05-12-2007, 23:01
Hallo!
Danke für Eure Antworten!
Ich gehe in dem Fall in der Beantwortung mal rückwärts vor, weil sich das thematisch für mich praktischer bindet.
Alles, was ich hier schreibe, sind aber nach wie vor "tastende Gedanken", auch wenn sie schon seit einigen Monaten oder länger in mir rumschwirren.
Nicht genau vergleichbar, aber in einem Punkt vergleichbar dennoch wäre die Aussage: "Wenn der Mensch gut wäre, könnte ein kommunistischer Staat funktionieren."
Der Vergleichspunkt liegt hier nur in der realen Einschätzung des Menschen.
Ich habe auf meiner langen Suche keinen, wirklich keinen Christen gefunden, der - wenn er die [b]Heilige[b] Schrift als Basis ansieht - nicht mit ihr seine Meinung begründet. Und damit die Schlussfolgerungen anderer Christen aus der selben Schrift für falsch erklärt.
Deshalb bin ich für mich zu der - vielleicht vorläufigen - Erkenntnis gekommen, dass es eine Art Bedürfnis christlicher Menschen gibt, eine Autorität anzuerkennen, die heiliger ist als andere und mit der andere Menschen oder zumindest Christen gemessen werden.
Für mich selber entsteht nicht erst das Problem, wenn man jemandem seine Ansicht "aufzwängt". Das tut bei uns ohnehin niemand, kann es auch gar nicht. Aber es verhindert den Gedanken, dass ich, wenn ich mit Nietzsche mehr anfangen kann als mit der Heiligen Schrift, mich nicht mehr als Christ sehen darf. Denn der Christ verpflichtet sich zumeist nach wie vor auf diese Heilige Schrift. Es wird gesondert, nicht vereint.
Und so bin ich dazu gekommen, das Wort "heilig" als Anlaufstelle für die Überlegung zu sehen, dass hier Irrationalismen verborgen sind, Restbestände des Urbedürfnisses, sich von anderen Autoritäten sagen zu lassen, was Sache ist.
Damit wäre aber das Buch seiner Heiligkeit entkleidet, denn auch Meister Eckhart schreibt über seine Gottesvorstellungen, auch der schon mal erwähnte Nietzsche, auch Goethe. Aber diese sieht man auf einer anderen Stufe als die Schreiber der Bibel. Auf Grund welcher Basis? Ich vermute eben: dass man der Meinung ist, dass die biblischen Schriften mehr von Gott geheiligt sind als andere Schriften. Dass dort also mehr "Gott" enthalten ist als in anderen Schriften, wo auch Gotteserfahrungen enthalten sind.
Wenn tatsächlich gesagt werden würde, und zwar von den Kirchen, dass die Bibel in Bezug auf Wahrheitscharakter mit allem auf einer Stufe steht, was Menschen für richtig halten, dann wäre keine Heiligkeit der Schrift mehr behauptet. Aber man liest in den Gottesdiensten nur die Bibel, auch bei aufgeklärten Christen (in meiner Studienzeit war das zeitweise anders, da wurden in Studentengottesdiensten auch andere Texte genommen).
Aber der Trieb nach einem "wahren Fundament" wuchert heute wieder ungebrochen, noch nie gab es so viele junge Christen, die darauf bestehen, dass nur die Bibel die Wahrheit über Gott sagt.
Und bei den sogenannten aufgeklärten Christen bin ich inzwischen auch nicht mehr so sicher. Letztlich ist für sie doch ausschlaggebend, was dort steht (auch wenn sie es umdeuten oder von mir aus auch erstmalig richtig deuten).
Kirchenmuff - mag sein. Aber es ist die Bibel, mit der strenggläubige Christen andere Christen erschlagen (geistig), immer und immer wieder die Bibel. Gäbe es sie (und andere heilige Schriften) nicht, gäbe es vielleicht mehr Frieden auf der Welt.
Aber ich kann auch anders formulieren: Weil der Mensch mit dem Frieden eventuell gar nicht klar käme, denkt er sich immer wieder Heilige Schriften aus, wodurch er sich von anderen abgrenzen, sich selber mehr in der Wahrheit fühlen kann.
Der Begriff "heilig" wird, glaube ich, von Dir hier anders benutzt als in der Wortverbindung "Heilige Schrift". Ich wollte "heilig" nur in dieser Wortverbindung und in diesem Sinne thematisieren.
Die Bibel mag bewahrenswürdig sein. Aber diesen Respekt vor alten Büchern haben auch ganz unreligiöse Menschen - ich kenne ein paar wenige bibliophile Menschen, die alte Bücher sehr sehr lieben und davor Respekt haben. Aber mir ging es um die Inhalte, die als heilig angesehen werden, und das ist hier gleichbedeutend mit "wahr". Der heilige Gott hat gesprochen. Und zwar nur hier.
Lea, Du denkst ganz anders und bist vielleicht (glaube ich tatsächich) frei von dem, was ich gemeint habe. Aber der Missbrauch ist Tagesordnung. Ich kann selber etwas heiligen, ja. Tue ich vielleicht auch. Aber etwas als von einer unbekannten Instanz als "heilig" erklärt bekommen, da, wo ich nur aus Gehorsam oder Gehirnwäsche dazu gebracht werden könnte, es als heilig anzusehen (wo ich nicht widersprechen, nicht "nein" zu sagen darf) ist eine Gefahrenkeule. Und ist es seit mehr als tausend Jahren.
Danke für Eure Antworten!
Ich gehe in dem Fall in der Beantwortung mal rückwärts vor, weil sich das thematisch für mich praktischer bindet.
Alles, was ich hier schreibe, sind aber nach wie vor "tastende Gedanken", auch wenn sie schon seit einigen Monaten oder länger in mir rumschwirren.
Flat schrieb:Zusammengefasst: Es kommt darauf an, was man daraus macht.
Flat schrieb:Ich denke, das Problem ist nicht, ein Buch als heilig oder als einzig richtige Botschaft anzusehen.Ich würde Dir - auf der Ebene der Theorie - durchaus Recht geben. Ich hätte Dir vielleicht sogar noch vor einer Weile bezogen auf die Praxis Recht gegeben. Aber das tue ich jetzt nicht mehr.
Das Problem etnsteht erst dann, wenn Du das anderen Menschen ebenfalls als Ansicht aufzwängst.
Solange man dieses nur für sich so betrachtet, ist es kein Problem.
Nicht genau vergleichbar, aber in einem Punkt vergleichbar dennoch wäre die Aussage: "Wenn der Mensch gut wäre, könnte ein kommunistischer Staat funktionieren."
Der Vergleichspunkt liegt hier nur in der realen Einschätzung des Menschen.
Ich habe auf meiner langen Suche keinen, wirklich keinen Christen gefunden, der - wenn er die [b]Heilige[b] Schrift als Basis ansieht - nicht mit ihr seine Meinung begründet. Und damit die Schlussfolgerungen anderer Christen aus der selben Schrift für falsch erklärt.
Deshalb bin ich für mich zu der - vielleicht vorläufigen - Erkenntnis gekommen, dass es eine Art Bedürfnis christlicher Menschen gibt, eine Autorität anzuerkennen, die heiliger ist als andere und mit der andere Menschen oder zumindest Christen gemessen werden.
Für mich selber entsteht nicht erst das Problem, wenn man jemandem seine Ansicht "aufzwängt". Das tut bei uns ohnehin niemand, kann es auch gar nicht. Aber es verhindert den Gedanken, dass ich, wenn ich mit Nietzsche mehr anfangen kann als mit der Heiligen Schrift, mich nicht mehr als Christ sehen darf. Denn der Christ verpflichtet sich zumeist nach wie vor auf diese Heilige Schrift. Es wird gesondert, nicht vereint.
Und so bin ich dazu gekommen, das Wort "heilig" als Anlaufstelle für die Überlegung zu sehen, dass hier Irrationalismen verborgen sind, Restbestände des Urbedürfnisses, sich von anderen Autoritäten sagen zu lassen, was Sache ist.
Fritz7 schrieb:Wenn "Heilig" bedeuten soll dass die Bibel für Christen als Ganzes und in Teilen nicht krtikwürdig oder auch kritikbedürftig sei, DANN wäre sie zumindest für aufgeklärte Christen KEIN Heiliges Buch. Bibel enthält Erfahrungen, Überzeugungen und Gedanken von Menschen in bezug auf Gott.Ich selber würde hinzufügen: nicht in Bezug auf Gott, sondern in Bezug auf ihre Gottesvorstellungen.
Damit wäre aber das Buch seiner Heiligkeit entkleidet, denn auch Meister Eckhart schreibt über seine Gottesvorstellungen, auch der schon mal erwähnte Nietzsche, auch Goethe. Aber diese sieht man auf einer anderen Stufe als die Schreiber der Bibel. Auf Grund welcher Basis? Ich vermute eben: dass man der Meinung ist, dass die biblischen Schriften mehr von Gott geheiligt sind als andere Schriften. Dass dort also mehr "Gott" enthalten ist als in anderen Schriften, wo auch Gotteserfahrungen enthalten sind.
Wenn tatsächlich gesagt werden würde, und zwar von den Kirchen, dass die Bibel in Bezug auf Wahrheitscharakter mit allem auf einer Stufe steht, was Menschen für richtig halten, dann wäre keine Heiligkeit der Schrift mehr behauptet. Aber man liest in den Gottesdiensten nur die Bibel, auch bei aufgeklärten Christen (in meiner Studienzeit war das zeitweise anders, da wurden in Studentengottesdiensten auch andere Texte genommen).
Aber der Trieb nach einem "wahren Fundament" wuchert heute wieder ungebrochen, noch nie gab es so viele junge Christen, die darauf bestehen, dass nur die Bibel die Wahrheit über Gott sagt.
Und bei den sogenannten aufgeklärten Christen bin ich inzwischen auch nicht mehr so sicher. Letztlich ist für sie doch ausschlaggebend, was dort steht (auch wenn sie es umdeuten oder von mir aus auch erstmalig richtig deuten).
Zitat:Ich denke, die Bibel hindert ganz gewiss Christen weniger an Weiterentwicklung und glaubwürdigem Zeugnis als vieles andere im Kirchenmuff. Und ich hoffe sehr, dass uns die Bibel so erhalten bleibt als Kompass ...Der Kompass wird einem nicht genommen, wenn es kein heiliger Kompass mehr ist. Der Mensch hat dann die Wahl, welche Quellen er als für sich erhellend ansieht - nicht die Tradition, nicht das Glaubenszeugnis hat dann die Hauptstimme.
Kirchenmuff - mag sein. Aber es ist die Bibel, mit der strenggläubige Christen andere Christen erschlagen (geistig), immer und immer wieder die Bibel. Gäbe es sie (und andere heilige Schriften) nicht, gäbe es vielleicht mehr Frieden auf der Welt.
Aber ich kann auch anders formulieren: Weil der Mensch mit dem Frieden eventuell gar nicht klar käme, denkt er sich immer wieder Heilige Schriften aus, wodurch er sich von anderen abgrenzen, sich selber mehr in der Wahrheit fühlen kann.
Lea schrieb:Karla,Nur unsere heutige Zeit. Und ihr würde es bekommen - in meinen Augen.
hast du dir eine Kultur ohne Heiliges schon mal vorgestellt, rein theoretisch?
Zitat:Das Heilige oder Heiliges richtet Menschen auf, gibt Orientierung. Als ich deinen Beitrag las, dachte ich an die Naturvölker, z.B. an die Indianer, die ein ausgeprägtes Gespür und Achtung dafür haben, Heiliges als heilig zu bewahren.Ich kann nicht für andere Völker sprechen, nicht einmal für andere Religionen. Darum habe ich anfangs auch gesagt, dass ich nur das kommentieren kann, was ich von klein auf kenne.
Der Begriff "heilig" wird, glaube ich, von Dir hier anders benutzt als in der Wortverbindung "Heilige Schrift". Ich wollte "heilig" nur in dieser Wortverbindung und in diesem Sinne thematisieren.
Die Bibel mag bewahrenswürdig sein. Aber diesen Respekt vor alten Büchern haben auch ganz unreligiöse Menschen - ich kenne ein paar wenige bibliophile Menschen, die alte Bücher sehr sehr lieben und davor Respekt haben. Aber mir ging es um die Inhalte, die als heilig angesehen werden, und das ist hier gleichbedeutend mit "wahr". Der heilige Gott hat gesprochen. Und zwar nur hier.
Zitat:Heiliges kann von Menschen nicht vereinnahmt werden, steht nicht zu Verfügung, allenfalls als Geschenk.Das widerspricht gänzlich meinen eigenen Erfahrungen, Lea. Das sogenannte Heilige wird als Schlagkeule missbraucht. Wer die Bibel in den Augen der Gralshüter verletzt, deren sogenannte Heiligkeit verletzt, wird verflucht.
Lea, Du denkst ganz anders und bist vielleicht (glaube ich tatsächich) frei von dem, was ich gemeint habe. Aber der Missbrauch ist Tagesordnung. Ich kann selber etwas heiligen, ja. Tue ich vielleicht auch. Aber etwas als von einer unbekannten Instanz als "heilig" erklärt bekommen, da, wo ich nur aus Gehorsam oder Gehirnwäsche dazu gebracht werden könnte, es als heilig anzusehen (wo ich nicht widersprechen, nicht "nein" zu sagen darf) ist eine Gefahrenkeule. Und ist es seit mehr als tausend Jahren.