21-11-2008, 14:30
post 3
Hanns Lutze will mit seiner Arbeit ethische Grundlagen für eine Weltgemeinschaft vorstellen, die an jeder Schule der Welt gelehrt und die Menschen und deren Gewissen in diesem Sinne schulen und verändern will.
Es lohtn sich, diese Ideen von Lutze zur Kenntnis zu nehmen, denn sie enthalten meines Erachtens Dynamit.
Die beiden Bereiche, aus denen er seine Ideen schöpft, sind die Lehre des historischen Jesus, so wie er sie in seinem ersten Teil herausgearbeitet hat - siehe Beiträge 35 und 36 - und die biologische Evolutionstheorie. Auf letztere werde ich in meinem letzten post 4 zu sprechen kommen, denn da stecken jede Menge Gefahren.
Diese Gefahr ist aber unterschwellig auch schon in der Darstellung des historischen Jesus vorhanden; Lutze "mogelt" nämlich etwas in die Lehre Jesu hinein, was ihm, Lutze, dann später, wenn er diese Lehre für kompatibel mit der biologischen Evolutionstheorie erklärt, zu pass kommt.
Und, schlimmer, er instrumentalisiert diese umformulierte Lehre für seine Weltethik, um die er die Menschenrechte erweitert wissen möchte.
In diesem post will ich zeigen, was Lutze in die Lehre Jesu hineinmogelt, ohne es überhaupt als Zusatzdeutung gekennzeichnet zu haben.
Es hat etwas mit dem Titel seiner Arbeit zu tun, der mich von Anfang an hat die Ohren spitzen lassen: "Der wahre und Gesunde Mensch".
Es ist dieser „wahre und gesunde“ Mensch, den Jesus gelehrt haben soll.
So sehr ich mit der Analyse von Lutze einverstanden bin, in der er versucht, den historischen Jesus freizuschaufeln:
Mit dem wahren und gesunden Menschen begibt Lutze sich auf Glatteis.
Es fängt relativ harmlos an:
Lutze rezitiert Lk.7,19ff, in dem Jesus sage, dass da, wo „Heilung und Zuspruch“ geschieht, das Reich Gottes gegenwärtig sei.
Lutze:
„Er identifiziert damit die Gegenwart Gottes mit der Gegenwart einer
sich heilenden Gesellschaft“.
„Ich würde ihn [den historischen Jesus] damit den Boten des wahren Menschen nennen“
Im Folgenden unterscheidet Lutze immer häufiger „gesund“ von „krank“ oder „krankhaft“. Auch wenn er damit die Verurteilung des Menschen als Ganzem ersetzen will und meint, einen liebevollen Fortschritt gemacht zu haben, wenn man Verbrecher als krank bezeichnet, die geheilt werden müssen:
Es läuft darauf hinaus, dass alle die als krank bezeichnet werden, die der Gesellschaft oder der Gemeinschaft schaden wollen.
Das ethische Hauptziel sei, das menschliche Leben und damit die menschliche Gemeinschaft. „möglichst lange und möglichst optimal zu erhalten“.
Im Wege stehen da die destruktiven Triebe, die in der Jesus-Zeit als Dömonen bezeichnet wurden und ausgetrieben werden mussten.
„Das ist, wenn es negative Impulse sind, eine schädliche Krankheit.“
Über diese destruktiven, negativen und schädlichen Triebe sagt Lutze, dass auch der heutige Mensch sie alleine nicht in den Griff bekomme: der Mensch werde nach der „modernen Biologie“ von den Trieben beherrscht, er habe keinerlei freien Willen, könne sich also nicht selber von diesen Trieben – die die Gemeinschaft zerstören wollen - befreien. Dazu bedarf es dann der Mitmenschen, die ihn davon „befreien“.
Um hier schon mal etwas zwischenzuschalten:
Was an Lutze völlig als Möglichkeit vorbei geht: dass das sogenannte Destruktive im Menschen selber das erste Symptom für eine Heilung sein kann. Ein angepasster Mensch, wenn er zum ersten Mal begreift, dass er sich wehren kann, wird vielleicht zum ersten Mal Aggression in sich spüren, und das ist ein positiver Wert, ein Weg hin zur inneren Befreiung.
Auch sind Revolten gegen festgefahrene Gesellschaften – gerade weil sie gegen die bestehende Ordnung gehen – nicht schädlich, nicht negativ, nicht destruktiv aufs Ganze gesehen, sondern sind Teil der Entwicklung.
Das Beschreiben einer Revolte als schädlichen Trieb, von dem der Mensch geheilt werden muss, ist eine furchtbare Lehre.
Und vor allem wird es zu einer furchtbaren Lehre, wenn sie mit den Ergebnissen der Hirnforschung kombiniert wird.
Hanns Lutze führt auch das Gegensatzpaar „falsche“ und „richtige“ Verhaltensformen ein. Falsch ist, was der Gemeinschaft schadet, richtig ist, was der Gemeinschaft nützt.
Dem Einzelmenschen könne es nur gut gehen, wenn es auch der Gemeinschaft gut geht.
Und dafür wurde der historische Jesus instrumentalisiert. Dies soll er gelehrt haben mittels seiner Dämonenaustreibung.
Die menschliche Gemeinschaft soll – natürlich in Liebe – einen Weg finden, um die Mitmenschen von diesen „destruktiven Trieben“ zu befreien. Auf den Punkt gebracht: es ist die „Ich-Krankheit“, die vernichtet werden müsse.
Was man so alles unter "Ich-Krankheit" verstehen kann, wenn die Weltgemeinschaft selber das Recht haben soll, das zu definieren und die Menschen in diesem Sinne "umzuerziehen", muss ich wohl nicht erklären.
Ich würde hier gar nicht so ausführlich darauf zu sprechen kommen, wenn nicht auch noch andere Menschen, die von der Hirnforschung fasziniert sind und ihr absolute Gültigkeit zusprechen, Welt- und Menschenbilder entwerfen, die einen "richtigen" Menschen im Kopf haben, einen bereinigten Menschen...
Der Schritt von einer "Umerziehung" - die durchaus auch schon mal mit Gehirnwäsche verwechselt werden kann - und einer "kleinen Operation im Gehirn" ist nicht mehr so groß wie der, der überhaupt zu dem Gedanken geführt hat, dass man "das Falsche am Menschen" eindeutig und verpflichtend für die ganze Menschheit definieren und, vor allem, wegerziehen kann.
Irgendwann heute noch kommt mein viertes und letztes post, das die Anwendung der Hirnforschung auf einen Entwurf der Weltethik durch Hanns Lutze noch vertiefend beschreibt.
Hanns Lutze will mit seiner Arbeit ethische Grundlagen für eine Weltgemeinschaft vorstellen, die an jeder Schule der Welt gelehrt und die Menschen und deren Gewissen in diesem Sinne schulen und verändern will.
Es lohtn sich, diese Ideen von Lutze zur Kenntnis zu nehmen, denn sie enthalten meines Erachtens Dynamit.
Die beiden Bereiche, aus denen er seine Ideen schöpft, sind die Lehre des historischen Jesus, so wie er sie in seinem ersten Teil herausgearbeitet hat - siehe Beiträge 35 und 36 - und die biologische Evolutionstheorie. Auf letztere werde ich in meinem letzten post 4 zu sprechen kommen, denn da stecken jede Menge Gefahren.
Diese Gefahr ist aber unterschwellig auch schon in der Darstellung des historischen Jesus vorhanden; Lutze "mogelt" nämlich etwas in die Lehre Jesu hinein, was ihm, Lutze, dann später, wenn er diese Lehre für kompatibel mit der biologischen Evolutionstheorie erklärt, zu pass kommt.
Und, schlimmer, er instrumentalisiert diese umformulierte Lehre für seine Weltethik, um die er die Menschenrechte erweitert wissen möchte.
In diesem post will ich zeigen, was Lutze in die Lehre Jesu hineinmogelt, ohne es überhaupt als Zusatzdeutung gekennzeichnet zu haben.
Es hat etwas mit dem Titel seiner Arbeit zu tun, der mich von Anfang an hat die Ohren spitzen lassen: "Der wahre und Gesunde Mensch".
Es ist dieser „wahre und gesunde“ Mensch, den Jesus gelehrt haben soll.
So sehr ich mit der Analyse von Lutze einverstanden bin, in der er versucht, den historischen Jesus freizuschaufeln:
Mit dem wahren und gesunden Menschen begibt Lutze sich auf Glatteis.
Es fängt relativ harmlos an:
Lutze rezitiert Lk.7,19ff, in dem Jesus sage, dass da, wo „Heilung und Zuspruch“ geschieht, das Reich Gottes gegenwärtig sei.
Lutze:
„Er identifiziert damit die Gegenwart Gottes mit der Gegenwart einer
sich heilenden Gesellschaft“.
„Ich würde ihn [den historischen Jesus] damit den Boten des wahren Menschen nennen“
Im Folgenden unterscheidet Lutze immer häufiger „gesund“ von „krank“ oder „krankhaft“. Auch wenn er damit die Verurteilung des Menschen als Ganzem ersetzen will und meint, einen liebevollen Fortschritt gemacht zu haben, wenn man Verbrecher als krank bezeichnet, die geheilt werden müssen:
Es läuft darauf hinaus, dass alle die als krank bezeichnet werden, die der Gesellschaft oder der Gemeinschaft schaden wollen.
Das ethische Hauptziel sei, das menschliche Leben und damit die menschliche Gemeinschaft. „möglichst lange und möglichst optimal zu erhalten“.
Im Wege stehen da die destruktiven Triebe, die in der Jesus-Zeit als Dömonen bezeichnet wurden und ausgetrieben werden mussten.
„Das ist, wenn es negative Impulse sind, eine schädliche Krankheit.“
Über diese destruktiven, negativen und schädlichen Triebe sagt Lutze, dass auch der heutige Mensch sie alleine nicht in den Griff bekomme: der Mensch werde nach der „modernen Biologie“ von den Trieben beherrscht, er habe keinerlei freien Willen, könne sich also nicht selber von diesen Trieben – die die Gemeinschaft zerstören wollen - befreien. Dazu bedarf es dann der Mitmenschen, die ihn davon „befreien“.
Um hier schon mal etwas zwischenzuschalten:
Was an Lutze völlig als Möglichkeit vorbei geht: dass das sogenannte Destruktive im Menschen selber das erste Symptom für eine Heilung sein kann. Ein angepasster Mensch, wenn er zum ersten Mal begreift, dass er sich wehren kann, wird vielleicht zum ersten Mal Aggression in sich spüren, und das ist ein positiver Wert, ein Weg hin zur inneren Befreiung.
Auch sind Revolten gegen festgefahrene Gesellschaften – gerade weil sie gegen die bestehende Ordnung gehen – nicht schädlich, nicht negativ, nicht destruktiv aufs Ganze gesehen, sondern sind Teil der Entwicklung.
Das Beschreiben einer Revolte als schädlichen Trieb, von dem der Mensch geheilt werden muss, ist eine furchtbare Lehre.
Und vor allem wird es zu einer furchtbaren Lehre, wenn sie mit den Ergebnissen der Hirnforschung kombiniert wird.
Hanns Lutze führt auch das Gegensatzpaar „falsche“ und „richtige“ Verhaltensformen ein. Falsch ist, was der Gemeinschaft schadet, richtig ist, was der Gemeinschaft nützt.
Dem Einzelmenschen könne es nur gut gehen, wenn es auch der Gemeinschaft gut geht.
Und dafür wurde der historische Jesus instrumentalisiert. Dies soll er gelehrt haben mittels seiner Dämonenaustreibung.
Die menschliche Gemeinschaft soll – natürlich in Liebe – einen Weg finden, um die Mitmenschen von diesen „destruktiven Trieben“ zu befreien. Auf den Punkt gebracht: es ist die „Ich-Krankheit“, die vernichtet werden müsse.
Was man so alles unter "Ich-Krankheit" verstehen kann, wenn die Weltgemeinschaft selber das Recht haben soll, das zu definieren und die Menschen in diesem Sinne "umzuerziehen", muss ich wohl nicht erklären.
Ich würde hier gar nicht so ausführlich darauf zu sprechen kommen, wenn nicht auch noch andere Menschen, die von der Hirnforschung fasziniert sind und ihr absolute Gültigkeit zusprechen, Welt- und Menschenbilder entwerfen, die einen "richtigen" Menschen im Kopf haben, einen bereinigten Menschen...
Der Schritt von einer "Umerziehung" - die durchaus auch schon mal mit Gehirnwäsche verwechselt werden kann - und einer "kleinen Operation im Gehirn" ist nicht mehr so groß wie der, der überhaupt zu dem Gedanken geführt hat, dass man "das Falsche am Menschen" eindeutig und verpflichtend für die ganze Menschheit definieren und, vor allem, wegerziehen kann.
Irgendwann heute noch kommt mein viertes und letztes post, das die Anwendung der Hirnforschung auf einen Entwurf der Weltethik durch Hanns Lutze noch vertiefend beschreibt.
