(21-08-2008, 23:16)Ekkard schrieb: eber weil "man" den schwelenden Antisemitismus (und viele andere Diskriminierungen) gerade auch des Reformators kennt. (Was daran soll Verdrängung oder Leugnung sein?Grummel ... Jetzt mal zum Thema redliche evangelische Selbstkritik der simplifizierten populären Luther-Glorifizierung:
Zunächst einmal: Der Begriff "Antisemismus" ist eindeutig auf die rassistische Judendiskriminierung festgelegt. Begriff und Faktum wurden erst im 19. Jahrhundert erfunden. Luthers ANTIJUDAISMUS beruhte auf Unverständnis und religiöser Enttäuschung. Er war sicher nicht der Urheber, aber in seiner späteren nationalen Wirkungsgeschichte in Deutschland einer der Verstärker auch innerkirchlichen Judenhasses.
Ein weiteres: Ein historisch korrektes Lutherbild ist eigentlich zu keiner Zeit breit unters Volk publiziert worden, auch von den evangelischen Kirchen NICHT.
Immer wars interessenbelastet instrumentalisiert für die gerade zeitlich aktuellen Bedürfnissen, einseitig verzerrt und mit ganz groben Strichen und großen Ausblendungen.
Auch die letzte mediale Großanstrengung mit Co-Finanzierung der EKD: Der Kino-Lutherfilm von 2003 macht KEINE rühmliche Ausnahme: Unhistorisch, theologisch seicht auf (1505) 1517-1530 eingeschränkt, den ganzen grobianischen minderheitsdiskrimierenden Mist des späten Luthers ausblendend. Selbst schuld, wenn das den Verdacht des Versteckenwollens, der Flucht aus der aufrichtigen Auseinandersetzung damit bei eh kritischen und nicht gründlich informierten Zeitgenossen verstärkt.
Es stehen ja schon die Vorbereitungen für den nächsten Luther-Groß-Event mit einem Wust von populären Publikationen ins Haus: 500 Jahre Thesenanschlag 2017. Werden sich da wieder alle in der Berühmtheit Luthers sonnen wollen (und natürlich ein bisschen Licht davon auf sich, die eigene Einrichtung, den eigenen Ort lenken zu können hoffen). Aber wird dabei auch OFFEN kritisch mit den dunklen Lutherseiten umgegangen. Bekommen diese Negativ-Anteile am überlieferten Lutherwerk einen auch für Laien erkennbaren Wahrnehmungsplatz? Ich behalte da Zweifel. Und damit eine zwiespältige Meinung zur Bildungswirkung solcher Events.
Fritz
(22-08-2008, 07:38)Petrus schrieb: >Mission geschieht mit Sicherheit nicht aus Hass (definitiv ein anderes Thema).Bei naiven "Missionierern" darf man wohl kaum respekt vor anderen Religionen, anderen Richtungen der eigenen Religionen hoffen.
Hallo, Eckard, aber auch nicht aus grossem Respekt vor dem Glauben anderer, gell?
Wenn man mit auslandserfahrenen Pfarrern der Missionswerke der großen Kirchen sprechen kann, dann scheint mit der Arbeit auch Respekt und Verständnis für die (religiöse) Kulturelle Identität des Anderen gewachsen zu sein. Hau-Drauf-Mission der großen Kirchen gibts kaum noch ...
Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)
Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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