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Pilgern macht lebendig...
#28
Tao-Ho
- wie ich andernorts in einem Thema ueber Kirchenbauten sagte, versinkt fuer mich der Rahmen der Umstaende, wenn ich bete, dennoch nehme ich sie zur Kenntnis, ich sehe darin das Recht anderer, ihre Dinge auch gestaltet zu haben
- und wenn ich pilgere, ist das wieder was Anderes, weill ich es bin, die das Pilgern mithilfe des Koerpers tut, wozu ich nicht ununterbrochen geistig in Ausnahme-Stimmung zu sein brauche, wenn die Intention auf jeden Fall dabei bleibt, wenn es zur Plage werden sollte, was ich mir da vornahm - die koerperliche Anwesenheit gehoert auch zur Gemeinschaft dazu
- wenn ich erstaunliche Dinge seh, sie mancherorts den Pilgern angeboten werden, es zu kaufen, dann denk ich, wird es wen in genuegender Menge geben, der darin etwas Sinnvolles sieht, sonst boete kein Geschaeftsmann deren Fabrikation an - also sind wohl die Asspekte verschieden, auf was Leute dabei schauen
- ich besuche Orte der Kraft schliesslich nicht, um andere Leute und ihren Sinn fuer Andenken zu beurteilen - es wuerde den Sinn meines Tuns doch ziemlich abwerten, wenn ich andere Menschen abwerte, nicht? - Weiss ich denn, wieviel Hoffnung, Treue und Liebe jene auf den Weg brachte?
- ich weiss von einigen, dass sie z.B.nach Lourdes fahren, ohne an Wunder zu denken, sondern einfach, weil das ein Ort ist, wohin andere auch streben, um Frieden zu finden mit dem, was halt ist - und das ist schon die Muehe wert, und andere treibt es, einmal noch im Leben eine ausserordentliche Fahrt zu machen - "im Namen G0TTES fahren wir" schwingt da mit
- weil sie in der Krankheit nur noch gefangen waren zwischen "schone dich" - und "werde gesund" - und lauter Bevormundungen im Namen der "Bekaempfung" ihrer Krankheit, als gebe es am Leben nichts sonst von Wert, als dass irgendwer will, dass genau sie genau diese Krankheit nicht haben (warum eigentlich um "jeden" Preis waehlerisch sein?)
- und schliesslich wird gesagt "das war's - damit muss man nun leben (oder gar: nun ists "verloren" - denn Sie werden daran sterben")
- und sowas ist nicht korrekt - sterben tut doch jeder Mensch - wieso soll das in sich "verloren haben" bedeuten???
- also diese Leute nehmen es lieber in Kauf, und wenn das in letzter Zeit deren einziger Wunsch sein wuerde, den man ihnen gewaehrt - dass sie fahren - und wenn sie unterwegs sterben, ist es ihnen auch recht, aber es war ihr eigener Weg noch einmal im Leben. Davon wirst Du auch in Orten wie Lourdes erfahren - es sind mehr Menschen dort und auf dem Wege dahin verstorben als "wundergeheilt" wurden - na und?
Geheilte, die gab es auch - mehr oder minder objektivierbar auch ganz unerklaerlich - die offizielle Kirche ist mit sowas sehr kritisch, was man oft gar nicht von ihr glaubt - aber das erklaert sich aus der Beziehung der Lehre zum Beten, es gibt eine Art Pflicht, G0TT zu bitten, fuer Christen ist das mal durch Jesus gesagt worden - fuer Juden ergibt es sich aus anderem.
Es geht nicht nur darum, etwas fuer sich selbst zu erbitten, sondern dass und wenn andere um das Glueck eines Bekuemmerten bitten, das ist viel wert - es hat nicht jeder Mittel zur Verfuegung, einem Bekuemmerten zu helfen
- und Christentum - wie auch Judentum - hat nicht als wichtiges Ziel ein Freisein von allem eigenen Leid - wohl aber ein Ziel im Erbarmen mit andern und ihrem Leid -
- hier wo ich wohne, ist im Vorort ein kleiner alter Wallfahrtsort, die "Kommerzialisierung" hier erschoepft sich in einem kleinen Laedchen, das Andachts-Artikel anbitetet, alles was so ein Katholik mal gebrauchen kann - Kitsch sah ich da an sich keinen (wo Dich das wohl interessiert), also darueber kannst Du Dich beruhigen - es gibt lediglich zu Essen und Trinken billiger in Sicht darauf, dass viele Wallfahrer wirklich hungrig und durstig ankommen und nicht sehr reich sind
- hierhin kommen viele regelmaessige "Opfer-Gaenge", aus Gemeinden, die sich das irgendwann mal versprochen haben, das war vor 1933 nicht soviel wie seitdem. Damals wurde die Kirche all ihrer Jugend-Arbeit enteignet, Abzeichen und Fahnen und jede oeffentliche Kundgebung unter Strafe von Zuchthaus verboten, Mitglieder einer Fronleichnams-Prozession in Ostpreussen kamen bis zu 6 Jahren ins Zuchthaus, weil sich einige gegen einen SA-Ueberfall vertreidigt hatten mit Zurueckhauen - gesetzlich zugelassen blieb nur noch das Gehen als solches - da begann man von Ruhrgebit und anderswo weiter weg in diesen kleinen Ort zu gehen, in Gruppen, aber stumm und ohne Musik und Fahnen, ganz wie das NS-Gesetz es grad noch zuliess - am Ziel war eine Andacht oder Hl.Messe und dann ging man wieder zurueck
- bis zum Kriegsende waren es Zehntausende, Hunderttausende - da hat keiner ein Wunder verlangt oder haette nur an erhabene Sphaeren der Froemmigkeit gedacht, sondern es war einfach Protest mithilfe der Fuesse - gegen ein unmenschliches System, das Menschen hinrichtete oder zutode wegsperrte aus den nichtigsten "Gruenden"
Sie kommen flott gegangen oder geradelt, noch heute - unterwegs reden viele was sie wollen, mancher denkt an ein Anliegen, welches er mit G0TT bespricht, waehrend man sich muede laeuft
- in dem Andenken-Laden kann man auch kleine Pferde aus Pappmache kaufen, sehr niedlich-naturalistische, uebrigens, die garantiert nichts mit der Marienstatue der Wallfahrt zu tun haben, es steht auch nichts darauf geschrieben, die aber Kindern zur Belohnung dienen, die man wegen dieser Wallfahrt zuhaus alleine blieben oder mitgegangen sind - vielleicht haben die Pferde eine Erinnerung an sich, dass es auch frueher eine grosse Reiter-Wallfahrt hier gab, und dass in dem Zeitraum 1933-45 hier kein Reiterverein mehr aktiv war, damit sie nicht zu Partei-oder SS-Diensten hinzugezogen werden konnten - wer Reitervereine kennt, weiss, dass das ein sehr herber Verzicht fuer sie war
- wir sind auch einer der pferde-reichsten Orte von NRW oder so (die meisten Pferde, Huehner und Kinder pro Kopf der Bevoelkerung - ob das zusammenhaengt? *g*)
Den Geist voellig ueberzubewerten ist weder juedisch noch biblisch - der Leib ist auch eine Aussage-Ebene des Menschen - er wurde uns jeweils individuell verliehen, als Gabe mit Eltern dran und vielem Sozialen, und nicht als laestige Zutat, die man verleumden, misshandeln, beliebig umkorrigieren oder ignorieren duerfte
- um zu laecheln benoetigen wir den Leib, um Mensch zu werden, benoetigen wir sogar zwei - und den eignen dann auch, also drei - G0TT gab uns nur so in die Welt, sie zu durchleben - also beten auch Leib und Seele und soziale Gruppen, jeder auf seiner Ebene - und in der Sicht ist das Wallfahren als solches eine Erfahrung und ein "Gesamt-Ding" fuer mehr als 1 Ebene des Menschseins

- ich weiss nicht, ob das Gehn in Prozessionen oder das einzelne Gehen zu einem Kraft-Ort, den auch andere besuchen, der Natur oder der Kultur entspringen - man muesste wissen, ob Cro magnon und Neandertaler auch schon so etwas taten - es kommt in so viel verschiedenen Kulturen parallel vor

mfG WiT :)
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Pilgern macht lebendig... - von sound of silence - 12-05-2008, 08:39
RE: Pilgern macht lebendig... - von Lea - 12-05-2008, 09:39
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RE: Pilgern macht lebendig... - von Tao-Ho - 20-05-2008, 08:42
RE: Pilgern macht lebendig... - von qilin - 20-05-2008, 12:25
RE: Pilgern macht lebendig... - von Tao-Ho - 20-05-2008, 12:43
RE: Pilgern macht lebendig... - von WiTaimre - 26-05-2008, 02:29

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