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Die Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation
#7
Das Konzil zu Konstantinopel (553):

Ein historischer Irrtum


Origenes' Lehre von der Präexistenz und der Reinkarnation der Seele wurde dann zehn Jahre später, also 553, durch das fünfte ökumenische Konzil zu Konstantinopel nochmals verurteilt, wobei inhaltlich ungefähr dieselben Bannflüche wie zehn Jahre zuvor ausgesprochen wurden. Dadurch wurde die Reinkarnationslehre offiziell zur »heidnischen Irrlehre« erklärt und rechtmäßig abgeschafft, und somit ist es jedem gläubigen und kirchentreuen Christen seitdem strengstens verboten, an die Reinkarnation zu glauben... - Dies jedenfalls glauben bis zum heutigen Tage praktisch alle Kirchenhistoriker sowie auch der überwiegende Teil der weltweiten Christenheit.

Tatsächlich aber fiel das urchristliche Wissen um die Reinkarnation im Jahre 553 einem fatalen historischen Irrtum zum Opfer. Denn die vermeintlich offizielle Verfluchung der Wiedergeburtslehre war, wie oben beschrieben, lediglich auf eine persönlich motivierte Machtdemonstration des byzantinischen Kaisers Justinian zurückzuführen.

Entweder gingen bedeutende Teile der Konzilsakten, die den Fall Origenes betrafen, durch »Zufall« verloren oder wurden später aus irgendwelchen Gründen gefälscht, oder aber - was wahrscheinlicher ist - es wurde an den acht offiziellen Konzilssitzungen über Origenes und seine Verfluchung gar nicht verhandelt! Denn die Sitzungen befaßten sich laut Protokoll lediglich mit dem Streit um drei von Justinian als Ketzer bezeichnete Gelehrte (den sogenannten »drei Kapiteln«), gegen die der Kaiser schon vier Jahre zuvor ein Edikt erlassen hatte. Von Origenes jedoch ist keine Rede.

Auch die folgenden Päpste Pelagius I. (556-561), Pelagius II. (579-590) und Gregorius (590-604) reden vom fünften Konzil, ohne Origenes auch nur zu erwähnen. Doch obwohl über Origenes in den Konzilssitzungen offenbar nicht verhandelt wurde, findet sich im 11. Canon des Konzils der folgende Bannfluch: »Wer nicht verflucht ... Origenes samt seinen gottlosen Schriften und alle anderen Häretiker, welche verflucht sind von der heiligen katholischen und apostolischen Kirche ..., der sei verflucht.[«]

Vermutlich wurde dieser seltsame Bannfluch von Kaiser Justinian vor Eröffnung des Konzils den Patriarchen vorgelegt, die dann zur Unterzeichnung genötigt wurden.

Interessant ist auch, daß Papst Vigilius bewußt an keiner einzigen Sitzung teilnahm, obwohl er sich auf Geheiß des Kaisers während der fraglichen Zeit (5. Mai bis 2. Juni 553) in Konstantinopel aufhielt. Aus diesem Grunde stand dem Konzil nicht wie üblich der Papst vor, sondern der Patriarch von Konstantinopel, Eutychius, ein treuer Diener Kaiser Justinians. Ebenfalls interessant ist, daß von den anwesenden 165 Bischöfen nur einige wenige aus den Westländern zugelassen waren, während die anderen eine Teilnahme unter diesen Voraussetzungen ablehnten.

Das heißt: Das Konzil zu Konstantinopel war praktisch eine ganz persönliche Versammlung Kaiser Justinians, auf dem er mit seinen von ihm abhängigen Vasallen (gegen den Protest des Papstes und der römischen Bischöfe) die Lehre von der Vorexistenz der Seele willkürlich mit Fluch und Bann belegte und damit der ursprünglich christlichen Lehre der Reinkarnation die Grundlage entzog.

Aufgrund der Tatsache, daß sich Papst Vigilius geweigert hatte, am Konzil zu Konstantinopel teilzunehmen, wird von einigen fortschrittlichen katholischen Gelehrten neuerdings bezweifelt, ob dieses Konzil und die damaligen »Beschlüsse« überhaupt für die Katholiken kirchenrechtliche Gültigkeit besitzen, ob, mit anderen Worten, die Lehre von der Reinkarnation nicht nach wie vor ein Teil des kirchlichen Gedankengutes sei.

Das vierwöchige Konzil endete am 2. Juni 553, aber erst am 8. Dezember 553 unterzeichnete Papst Vigilius unter dem unnachgiebigen Druck des Kaisers und aus Angst vor der Exkommunikation (!) und vor der Ernennung eines Gegenpapstes schließlich die Konzilsakte - vermutlich ohne etwas über die vorherigen Abmachungen gegen Origenes zu wissen. »Alles in allem also eine höchst zweifelhafte Angelegenheit. Von Rechtmäßigkeit keine Spur!«, schreibt Rudolf Passian in seinem Buch »Wiedergeburt - Ein Leben oder viele?« (S. 223).

Wer sich in kurzer Form über die Art, wie man Glaubensdifferenzen zu Zeiten der ersten fünf ökumenischen Konzilien auszutragen pflegte, informieren möchte dem sei die kleine Schrift von Dr. iur. Robert Kehl, »Ein sonderbarer Heiliger Geist«, empfohlen. Kehl fordert von den Kirchen, »wenn sie wieder glaubwürdig werden wollen«, eine klare Distanzierung von jenen Konzilien und den dort (vor dem Hintergrund von Terror und Intrigen) gefaßten Beschlüssen.


Der Reinkarnationsglaube ist nicht unchristlich!

Der dubiose Bannfluch Kaiser Justinians 300 Jahre nach Origenes' Tod ist von der Kirche bis heute offiziell nicht revidiert worden. Im Gegenteil: Die Überzeugung, der Fluch sei ein Teil der gültigen Konzilsbeschlüsse, setzte sich trotz aller Ungereimtheiten im Laufe der Jahrhunderte allmählich im Denken der Kirche fest. Dennoch bleibt es eine Tatsache, daß das vermeintliche Verbot der Reinkarnationslehre, wenn wir es genauer betrachten, nichts weiter ist als ein Geschichtsirrtum ohne jede ökumenische Gültigkeit.

Oder anders ausgedrückt: Es ist den Christen nicht offiziell verboten, an Reinkarnation zu glauben! - Die Reinkarnationslehre ist dem Christentum durchaus nicht fremd, wohl aber dem Kirchentum ...
Denn später wurde die Reinkarnationslehre von der Kirche im Konzil zu Lyon (1274) und im Konzil zu Florenz (1439) erneut aufs schärfste verurteilt. Daraufhin wurden die Anhänger dieser Lehre unerbittlich verfolgt und oft sogar hingerichtet.

Das in diesem Zusammenhang wohl berühmteste Beispiel ist der bereits in Kapitel 5 erwähnte italienische Gelehrte und ehemalige Dominikanermönch Giordano Bruno (1548-1600). Für sein philosophisches Bekenntnis zur Lehre der Seelenwanderung brachte man ihn im Jahre 1592 vor das christliche Inquisitionsgericht, das ihn nach langer Gefangenschaft schließlich zum Feuertode verurteilte. Am 17. Februar 1600 wurde er auf dem Campo dei Fiori in Rom öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Als Gründe für diese Praxis wurden angegeben, daß der Reinkarnationsgedanke im Widerspruch zu verschiedenen christlichen Dogmen der Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) stünde, so zum Beispiel zum Dogma der Auferstehung des Leibes oder zur Grundlehre, daß sich in diesem einen Leben das Heil oder Unheil des Menschen entscheide und daß die Seele unmittelbar nach diesem einen Erdenleben in den ewigen Himmel oder in die ewige Hölle gehe. Außerdem beinhalte sie von der Kirche verurteilte Meinungen wie die der anima separata (vom Leib unabhängige Seele) oder der Präexistenz der Seele.

Aus dem Buch" Reinkanation " von Roland Zürrer (Zürich)
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Reinkanation - von Gast - 26-05-2003, 07:02
[Kein Betreff] - von Gast - 26-05-2003, 07:04
[Kein Betreff] - von Gast - 26-05-2003, 07:08
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[Kein Betreff] - von Shadaik - 26-05-2003, 18:40
Reinkarnation - von CreaturaDeus - 26-05-2003, 18:54
[Kein Betreff] - von Shadaik - 26-05-2003, 19:46
[Kein Betreff] - von Gast - 30-06-2003, 13:18

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