28-02-2009, 20:31
(25-02-2009, 17:44)harsha schrieb: Liebe Lhiannon
Natürlich ist das Kastenwesen, die Frauendiskriminierung etc. schlimme Gegebenheiten des Hinduismus. Aber zum Glück gibt es im Hinduismus nicht dieses Dogma-Phänomen, wie in den monotheistischen Religionen.
Hallo Harsha,
der Hinduismus ist vielseitig und oft auch sehr modern.
Doch Indien ist eben immer noch stark vom Kastenwesen (Varna= Hauptkaste, Jati=Unterkaste) und der Frauenunterdrückung geprägt.
Es gibt oft Gewalt gegen Frauen und die Menschen leben zu meist noch nach dem Motto: "Es ist besser, die Aufgaben der eigenen Varna schlecht zu erledigen, als die Aufgaben einer anderen Varna gut."
Civic Sense, also das Bedürfnis, andere Menschen in meiner Umgebung nicht unnötig zu belasten, ist in Indien fast unbekannt.
Beispiel: Der Wasserverkäufer auf der Straße wirft die gebrauchten Becher auf die Straße weil er meint, dass fürs Wegräumen ein Mensch aus einer niederen Varna oder ein Varnaloser zuständig ist.
Der Glaube an das Karma hat zur Folge, dass Menschen in guter Position glauben, die Früchte ihrer guten Taten aus früheren Leben zu ernten, während die schlechter Gestellten ihre Strafe erhalten.
Mitleid mit den niederen Varnas oder den Varnalosen ist nicht angebracht, denn die haben ihr Los ja selbst verschuldet.
Diesem Glauben ist schwer beizukommen. Es gibt zwar Gruppen wie die Ramakrishna-Mission, die sich gegen diesen Unfug stemmen, aber noch ohne großen Erfolg.
Ich habe mich gefragt, wo der Kitt in der indischen Gesellschaft sitzt, bei einem solch bunten Götterhimmel und ohne Dogma (mit Außnahme von Wiedergeburt, Karma und Glaube an das Brahman).
Die Antwort lautet "Zugehörigkeit zu einer Varna und Jati" Fast alle Hindus übernehmen die Götter ihrer Familie. Eine Veränderung ist nur schwer möglich, denn zur Familie gehört untrennbar auch der soziale Status der Varna und Jati. Der Hindu kann die Varna nie, die Jati fast nie verlassen. Es sei denn, er will mit seiner Familie brechen und den gesellschaftlichen Abstieg riskieren.
In gewisser Weise frei sind die Menschen außerhalb der Varna, vor allem die Harijans (Kinder Gottes - ein Begriff Ghandis), also die Unberührbaren/Varnalosen.
Diese wechseln oft zum Islam, zum Christentum oder in neuerer Zeit auch zum Buddhismus.
Daraus erklärt sich u.a. auch der gewalttätige Konflikt zwischen Hindus und Muslimen.
Auf der einen Seite stehen die Hindus, die sich mit Schrecken der brutalen Eroberung Indiens durch die Muslime erinnern,
auf der anderen Seite die Muslime, von denen viele das Erbe als ausgegrenzte, verachtete Harijans mitbringen.
Statistisch gesehen tritt kaum ein Varna-Hindu aus dem Varnasystem aus und wechselt zu einer anderen Religion.
Die Gemeinden der Muslime, Christen und Buddhisten bestehen fast ausschließlich aus ehemaligen Harijans und deren Nachkommen.
Liebe Grüße
Lhiannon