09-09-2007, 14:38
Lea schrieb:Der Ursprung des Humanismus ist mir bekannt. Doch auch die Antike hatte ihre Götter und ergab diesen religiösen Humus, plus der Philosphie, welcher in Vielfalt und Blüte stand; d.h., der Humanismus baut(e) sich auf den verschiedenen Segmenten religiöser und philosopher Ideen auf. Hinzu kam aber auch das Segment "Mittelalter", was wiederum Anteil und historisches Fundament war, auch wenn Menschenbild und Gesellschaftsstrukturen völlig unterschieden waren. Aufbruch des Individuums in die Neuzeit.
Man sollte aber dabei bedenken, daß die Religion in der Antike nicht der Maßstab war, der sie in der Zeit des Christentums war. Die Darstellung von Legenden und Göttergeschichten sind in den seltesten Fällen wirklich religiöse zu verstehen, sondern sind Bilder für den Kampf gegen die Perser und ähnliches oder daß man Statuen von einem Tempel abmontiert hat und aus einem Kampf von Herkules und der Amazonenkönigin, den Kampf zwischen Kleopatra und Augustus machte. Und die Religion war in den höheren Schichten, vorallem im römischen Reich, aber auch in Griechenland, Kleinasien und anderswo eher ein Werkzeug als eine religiöse Überzeugung, die Religion war mehr ein Mittel an der Macht zu bleiben und die Plebs unter Kontrolle zu halten.
Die Philosphen waren in den seltesten Fällen besonders eifrige Anhänger, sie standen oft im krassen Gegensatz zur Religion (Atheisten, Agnostiker und Moralisten, die sich fragten, sollen wir unseren Kindern wirklich diese ganzen Geschichten erzählen, sind die nicht schädlich für die?) und die Herleitung von humanistischen Idealen wurden immer inspiriert von realen Zuständen und Beispiele und Bilder wurden immer direkt aus dem Leben gegriffen und nicht von religiösen Werken abgeleitet. Und selbst die Philosphen, die meinten die Götter könnten, interessieren gingen in ihrem Denken nie von religiösen Vorstellungen aus ( auch wenn Sokrates gerne erzählte, er fühlte sich durch Apollon dazu berufen), sondern immer von der Umwelt und leiteten ihre humanitischen Ansätze von der Vernunft (Sokrates) oder etwa der Gesellschaft (Sophisten)
Überhaupt spielt in der Antike die Religion in der Geisteswissenschaft eine untergeordnete Rolle bis gar keine Rolle, das ganze kam erst mit dem Christentum, wozu ja auch die Basis fehlte (universelle heilige Schriften oder so etwas) und die Götter- und Heldengeschichten haben dazu nicht viel genutzt. Genauso waren die wichtigen religiösen Ämter in der römischen Republik vor dem Gottkaiserreich nur ein Schritt auf dem Weg in den Senat und beschränkten sich in erster Linie sich an gewisse Regeln zu halten und ab und an ein paar Rituale oder Zeremonien durchzuführen. Wäre in der antike die Religion für die politische und geistige Elite so wichtig gewesen, hätte es bösen Ärger geben müssen, als Alexander zum Göttersohn ernannt wurde oder die römischen Kaiser den Kaiserkult schufen, um dem Imperium einen gemeinsamen Nennner, den Gottkaiser, zu geben, der das Reich als Symbol zusammen hielt.
Zudem ist der Humanismus nicht wirklich mit der Religion in Verbindung zu bringen, auch wenn einige idealitische Denker das in der Renaissance gemacht haben, da die Prinzipien des Humanismus unabhängig von der Religion sind oder einem Gottesglauben sind und die Religionen hier und da dem unabhängigen humanistischen Prinzipien wiedersprechen. Daher ja auch das Zeitalter der Aufklärung mit seinem Ideal alles im Namen der Menschlichkeit mit der Vernunft zu hinterfragen und der Vernunft entsprechend zu handeln, unabhängig von Vorstellungen, Vorurteilen und Ideologien und der daraus resultierende Widerstand gegen die Religion.
Die beste und klarste Vorstellung von Humanismus ergibt sich nur, wenn das ganze von Religion unabhängig bleibt un abhänigig von ihr gesehen wird und das ganze als kulturgeschichtliches Erbe gesehen wird, erzeugt von den idealitschen Bedürfnis einiger Menschen nach einer Art natürlichen, vernünftigen, friedlichen Miteinander zu streben, statt dieses schneller und einfacher durch religiöse Gebote, Bevormundung durch Gesetze oder Kult oder einem entsprechenden Staatssystem zu erreichen, das diese Ordnung durchsetzt, sonst würde man den Menschenrechten ihre universal verpflichtende Anerkennung nehmen und ihre Anwendung von der religiösen
Orientierung abhängig machen.
Das ganze soll jetzt keine Widerlegung deiner Meinung sein, sondern mehr zeigen, wieso ich mir es nicht verkneifen konnte, meinen Senf dazu zu geben und was man der ganzen Sache auch bedenken sollte.