30-11-2007, 20:34
Moski schrieb:Lhiannon schrieb:@ Gardener und Moski
Melek lebt den Islam nach Menschenrechtsvorgaben. Was ist daran falsch?
Geht es darum, was Melek macht oder was die Ideologie des Islam darstellt?
Es geht darum, was Muslime aus den Vorgaben machen. Darum gehts bei jeder Religion, auch beim Christentum. Die, meist antiken Vorlagen der Religionen entspringen nunmal einer anderen Zeit. Wenn der Mensch, auch der Muslim (ist ja ein Mensch :icon_biggrin: ) das erkennt, ist der erste Schritt getan.
Zitat:Diskutieren wir hier das Verhalten eines einzelnen Menschen oder ein hochkomplexes Wertesystem?
Beides. Denn Religion ist das, was Menschen daraus machen.
Du läßt dich vor den Karren der Fanatiker und Konservativen des Islam spannen.
Du wirst ihr Büttel, anstatt nach neuen Wegen zu suchen.
Religion ist mehr als die Bücher derselben. Sie ist immer auch gelebte Spiritualität. Und man schließt diese Tore zu Gott nicht einfach so. Das hat man nie gemacht. Es ist schlicht unrealistisch. Unrealistisch ist es, dass 1,5 milliarden Muslime plötzlich ihre Religion verlassen und damit auch ihre Spiritualität und Rituale verlassen.
Eher wird sich die Ethik wandeln.
Dass Rituale sich verändern können berichtet Necla Kelek. Sie schreibt über das Opferfest ihrer Kinderzeit:
"Da wurden keine Tiere geschlachtet, sondern die Menschen mit anderen Dingen, als Fleisch, beschenkt. Meine Mutter holte immer ein Bettlerkind von der Straße, badete es und kleidete es neu ein."
Aber Kelek schreibt auch: Heute meint jeder wieder, Tiere schächten zu müssen. Istanbul ertrinkt zum Opferfest im Blut der Tiere und die Leute teilen nicht mehr, sondern sie bunkern das Fleisch für sich selbst und die Innereien und Gliedmassen der Tiere lassen sie auf den Schlachtplätzen zurück. D.h. in Parks, auf Spielplätzen und auf der Straße. Jeder versucht den anderen mit der Größe des Schlachtopfers zu übertrumpfen. "Seht her, dieses Jahr schlachten wir nicht nur ein Schaf, jetzt reichts sogar für ein Rind." Selbst Hürriyet verurteilte diesen Rückfall in den Blutrausch als barbarisch. Und fragt, wie sich die Türken, angesichts solcher Perversion in die EU einfügen wollen.
Im Islam gibt es ein Hinwenden zum ungeprüften Konservativismus. Doch viele Muslime springen auf diesen Zug nicht auf.
Es ist für sie selbstverständlich, dass Religion ohne Vernunft pervertiert.
Und ich gebe zu bedenken:
Selbst das Christentum hat jede Menge gelebter Spiritualität und Ritualleben von den römischen Heiden übernommen.
Um es anders zu sagen: Nach Mekka pilgert man wohl noch in tausend Jahren. Aber mit einer anderen Ethik im Herzen.
Die muslimischen Fanatiker unserer Tage stehen mit dem Rücken zur Wand. Den Koran kann man eben nicht wörtlich nehmen, denn er ist voller Widersprüche und falscher Annahmen.
Beispiel: Das Kind wird allein durch Sperma erzeugt (gezeugt), wobei das Sperma dem Kind und der Uterus dem Nest entspricht. Das ist eine antike Sichtweise, die mit den heutigen Erkenntnissen eben nicht zusammenpasst. Denk mal an Harun Yahia und seine Bemühungen aus koranischen Texten Erkenntnisse der modernen Wissenschaft vorweggenommen zu sehen.
Beispiel: Die im Koran erwähnte Trennung von Salz und Süßwasser deute auf die Strömungstrennung zwischen Mittelmeer und Atlantik hin. Die um so lustiger ist, als es eine solche Trennung garnicht gibt.
Der Koran wieß hier wohl einfach auf die Trennung von Salz- und Süßwasser hin. Salzwasser gibt es im Meer und einigen Seen. Süßwasser im Regen und in den Brunnen und Flüssen.
Yahias Bemühungen sind so borniert und oberflächlich, dass es schon wieder lustig ist.
Der Koran selbst erzwinkt eine verstandgeprüfte Sichtweise, denn wer ihn wörtlich nimmt, wird sich immer an den Widersprüchen und an seiner antiken Weltsicht reiben.
Das haben auch die Fanatiker längst gemerkt und sie versuchen krampfhaft die Lehre wieder in den Elfenbeinturm der Selbstverliebtheit zu sperren.
Die Fanatiker fürchten sich vor dem Durchbruch der Erkenntnis in ihnen, dass der Koran eben doch nicht das perfekte Buch und Konzept ist. Das macht agressiv. Denn hier findet ein Paradigmenwechsel statt.
Auch Europa hat eine blutigen Paradigmenwechsel hinter sich. Den Dreißigjährigen Krieg. Und der sich dahin aufschaukelnde Konflikt wurde von blutigen Maßnahmen begleitet. Ketzer wurden zuhauf verbrannt und auch die Hexenverfolgung nahm noch irrere Züge an. Selbst der Pabst sah sich gezwungen, die Paderborner zu verwarnen, denn deren Scheiterhaufen wurde nicht mehr kalt.
Und es war u. a. der Jesuit Friedrich Spee der diesem Irrsinn die Stirn bot.
Eines Tages wird vielleicht ein Ulema die Kehrtwende im Gelehrtenkreis einleiten.
Es werden später die Muslime sein, die die Menschenrechte hochhalten, den sie wissen was sie verlieren, wenn diese außer Kraft gesetzt werden.
Doch sie werden immer noch Muslime sein.
Und sie werden verteidigen, was ihnen von Muhammad versprochen wurde: Dass sich niemand, auch kein Priester, Pabst oder Ulema zwischen sie und Allah drängen darf.
Jeder Mensch kann sich heute mit dem Koran beschäftigen, denn er wurde in viele Sprachen übersetzt und jeder kann mitreden.
Die Zeiten, in denen man Menschen mit den Worten: "Du bist kein Gelehrter, du sprichst nicht arabisch" vom Studium abhalten konnte, sind vorbei.
Gruß
Lhiannon