10-03-2008, 17:40
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10-03-2008, 17:46 von Alanus ab Insulis.)
Epicharm schrieb:Gott steht außerhalb der Zeit, das bedeutet:
Für ihn gibt es kein Vorher und Nachher und keine ablaufenden Prozesse. Es herrscht Stillstand: Gott kann nichts tun, denn Aktivität würde entweder zeitliche Differenz (im Sinne von: vorher – nachher) oder das Nebeneinanderbestehen von Widersprüchen (zugleich so und anders) bedeuten.
Das ist etwas kurzgedacht. Die Ewigkeit Gottes muss nicht zwingend notwendig als Stillstand gedacht werden. Schon die klassischen Überlegungen des Aristoteles zu einem ersten Prinzip, dass die scholastische Theologie aufgreift, kennt hier keinen Widerspruch. Als erstes unbewegt Bewegendes ist Gott kausale Ursache von allem, ohne selbst verursacht zu sein. Damit ist natürlich auch die Zeit ein geschaffener Zustand, d.h. der Akt der Schöpfung ist nicht chronischer Natur, sondern ontologischer Natur. Die Schöpfung beginnt indem sie vom Nicht-Sein ins Sein tritt, nicht dadurch das zu einem Zeitpunkt A etwas nicht ist und B etwas ist, denn in der Ewigkeit gibt es, wie richtig festgestellt, keine Zeit [1]. Gott ist aber nach christlicher Theologie nicht in der Schöpfung, also auch in der Zeit, sondern souverän gegenüber seiner Schöpfung und daher auch souverän gegenüber der Zeit.
Ebenso stimmt die These vom absoluten Stillstand nicht unbedingt. Sowohl Aristoteles, als auch im Anschluss daran Thomas von Aquin bezeichnen das Göttliche als Tätigkeit. Bei ersterem ist es das Göttliche, welches als rein Denkendes nur sich selbst zum Subjekt hat. Denken wird hier aber als Tätigkeit verstanden. Bei Thomas ist es im Anschluss an 1 Joh 4, 16, die Liebe. Die Liebe als Tätigkeit, als sich selbstverschenken an jemanden:
a) als "Liebesaustausch" der drei innertrinitarischen Personen
b) als schöpferische Liebe, die nicht nur etwas schafft, sondern auch jemanden der Subjekt der Liebe ist.
Gott ist ja nach christlichem verständnis nicht Zustand (wie Stillstand), sondern er ist Person!
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[1] Für Aristoteles gilt das natürlich nicht, da er von der Ewigkeit der Welt ausgeht.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)

