glaubens in die geistesgeschichtlichen, ontologischen und natürlichen Bedingungen des Menschen.Ich denke, dass dies eher eine Feststellung ist und kein wirkliches Vertrauen. Das unter Nr. 4 implizierte Vertrauen in gegenwärtige Denkgewohnheiten schränkt die Generierung von Hypothesen tatsächlich ein. Theoriebildung ist eher eine Frage der Überwindung von Vorurteilen. (Gewisse Prämissen sind tatsächlich unumgänglich. Dazu unten etwas mehr).
Presbyter schrieb:Die Naturwissenschaft erklärt aber nicht oder kann nur teilweise das Menschsein und seine Voraussetzungen beschreiben.Korrekt: Die Naturwissenschaften erklären gar nichts, sie beschreiben. Bestenfalls führen ihre Theorien unterschiedliche Erscheinungsformen auf eine gemeinsame Ursache zurück. Das ist aber keine "Erklärung". Eine Erklärung müsste zugleich die Bedeutung (z. B. der Schwerkraft, der Strahlung oder eines Schallpegels) für das menschliche Dasein umfassen. Das tut aber keine der Theorien, sondern ergibt sich aus dem Menschsein allgemein.
Presbyter schrieb:Der Glaube der Naturwissenschaft in diese conditio humanae (Bedingungen des Menschseins), führt also dazu, dass sie in gewisser Weise abhängig ist von den Denkschemata anderer Wissenschaften wie z.B. der Philosophie und Theologie, die jene metaphysischen Voraussetzungen liefern, die auch die Physik nicht umgehen kann.Ich möchte dieses "in gewisser Weise" deutlich hervorheben. Natürlich ist Wissenschaft beispielsweise davon abhängig, wann Resultate, Aussagen oder Formalismen die Urteile "nützlich", "ehrlich" oder "wahr" verdienen. Gleichwohl kann es sein, dass gewisse Widersprüche in den Messdaten völlig neuartige metaphysische Rahmenvorstellungen provozieren.
Beispiel: In der Quantenphysik wie in der (allgemeinen) Relativitätstheorie haben wir lernen müssen, dass es Dinge gibt, die überhaupt nicht in unsere (alte) Vorstellungswelt passen.
Bei der Relativität war wenigstens E. Machs Vorstellung bereits vorhanden. Bei den Quantenobjekten tun sich die meisten Philosophen schwer, sie zu begreifen, weil sie so völlig aus unserer "Mittenwelt" (von mm bis einige 10000 km, von 0,1 x bis 100 x Erdbeschleunigung, von einigen mm/s bis 1000m/s und von Gramm bis Erdmasse) herausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

