01-10-2008, 01:48
Hallo, Julchen :)
Mich irritiert der Ausdruck "ethnische Kultur", denn die mystischen Erfahrungswege allein trifft man zwar weitverbreitet, mal sind die schon fast die gesamte Religion, mal ist ein Zweig der Hoch-Religionen mehr mystisch, ein anderer mehr juristisch, ein anderer rein auf das Praktische Leben damit ausgerichtet, dass man es so ungefaehr weiss und wenn man genauere Fragen hat, irgendwen weiss, den man fragen kann, usw.
Ich las mal vor einigen Jahrzehnten ein Buch "Ich ging den Weg des Sufi", da berichtet ein Brite, dass er einen tuerkischen Sufi-Meister kennenlernte und beschloss, eine Lehre bei dem mitzumachen. Dazu musste er erstmal alles verkaufen, was er hatte, um sich frei zu machen, und in die Tuerkei kommen sollte - ohne genau zu erfahren, wohin denn dann (er war Buchhaendler, meine ich), und es ist recht nett, wie er schildert, dass er das doch nicht wirklich gleich wagte, alles zu verkaufen. Folglich unterbrach dann auch eine Sorge, sich um etwas kuemmern zu muessen, weil er es noch besass, die Lehre im unpassendsten Moment. Dann verkaufte er wirklich alles. Der Meister hat ihn dann gewissermassen erstmal "gezaehmt" durch endloses Wartenlassen auf eine Kontaktnahme, und dann, als er mal einmal sich einen gemuetlichen Tag ausser Haus nahm, war genau da der Meister oder dessen Bote dagewesen, doch er war nicht im Hotel. Nun traute er sich ueberhaupt nicht mehr aus der Sichtweite des Portiers, und schliesslich begann dieses Warten (der erste Teil der "Lehre"), ruhiger zu werden.
Mir ist nicht in Erinnerung, ob es im Buch irgendetwas mit aussersinnlichen Wahrnehmungen gab (was sich manche unter Mystik vorstellen, sind ja Visionen) - aber dass dieser Sufi-Meister eine erstaunliche Autoritaet gewonnen hatte, Kranke zu heilen. Der war auch keineswegs ein totaler Asket (einer, der sich auch erlaubte Genuesse bis zur Grenze einschraenkt), doch er konnte ihm glaubhaft erklaeren, dass man es einmal macht, Fasten und Wachen etc. um nachher darueber zu stehen, ob man das hat oder nicht hat, was ein Lebewesen zum Leben braucht.
Er strahlte einfach so etwas wie eine Befehlsgewalt aus, ohne besondere Anstrengungen zu zeigen, etwa, erinnere ich mich, dass er nur ganz normal zu einem Mann mit heftigen Schmerzen sagte, diese wuerden in 20 Minuten aufhoeren und ging dann einfach zur naechsten Angelegenheit weiter - und die hoerten dann puenktlich auf, als ob sie es nicht wagten, nun noch zu bleiben, die Schmerzen.
Dieser Sufi-Lehrer hatte einige beachtliche Faehigkeiten ausser dem Krankenheilen, z.B.ein sehr ausgepraegtes Ahnungs-Vermoegen.
Also, der Brite machte seine Lehre bei dem und war damit zufrieden, als er wieder nach England heimzog.
Es gibt auch im Islam Orden verschiedener Zielsetzung, also dies Beispiel steht nicht fuer alle. Es gab eine Zeit, dass "alle 7 Orden", die im Gebiet der heutigen Tuerkei existierten, bei der Staatsgruendung verboten wurden. Es ist historisch wohl im Zusammenhang damit zu sehn, dass zu der Zeit am Nil der "Mahdi" auftrat, welcher direkt da starb, als der Mahdi der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Indien als solchen definierte. Der letztere war ein sehr friedfertiger Mensch, und dessen Umgebung trug das hinaus als seine Botschaft, waehrend der am Nil sich von mehr fanatischen Verehrern umgeben sah, die einen moerderischen Aufstand losbrachen, vereint mit Derwischen, die das Tanzen in Trance beherrschten und andere lehrten.
Das in-Trance-Tanzen in sich ist ja kein Problem, aber es kommt darauf an, was man in dem Zustand dann tut.
Der Mahdi Mohammed Ahmed (*1848-1885^) am Nil war schon relativ frueh im 4.Aufstandsjahr gestorben, sein Kalif (=Nachfolger) fuehrte den Krieg gegen Aegypten, Tuerkei und die Briten weiter, gesamt 17 Jahre lang, also eine lange Schreckens-Zeit, in der seine Heere Gebiet um Gebiet eroberten, dort gefangene Menschen versklavten und Nordafrika in Panik versetzten.
An der Beschreibung der "grandiosen" letzten Schlacht dieser Mahdisten, in der 1 grosses Heer bis zum letzten Mann den Kanonen der Briten direkt entgegenlief und fiel - und sogleich war dann noch so ein Heer aufgestellt mit derselben Angstlosigkeit und machte weiter - kann man sehn, was das ausmacht: sie waren in Trance. - Wohl auch so in Trance brachten sie ohne zu achten, ob sie selbst es ueberleben, sehr viele Menschen um und waren als Sklavenfaenger so grausam, dass auch das legendaer wurde und den Ruf dessen, was ein Mahdi (das bedeutet etwa Messias) im Islam sei, nachhaltig sehr verschlechterte.
Den brit.General, Lord Kitchener, der sie schliesslich entmachtete, indem sie sich in der Mehrheit in die Schlacht gestuerzt hatten und fielen, grauste sich so sehr - denn ein britischer Soldat soll gewiss auch drauf achten, am Leben zu bleiben - dass er am Ende nach dem Sieg durch die Landschaft ging, die bedeckt war von weiss gekleideten Mahdisten, dass er alle die sich noch ruehrten ganz totschlagen liess, was in England ja als ein Kriegsverbrechen galt - ueber dies Ende des Aufstands verlor er die Achtung zuhause.
- Ich meine, in Khartum war das waehrend der Schlacht komplizierter, die Einpeitscherei jener Derwische war, weil man sich, um jemanden im Kampf zu besiegen, auf diesen ein Stueck weit einlassen muss, sich einzufuehlen, auf ihn uebergesprungen und hatte ihn an dem Tage mit "uebermannt".
Also der Staat Tuerkei verbannte erstmal saemtliche 7 Orden unter dem Eindruck dieser Mahdisten, die ja in so einer "Einstimmung" auch generell auf die Tuerken als Aussenposten des Osmanenreiches losgegangen waren. Die Verwaltungs-Behoerden des Osmanenreiches wurden zumeist von Tuerken betrieben, was fuer Aegypter und Sudanesen Auslaender waren, ohne sie gross von Briten zu unterscheiden, welche militaerisch die Kolonial-Herren geworden waren - die wurden alle buchstaeblich abgeschlachtet, samt ihrer Familien. Das ist ja das Problem mit Trancen, dass man ebenso blindwuetig wie todesverachtend den Tod anderer genauso gering achtet wie den eigenen. Diese Kaempfer vermeinten doch, etwas ganz Anderes zu tun. Nur der, wer sie lenkte, ist der eigentliche Moerder gewesen. Doch der auf der anderen Seite hat diese Entfesselung nicht und war dann kraeftemaessig und weil er am Leben bleiben wollte, so einem Angreifer unterlegen. Diese Derwische am Nil hatten dies Datum ja schon erwarten konnen und sich und das Volk entsprechend vorbereitet.
Das Datum 1885 war ein besonderes in islamischer Zeitrechnung, bestimmte astronomische Besonderheiten wie 1 Sonnenfinsternis plus 2 Neumonde im 1 Ramadan, meine ich, gehoerten auch dazu. Der "Mahdi" am Nil schien dazu zu passen, der Mahdi in Indien passte aber genauer dazu. Letzterer war hoch ausgebildet, klug, sanft und von edler Abstammung, und der am Nil nicht.
Zieht man vergleichend hinzu den juedischen "Messias" Schabtai Zwi, im 17.Jhd., so hatte dieser eine traditionelle kabbalistisch-mystische Ausbildung durchlaufen, befolgte sichtlich alle Gebote und sprach selbst schon nur noch wie ein Lehrbuch, und hat sich auf die - hm - ich kenn mich da nicht so aus - "Eigen-Diagnose" hin, der "Gesalbte" zu sein, als erstes den Bann der Gemeinschaft zugezogen. Er lebte in der heutigen Tuerkei, und der Sultan reagierte recht umsichtig: er liess ihn erstmal machen und kassierte nur erfreut die Zoelle derer, die dem Helfer aus grosser Not zuliefen, Ost-Europa hatte gerade haessliche Pogrome gegen Juden hinter sich. Nicht ueberall wurde er akzeptiert, z.B. in den Niederlanden eher nicht. Ich fasse es kurz: also er zog mit immer mehr juedischen Anhaengern einmal bis Alexandria und dabei auch nach Jerusalem und dann in die Tuerkei zurueck, residierte dann in einer richtigen Burg - auch das stoerte den Sultan nicht, zumal es sich nicht um einen Muslim handelte und ihm (Schabtai Zwi) auch nur Juden zustroemten, niemand einen Aufstand unternahm und dem Osmanenreich ja "Devisen ins Land stroemten". Das war so ungefaehr 1666 ndZ.
Doch nun aenderte sich inmitten der freudigen Erregung seiner Anhaenger sein Charakter ins Misstrauische, und das passiert auch oft in solchen Situationen. Als das Misstrauen dazu fuehrte, dass einige Meuchelmorde begangen wuden, wandten sich viele wieder von Schabtai Zwi wieder ab.
Der Sultan schickte ihm seinen Leibarzt - und ploetzlich liess sich dieser vermeintliche Messias mit etwa 100 Mann in den Islam aufnehmen, was nun wieder die Judenschaft total schockierte. Er wurde eine Art Tuersteher des Sultans in einer stattlichen Tracht nach eigenem Geschmack. Als jedoch dem Sultan gemeldet wurde, dass sie, die neue Konvertiten-Gruppe sich dennoch als Juden versammelte und wieder sehnsuechtige Messias-Lieder sang, versetzte er seinen "Tuersteher" in ein abgelegenes Kuestendorf bis zu dessen Lebensende, und die wieder traurige Judenschaft wartet auf einen richtigen Messias, der dann offenbar noch kommen muss.
- Vieles davon, was aber jener sehr friedliebende Sufi-Lehrer den Briten lehrte, was der erzaehlte, erinnerte mich an das, was von St.Teresa v.Avila bekannt ist. Sie reformierte von Spanien aus, den Karmel-Orden zu mehr Konsequenz, damit es auch das Niveau erreicht, welches dieser Orden sich zum Ziel gesetzt hatte, mehr von G0TT zu erforschen, durch ein ganz auf IHN konzentriertes Leben.
Weil es unuebersehbare Parallelen der mystischen Erfahungsweise gibt, gibt es eine gemeinsame Initiative von Benediktinern, Buddhisten und Juden, die gemeinsam meditieren - ob auch mit Sufis, weiss ich nicht, aber ich meine, es waere kein Hindernis.
Sufis wurden auch eine Zeitlang vom modernen Islam ausgegrenzt, es gibt aber immer ein Problem zwischen mehr rational arbeitenden Religioesen und den Mystikern, weil die einen auf die Religion auch in genauen Einzelheiten achten, dass diese sich selbst-identisch erhaelt, und die Mystiker darin mitunter sehr grosszuegig sind und nach Beurteilung der Rationalen die Gebots-Beachtung zu "magisch" betreiben, wenn auch buchstaben-genauer als die rationale "Partei" - das Erstreben innerer Erleuchtungen und vielleicht bildhafter Direkt-Einblicke in himmlische Verhaeltnisse verbraucht auch viel Zeit, die dem Studium der Lehre abgeht.
Es kann auch manche Menschentypen viel aengstlicher machen, wie alles, was an ein magisches Verhalten angrenzt. Beide Parteien wissen doch, dass G0TT zu nichts gezwungen werden kann und dass es unangemessen ist, das auch nur zu versuchen, indem man unseren Vertrag z.B.so eng auffasst, als muesse ein Befolgen direkt dem, der es befolgt, vielleicht doch einen Wunsch erfuellen.
Das stelle ich mir parallel genauso vor bei Buddhisten, Muslimen und Katholiken. Deren Mystiker sind doch nur Rand-Bewegungen in einer viel groesseren Gemeinschaft. Nur selten kommen die in die Situation, auch einmal Einfluss auf die ganze Gemeinschaft zu bekommen. Sie geben allem gewissermassen Fluegel, und dann geht es wieder "zu Fuss" weiter. Also entbehrlich sind sie auch nicht.
Also, ethnisch - das bedeutet eine voelkerkundliche Begrenzung - hat eine solche Bewegung gewiss keinen festen Ort. Praezise nach Sufis fragend, ist es spezieller, denn da kommen sicherlich lokale Besonderheiten mit hinein, und dann koennte man es bejahen.
Es ist eine Schule, man kann ihr beitreten, wie wir sahen.
Aber die Schultradion wirkt sich ganz anders an Original-Orten und in langer Kette der Tradenten aus als wenn das, was lehrbar ist, etwa ein Neuling spaeter an andere Neulinge und noch dazu fernab in anderen Laendern lehrt.
mfG WiT
Mich irritiert der Ausdruck "ethnische Kultur", denn die mystischen Erfahrungswege allein trifft man zwar weitverbreitet, mal sind die schon fast die gesamte Religion, mal ist ein Zweig der Hoch-Religionen mehr mystisch, ein anderer mehr juristisch, ein anderer rein auf das Praktische Leben damit ausgerichtet, dass man es so ungefaehr weiss und wenn man genauere Fragen hat, irgendwen weiss, den man fragen kann, usw.
Ich las mal vor einigen Jahrzehnten ein Buch "Ich ging den Weg des Sufi", da berichtet ein Brite, dass er einen tuerkischen Sufi-Meister kennenlernte und beschloss, eine Lehre bei dem mitzumachen. Dazu musste er erstmal alles verkaufen, was er hatte, um sich frei zu machen, und in die Tuerkei kommen sollte - ohne genau zu erfahren, wohin denn dann (er war Buchhaendler, meine ich), und es ist recht nett, wie er schildert, dass er das doch nicht wirklich gleich wagte, alles zu verkaufen. Folglich unterbrach dann auch eine Sorge, sich um etwas kuemmern zu muessen, weil er es noch besass, die Lehre im unpassendsten Moment. Dann verkaufte er wirklich alles. Der Meister hat ihn dann gewissermassen erstmal "gezaehmt" durch endloses Wartenlassen auf eine Kontaktnahme, und dann, als er mal einmal sich einen gemuetlichen Tag ausser Haus nahm, war genau da der Meister oder dessen Bote dagewesen, doch er war nicht im Hotel. Nun traute er sich ueberhaupt nicht mehr aus der Sichtweite des Portiers, und schliesslich begann dieses Warten (der erste Teil der "Lehre"), ruhiger zu werden.
Mir ist nicht in Erinnerung, ob es im Buch irgendetwas mit aussersinnlichen Wahrnehmungen gab (was sich manche unter Mystik vorstellen, sind ja Visionen) - aber dass dieser Sufi-Meister eine erstaunliche Autoritaet gewonnen hatte, Kranke zu heilen. Der war auch keineswegs ein totaler Asket (einer, der sich auch erlaubte Genuesse bis zur Grenze einschraenkt), doch er konnte ihm glaubhaft erklaeren, dass man es einmal macht, Fasten und Wachen etc. um nachher darueber zu stehen, ob man das hat oder nicht hat, was ein Lebewesen zum Leben braucht.
Er strahlte einfach so etwas wie eine Befehlsgewalt aus, ohne besondere Anstrengungen zu zeigen, etwa, erinnere ich mich, dass er nur ganz normal zu einem Mann mit heftigen Schmerzen sagte, diese wuerden in 20 Minuten aufhoeren und ging dann einfach zur naechsten Angelegenheit weiter - und die hoerten dann puenktlich auf, als ob sie es nicht wagten, nun noch zu bleiben, die Schmerzen.
Dieser Sufi-Lehrer hatte einige beachtliche Faehigkeiten ausser dem Krankenheilen, z.B.ein sehr ausgepraegtes Ahnungs-Vermoegen.
Also, der Brite machte seine Lehre bei dem und war damit zufrieden, als er wieder nach England heimzog.
Es gibt auch im Islam Orden verschiedener Zielsetzung, also dies Beispiel steht nicht fuer alle. Es gab eine Zeit, dass "alle 7 Orden", die im Gebiet der heutigen Tuerkei existierten, bei der Staatsgruendung verboten wurden. Es ist historisch wohl im Zusammenhang damit zu sehn, dass zu der Zeit am Nil der "Mahdi" auftrat, welcher direkt da starb, als der Mahdi der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Indien als solchen definierte. Der letztere war ein sehr friedfertiger Mensch, und dessen Umgebung trug das hinaus als seine Botschaft, waehrend der am Nil sich von mehr fanatischen Verehrern umgeben sah, die einen moerderischen Aufstand losbrachen, vereint mit Derwischen, die das Tanzen in Trance beherrschten und andere lehrten.
Das in-Trance-Tanzen in sich ist ja kein Problem, aber es kommt darauf an, was man in dem Zustand dann tut.
Der Mahdi Mohammed Ahmed (*1848-1885^) am Nil war schon relativ frueh im 4.Aufstandsjahr gestorben, sein Kalif (=Nachfolger) fuehrte den Krieg gegen Aegypten, Tuerkei und die Briten weiter, gesamt 17 Jahre lang, also eine lange Schreckens-Zeit, in der seine Heere Gebiet um Gebiet eroberten, dort gefangene Menschen versklavten und Nordafrika in Panik versetzten.
An der Beschreibung der "grandiosen" letzten Schlacht dieser Mahdisten, in der 1 grosses Heer bis zum letzten Mann den Kanonen der Briten direkt entgegenlief und fiel - und sogleich war dann noch so ein Heer aufgestellt mit derselben Angstlosigkeit und machte weiter - kann man sehn, was das ausmacht: sie waren in Trance. - Wohl auch so in Trance brachten sie ohne zu achten, ob sie selbst es ueberleben, sehr viele Menschen um und waren als Sklavenfaenger so grausam, dass auch das legendaer wurde und den Ruf dessen, was ein Mahdi (das bedeutet etwa Messias) im Islam sei, nachhaltig sehr verschlechterte.
Den brit.General, Lord Kitchener, der sie schliesslich entmachtete, indem sie sich in der Mehrheit in die Schlacht gestuerzt hatten und fielen, grauste sich so sehr - denn ein britischer Soldat soll gewiss auch drauf achten, am Leben zu bleiben - dass er am Ende nach dem Sieg durch die Landschaft ging, die bedeckt war von weiss gekleideten Mahdisten, dass er alle die sich noch ruehrten ganz totschlagen liess, was in England ja als ein Kriegsverbrechen galt - ueber dies Ende des Aufstands verlor er die Achtung zuhause.
- Ich meine, in Khartum war das waehrend der Schlacht komplizierter, die Einpeitscherei jener Derwische war, weil man sich, um jemanden im Kampf zu besiegen, auf diesen ein Stueck weit einlassen muss, sich einzufuehlen, auf ihn uebergesprungen und hatte ihn an dem Tage mit "uebermannt".
Also der Staat Tuerkei verbannte erstmal saemtliche 7 Orden unter dem Eindruck dieser Mahdisten, die ja in so einer "Einstimmung" auch generell auf die Tuerken als Aussenposten des Osmanenreiches losgegangen waren. Die Verwaltungs-Behoerden des Osmanenreiches wurden zumeist von Tuerken betrieben, was fuer Aegypter und Sudanesen Auslaender waren, ohne sie gross von Briten zu unterscheiden, welche militaerisch die Kolonial-Herren geworden waren - die wurden alle buchstaeblich abgeschlachtet, samt ihrer Familien. Das ist ja das Problem mit Trancen, dass man ebenso blindwuetig wie todesverachtend den Tod anderer genauso gering achtet wie den eigenen. Diese Kaempfer vermeinten doch, etwas ganz Anderes zu tun. Nur der, wer sie lenkte, ist der eigentliche Moerder gewesen. Doch der auf der anderen Seite hat diese Entfesselung nicht und war dann kraeftemaessig und weil er am Leben bleiben wollte, so einem Angreifer unterlegen. Diese Derwische am Nil hatten dies Datum ja schon erwarten konnen und sich und das Volk entsprechend vorbereitet.
Das Datum 1885 war ein besonderes in islamischer Zeitrechnung, bestimmte astronomische Besonderheiten wie 1 Sonnenfinsternis plus 2 Neumonde im 1 Ramadan, meine ich, gehoerten auch dazu. Der "Mahdi" am Nil schien dazu zu passen, der Mahdi in Indien passte aber genauer dazu. Letzterer war hoch ausgebildet, klug, sanft und von edler Abstammung, und der am Nil nicht.
Zieht man vergleichend hinzu den juedischen "Messias" Schabtai Zwi, im 17.Jhd., so hatte dieser eine traditionelle kabbalistisch-mystische Ausbildung durchlaufen, befolgte sichtlich alle Gebote und sprach selbst schon nur noch wie ein Lehrbuch, und hat sich auf die - hm - ich kenn mich da nicht so aus - "Eigen-Diagnose" hin, der "Gesalbte" zu sein, als erstes den Bann der Gemeinschaft zugezogen. Er lebte in der heutigen Tuerkei, und der Sultan reagierte recht umsichtig: er liess ihn erstmal machen und kassierte nur erfreut die Zoelle derer, die dem Helfer aus grosser Not zuliefen, Ost-Europa hatte gerade haessliche Pogrome gegen Juden hinter sich. Nicht ueberall wurde er akzeptiert, z.B. in den Niederlanden eher nicht. Ich fasse es kurz: also er zog mit immer mehr juedischen Anhaengern einmal bis Alexandria und dabei auch nach Jerusalem und dann in die Tuerkei zurueck, residierte dann in einer richtigen Burg - auch das stoerte den Sultan nicht, zumal es sich nicht um einen Muslim handelte und ihm (Schabtai Zwi) auch nur Juden zustroemten, niemand einen Aufstand unternahm und dem Osmanenreich ja "Devisen ins Land stroemten". Das war so ungefaehr 1666 ndZ.
Doch nun aenderte sich inmitten der freudigen Erregung seiner Anhaenger sein Charakter ins Misstrauische, und das passiert auch oft in solchen Situationen. Als das Misstrauen dazu fuehrte, dass einige Meuchelmorde begangen wuden, wandten sich viele wieder von Schabtai Zwi wieder ab.
Der Sultan schickte ihm seinen Leibarzt - und ploetzlich liess sich dieser vermeintliche Messias mit etwa 100 Mann in den Islam aufnehmen, was nun wieder die Judenschaft total schockierte. Er wurde eine Art Tuersteher des Sultans in einer stattlichen Tracht nach eigenem Geschmack. Als jedoch dem Sultan gemeldet wurde, dass sie, die neue Konvertiten-Gruppe sich dennoch als Juden versammelte und wieder sehnsuechtige Messias-Lieder sang, versetzte er seinen "Tuersteher" in ein abgelegenes Kuestendorf bis zu dessen Lebensende, und die wieder traurige Judenschaft wartet auf einen richtigen Messias, der dann offenbar noch kommen muss.
- Vieles davon, was aber jener sehr friedliebende Sufi-Lehrer den Briten lehrte, was der erzaehlte, erinnerte mich an das, was von St.Teresa v.Avila bekannt ist. Sie reformierte von Spanien aus, den Karmel-Orden zu mehr Konsequenz, damit es auch das Niveau erreicht, welches dieser Orden sich zum Ziel gesetzt hatte, mehr von G0TT zu erforschen, durch ein ganz auf IHN konzentriertes Leben.
Weil es unuebersehbare Parallelen der mystischen Erfahungsweise gibt, gibt es eine gemeinsame Initiative von Benediktinern, Buddhisten und Juden, die gemeinsam meditieren - ob auch mit Sufis, weiss ich nicht, aber ich meine, es waere kein Hindernis.
Sufis wurden auch eine Zeitlang vom modernen Islam ausgegrenzt, es gibt aber immer ein Problem zwischen mehr rational arbeitenden Religioesen und den Mystikern, weil die einen auf die Religion auch in genauen Einzelheiten achten, dass diese sich selbst-identisch erhaelt, und die Mystiker darin mitunter sehr grosszuegig sind und nach Beurteilung der Rationalen die Gebots-Beachtung zu "magisch" betreiben, wenn auch buchstaben-genauer als die rationale "Partei" - das Erstreben innerer Erleuchtungen und vielleicht bildhafter Direkt-Einblicke in himmlische Verhaeltnisse verbraucht auch viel Zeit, die dem Studium der Lehre abgeht.
Es kann auch manche Menschentypen viel aengstlicher machen, wie alles, was an ein magisches Verhalten angrenzt. Beide Parteien wissen doch, dass G0TT zu nichts gezwungen werden kann und dass es unangemessen ist, das auch nur zu versuchen, indem man unseren Vertrag z.B.so eng auffasst, als muesse ein Befolgen direkt dem, der es befolgt, vielleicht doch einen Wunsch erfuellen.
Das stelle ich mir parallel genauso vor bei Buddhisten, Muslimen und Katholiken. Deren Mystiker sind doch nur Rand-Bewegungen in einer viel groesseren Gemeinschaft. Nur selten kommen die in die Situation, auch einmal Einfluss auf die ganze Gemeinschaft zu bekommen. Sie geben allem gewissermassen Fluegel, und dann geht es wieder "zu Fuss" weiter. Also entbehrlich sind sie auch nicht.
Also, ethnisch - das bedeutet eine voelkerkundliche Begrenzung - hat eine solche Bewegung gewiss keinen festen Ort. Praezise nach Sufis fragend, ist es spezieller, denn da kommen sicherlich lokale Besonderheiten mit hinein, und dann koennte man es bejahen.
Es ist eine Schule, man kann ihr beitreten, wie wir sahen.
Aber die Schultradion wirkt sich ganz anders an Original-Orten und in langer Kette der Tradenten aus als wenn das, was lehrbar ist, etwa ein Neuling spaeter an andere Neulinge und noch dazu fernab in anderen Laendern lehrt.
mfG WiT