11-01-2008, 12:35 
		
	
	Lea schrieb:Vielleicht habe ich mich etwas weitläufig ausgedrückt, doch mir sind in der momentanen Auseinandersetzung auch andere Gedanken dazu gekommen, was es heisst, sich "Hl. Texten/Schriften" zu nähern, sie zu lesen, ein Nachdenken, Reifenlassen von Worten und Gedanken. Nicht zu vergessen, die historischen Gegebenheiten miteinzubeziehen. Eine langwierige Arbeit, wenn Mensch Lust und Freude daran hat; ein geistiger Gewinn und Zuwachs an Verständnis dem Alten gegenüber und ein wachsendes Verstehen des Neuen. Auf ganz unterschiedlichste Art nähern sich Menschen - falls sie das wollen - den Schriften (auch der Literatur).Dies alles halte ich für legitim. Und es käme mir auch nie in den Sinn, das abzustreiten oder davon abzuraten.
Aber es gibt einen Aspekt, und an dem liegt jetzt mir immer sehr, und darum füge ich ihn erneut hinzu: diese "heiligen Texte" werden häufig und gerade zur Zeit wieder politisch instrumentalisiert. Wer die Texte, so wie sind - von mir aus auch in falscher Übersetzung - liest und sich nur gedanklich oder seelisch von ihnen anregen lassen möchte, wird nicht dazu neigen, diese Texte politisch zu instrumentalisieren. Dagegen argumentiere ich darum auch nicht an - auf der Ebene wären auch mir selber zum Beispiel falsche Übersetzungen der Upanishaden in dem Fall Recht, wenn diese Übersetzung irgendetwas in mir weckt. Dann ist es eben der Übersetzer, der mir etwas zu sagen hatte.
Diejenigen aber, die die sogenannte Heilige Schrift und deren festgeschriebene dogmatische Auslegung politisch instrumentaliesieren wollen, zwingen zu einer klaren Stellungnahme. Mit "politisch instrumentalisieren" meine ich bereits die Aussage, dass das Christentum von Haus aus präfaschistisch ist und Gewalt befürwortet. Dies sagen viele ehemalige Christen, die eine Art Hass entwickelt haben und über Jahre lange Diskussionen führen über die Gefährlichkeit des Christentums. Dies führt im Zeitalter des Internet dazu, dass auch andere Religionsvertreter dies zur Kenntnis bekommen, da weiterdenken, die Bibel in irgendeinem heutigen Zustand lesen, Wikipedia bezüglich der Dogmen abfragen und schon dazu aufrufen, das Christentum beziehungsweise die Christen als intolerante und missionierende Spezies anzusehen - die ja per USA konkret im Namen dieser Religion morde - und ideologisch zu bekämpfen.
Als Gegenreaktion - oder auch ohnehin, weil der Zeitgeist so ist - entstehen Grüppchen wie Sand am Meer -, die begeistert von diesem starken und sich durchsetzenden Gott sind, der alle seine Feinde ins ewige Feuer wirft und alle die rechtfertigt, die mit glühenden Augen gegen jeden angehen, der sich nicht auf diesen starken und heiligen, sich durchsetzenden und strafenden Gott setzt.
Man solle nicht unterschätzen, wie sehr dieser Rachegott die Massen beflügelt, neuerdings. Auch in diesem Forum habe ich ja gestern gelesen,
dass alle Andersdenkende das ewige Brennen nach dem Tod erwarte, und diese entsetzliche Denke schwappt also schon in dieses Forum.
Ein Verzicht der Kirchen auf klare Stellungnahme bezüglich dieser Dinge - also eine deutliche Distanzierung zu dem Rachegott des Alten Testamentes, der auch heute noch die Menschen foltern werde, wenn sie nicht gebötig sind - ist für mich fast eine Strafhandlung. Es sind die Kirchen, die das Erbe des Christentums inklusive der Schriften verwalten und darüber schriftlich befinden. Und wenn sie feststellen, dass in dem, was sie verwalten, hochexplosives Zeug ist, über das sie selber zwar einfach hinwegsehen, für andere aber Dynamit ist, mit dem sie feindliche Gräben zwischen den Religionen schaffen, die zu Völkermord führen können:
dann IST Handlungsbedarf.
Die Weigerung, sich von der Heiligkeit eines brutalen Mördergottes zu distanzieren, und zwar in aller Form, kann zum Bumerang werden, vor dem ich Schiss habe, ehrlich gesagt.

 
