Karla schrieb:Ich halte es für sinnvoller, von der Konfliktforschung und der Friedensforschung zu lernen, wie man Konflikte - vor allem, wenn sie gefährlich sind - bewältigt.Dieser Lernprozess ist nur zu loben, liebe Karla,
allein, es liegt in diesem Thread überhaupt kein Konflikt zwischen Menschen vor, schon gar kein gefährlicher.
Der besteht wie oft hier im Forum nur für die, die Person und Sache nicht unterscheiden können.
Von mir aus kann die liebe Maike den Segen ihrer Medjugorje-Verehrung in vollen Zügen genießen. Wenn es ihr gut tut, wunderbar für sie!
Die Sache, die hier diskutiert wird, ist allerdings diskutabel:
Es geht wie so oft um die Frage: Was macht die Kernpunkte und das Wesen einer Religion aus und was nicht?
Und da muss es wohl erlaubt sein, aus der Botschaft Jesu herauszuhören, dass er Schauwunder der beschriebenen Art nicht für gut hält, dass bei ihm die Erfüllung des Gotteswillens, also die Ethik der Nächstenliebe das Entscheidende ist und nicht ein Kult, ein Ritual, eine Erscheinung oder Ähnliches.
Ich werde diese Haltung entschieden verteidigen
und immer wieder proklamieren, auch wenn es den Harmoniebedürftigen im Forum nicht gefällt.
Hier meine Gründe:
1. Das Religiöse schlechthin bekommt durch Aktionen wie das "Medjugorje-Wunder" ein Image, dass es umso religiöser und gottgefälliger wird, je mehr Unerklärliches wie das Sonnen-Trudeln auf dem Markt geschieht. Das wird oft auch von den Medien übernommen, von Atheisten angegriffen usw.. Dabei ist es eine mythologische Randerscheinung des Christentums, wenn man Jesus ernst nimmt, und gehört bei nahezu jeder Religion zum Mythen-Bestandteil.
2. Die Ethik, die im Sinne Jesu das Entscheidende im Christentum ist,
wird schnell als "humanistisch", degradiert, als eine Haltung, die doch jeder liebe Mensch hat usw.. Übersehen wird dabei, dass Jesus selbst die Todesbereitschaft in der Nächstenliebe fordert und eine radikale Konsequenz, die nicht mehr mit "Schön-Liebsein" zu erfassen ist.
3. Folge aus 1. und 2. ist, dass es in unserer Welt wohl kaum mehr Gerechtigkeit geben wird, solange Menschen glauben, mit ihrer Teilnahme an Ritualen und symbolischen Akten den Willen Gottes zu erfüllen. So kann man wunderbar unpolitisch sein und sich fromm und gottgefällig fühlen. Man war ja bei irgendwelchen "Heiligtümern".
4. Es ist gefährlich, Menschen mit den Fantasien von "Sehern" und anderen "Erscheinungsverkündern" ein gespaltenes Weltbild vorzugaukeln.
So entlässt man sie aus der Verantwortung und der Erkenntnis, dass Gott durch sie und ihre Hände "Wunder" wirkt, Schwache stark macht, Unmündige mündig usw., dass solche Wunder unsere Mitarbeit verlangen, und zwar da, wo man ist, hier und jetzt, und nicht an einem Ort, wo einmal einer eine wundersame Erscheinung zu erleben glaubte.
5. Die Wunder, die Jesus als soziale Taten demonstrierte, unterscheiden sich bedeutend von den Schauwundern vom Medjugorje-Zuschnitt. Da kullern keine Sonnen oder hüpfen an einem bestimmten Ort Lahme durch die Gegend, weil da mal jemand Maria hörte.
Jesus hilft da, wo Hilfe gebraucht wird, nicht an einem bestimmten Ort oder zu bestimmter Zeit. Er schickt seine Jünger aus, zu den Menschen zu gehen, wo sie Hilfe brauchen, und dort zu helfen.
Wenn ich hier Maike widerspreche, liebe Karla,
habe ich nicht vor, ihr den Glauben, den sie sowieso nicht aufgeben wird, zu erschüttern. Wer im Forum schreibt, schreibt nicht nur eine Antwort an einen Beitragsschreiber, sondern legt einfach ein Bekenntnis zu seiner Sicht der Dinge ab.
Evangelikale werden sich nach meiner Erfahrung, wie du ja auch schreibst, nie erschüttern lassen. Und was die "neue Religiosität heute" ausmacht, müssen alle Weltjugendtags-Teilnehmer selbst wissen.
Ich bin hier ein Bekenntnis schuldig, und das lege ich ab, egal ob es anderen gefällt oder nicht.
Du machst es, glaube ich, nicht anders, und es ist mit der Sinn eines Diskussionsforums.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)