06-01-2008, 20:53
t.logemann schrieb:Irgendwie scheint in Eurer Diskussion völlig verloren gegangen zu sein, in welcher zeitgeschichtlichen Epoche Altes und Neues Testament entstanden. Dies muss man aber berücksichtigen, wenn man sich von heute veralteten Floskeln, Redewendungen, Zustandsbeschreibungen "verabschieden" will.Im Gegenteil, lieber logemann,
...Ihr werft Euch hier die Worthülsen an den Kopf, argumentiert hier mit (gefühlter) theologischer Spitzfindigkeit - und lasst dabei das Wesentliche, nämlich einerseits den lobenswerten Versuch die alten Schriften verständlicher zu machen, andererseits aber auch die Schwierigkeiten aufgrund des Zeitenwandels, völlig ausser acht.
wir kennen sehr wohl die Entstehungszeiten unserer sog. "Heiligen Schriften" und haben "die Schwierigkeiten aufgrund des Zeitenwandels" nicht nur nicht "außer acht gelassen", sondern konzentriert thematisiert.
Was du aber "völlig außer acht lässt", ist,
dass die Bibel kein Geschichtsbuch ist, in dem man lernt, was früher so alles los war, was Abraham so alles mit seiner Familie erlebte usw..
Diese Texte, lieber logemann,
werden als Basis für ethische und spirituelle Appelle von heute interpretiert. Aus ihnen werden Handlungsanweisungen abgeleitet und Orientierungshilfen für unser gegenwärtiges Leben. Hier sind Horizonte zu eröffnen, nicht kleine Fakten aufzulisten.
Da hilft es den Angesprochenen wenig,
wenn sie erfahren, dass Gott zwar immer fleißig mit Abraham gesprochen hat und nie mit Sara. Die Frauen von heute möchten gefälligst wissen, ob sie mit gemeint sind oder nicht.
Wir haben hier keine Rauschebärte, die für ihre Familien entscheiden, ob "sie und ihr Haus dem Herrn dienen", sondern wir sind männliche und weibliche Individuen, die jeweils für sich selbst verantwortlich sind und jede® für sich entscheiden, ob sie Gott dienen wollen und seiner Gnade sicher sind oder nicht. Da sind die Nüsse der damaligen Gesellschaftsnormen und ihrer sprachlichen Repräsentationen zu knacken, statt zu polieren.
Zum Übersetzen gehört in einem solchen Kontext
mehr als die Kenntnis der Wortsemantik der einen und der anderen Zeit.
Dazu gehören Assoziationshöfe, die beurteilt werden wollen, ja selbst Ideologien, die nicht wörtlich übersetzt, sondern in Ideologien von heute übertragen werden müssen, damit man ihre Reichweite abschätzen kann.
Eine solche Übersetzungsarbeit hat eben mehrere Dimensionen von Texten im Blick, denen deine Kritik nicht annähernd gerecht wird, ebensowenig wie die von Presbyter.
In dieser Diskussion geht es offensichtlich mehr um Text- und Übersetzungswissenschaft als um theologische Differenzen.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)