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Wissenschaftliche oder gar historische Beweisführung
#18
(16-08-2025, 07:32)Ekkard schrieb: Es bleibt also die "unentwegte" Forderung nach "wissenschaftlichen oder historischen" Beweisen. Wenn jemand etwas ausdrücklich "annimmt", dann kann man dem folgen oder es bleiben lassen. Wenn aber etwas wie zum Beispiel die Existenz Gottes als wahr unterstellt wird, dann ist das zu beweisen in anderen Fällen zu begründen. Es kommt also auf den Kontext an.

Also immer schön unterscheiden zwischen "ich nehme an, dass ..." und "es gibt ...".
- "Ich nehme an ..." (und ähnliche Formulierungen) lässt deinem Gegenüber die Freiheit, dem zu folgen oder eben nicht.
- "Es gibt ..." (und ähnliche Formulierungen) muss bewiesen sein, anderenfalls ist das Behauptete nicht wahr.

@ Ekkard,

die "unentwegte" Forderung nach "wissenschaftlichen oder historischen" Beweisen, ist verständlich, deckt aber noch längst nicht alles ab - Icon_exclaim

Bei den reinen Mathematikern geht es z.B. um die Frage der Beweisbarkeit und der logischen Wahrheit und diese muss keine empirische Wahrheit sein! In den Naturwissenschaften ist immer die Beobachtung und das Experiment das Entscheidende, aus welchen man dann empirische Hypothesen aufstellen kann.

In der Mathematik dagegen reicht die >logische Wahrheit< völlig aus. Ein Beweis ist dann wahr, wenn er logisch wahr ist, unabhängig davon, ob man dazu irgendwelche Experimente in der Natur machen kann oder nicht.

Der Mathematiker Kurt Gödel wurde bekannt und berühmt dafür, dass er mit einem mathematischen Beweisverfahren zeigen konnte, dass kein Aussagen-System, ganz egal, wie mächtig es auch immer sein mag, in der Lage ist, alle Annahmen die es macht, aus sich selbst heraus zu begründen!
D.h., es wird mindestens eine Annahme geben, die das Aussagen-System nicht von sich heraus begründen kann und es deshalb eine Zusatzannahme bedarf, ein äußeres Etwas, das diese Annahme begründet. Die Theorie selber kann und wird es nicht schaffen.
K. Gödel, welcher sich u.a. mit den Grenzen menschlicher Erkenntnis beschäftigte und die Mathematik in eine Krise stürzte, konnte beweisen, dass es keine geschlossenen mathematischen Aussagen-Systeme gibt. Man kann also sagen, dass es keine "Weltformel" gibt. Dazu sei angemerkt, dass der besagte Mathematiker auch einen "Wiener Kreis" besuchte, in welchem die Vertreter versch. Wissenschaften meinten, man solle sich nur mit Fragen beschäftigen, welche beobachtet werden können. Der mutige K. Gödel war aber anderer Ansicht und wollte die Philosophie als Grundlage sehen, welche sich Fragen zuwendet, wie: Wie sollen wir leben? Was ist der Sinn des Daseins? Was ist der Geist? Was sind die Grundlagen des Erkennens?

Der besagte Mathematiker, der für die Wissenschaft lebte, hat einfach ausgedrückt, dass man nicht alles "beweisen" kann und nicht nur in der Mengenlehre gibt es unbeantwortete Fragen! 
Zudem hat K. Gödel unwiderlegbar gezeigt, dass, wenn man sich sinnvolle Grundannahmen wählt, es immer Aussagen geben wird, die man aus diesen Grundannahmen durch logische Schlussfolgerungen nicht herleiten kann! Wie also sollte man die ja nun nicht völlig unlogische Annahme eines "ersten Ur-Grundes" denn schon herleiten oder beweisen können!??   Icon_rolleyes

Es wird also immer Aussagen geben, die nicht zu beweisen sind. - Der Traum von einer widerspruchsfreien Mathematik war also ausgeträumt, denn K. Gödel hatte ihre Fundamente ins Wanken gebracht. Das betraf auch den "Glauben" von anderen Mathematikern, die "glaubten", irgendwann würde jede Frage zu beweisen oder zu widerlegen sein! 
So haben auch logische Systeme ihre Grenzen und auch die Mathematik (ohne die es ja keine exakten Naturwissenschaften gibt) bleibt unvollständig, weil es weiße Flecken auf ihrer Karte gibt.

K. Gödel hat mit seinem "Unvollständigkeitssatz" deutliche Grenzen aufgezeigt, die uns vermitteln: Es gibt Probleme, die wir niemals lösen können."

Er verteidigte aber auch, dass logisches Denken und Rechnen das Gleiche sind. Im menschlichen Rahmen ist es also möglich, zu beweisen und logisch zu widerlegen. Computer können zwar nicht denken, aber z.B. besser und weitaus schneller rechnen,  - doch leider können sie nicht alle Fragen der Logik beantworten.

Mathematik bleibt also ein "beschränktes" Menschenwerk, das aber immerhin so groß ist, dass es "erklären" kann, warum es so beschränkt ist.
Darüber darf und sollten sich nicht nur Forum-user Gedanken machen, vor allem dann, wenn die alte Forderung gestellt wird, es könne nur "wahr" sein, was "bewiesen" werden kann.

Die Naturwissenschaften sind zweifellos sehr erfolgreich, können auch beste Vorhersagen machen, die man messen und überprüfen kann. Ihre Daten allein reichen aber nicht aus, so wenig, wie die Karten in einem Kartenspiel. Man braucht Karten, die gemischt werden müssen und man braucht vor allem Spieler/innen! - Wenn das Spiel nicht stattfindet, kann gar nichts erkannt werden, was in den Gesetzen drin steckt. Und nicht die Regeln entscheiden, wie das "Spiel" läuft, sondern welche Karten man in der Hand hat. Mit falschen Karten wird man leider nicht gewinnen können!

Weder von Gläubigen, noch von Atheisten ist es zu viel verlangt, bei all den vielen Deutungen über die WELT auch diese Punkte gedanklich zu berücksichtigen - denn es gibt logische Wahrheiten, die unabhängig von uns existieren.

Jede Randbedingung ist nämlich der Tatsachenbestand der Wirklichkeit, - nämlich das, was so alles während der unzähligen vergangenen Jahre auf unserem Planeten bereits passiert ist. Die Randbedingungen sind nämlich der Tatsachenbestand der Wirklichkeit, die bei der Beschreibung eines Phänomens eine große Rolle spielen.
Die Randbedingungen sind aber kontingent - also zufällig oder möglich, aber nicht (wesens)notwendig. Diese könnten nämlich auch völlig anders sein ...   Icon_rolleyes

Den so viel strapazierten Begriff "Gott" können wir lediglich sprachlich umkreisen, und immerhin macht er ja einen nicht zu leugnenden Anteil des menschlichen Bewusstseins aus.

Diesen Begriff sollte man auch nicht als "Wahn" abtun, denn der Evolutionsbiologe R. Dawkins hat in seinem bekannten Buch lediglich den religiösen "Wahn der Kirchen" und die damit verbundenen Dogmen kritisiert.
Und das zurecht, denn die Weltreligionen können auf ihre Weise nur vom Menschen erkannte Teile der Wahrheit ansprechen. Ihr Fehler ist aber, zu meinen, damit schon das Ganze in ihren Händen zu halten.

G. Galilei meinte dazu: "Die Natur kann nur der verstehen, der ihre Sprache und die Zeichen kennengelernt hat, in der sie zu uns redet.
I.Kant meinte: "Ich behaupte, dass in jeder besonderen Naturwissenschaft nur soviel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden kann, als darin Mathematik enthalten ist."
Man beherrscht also nicht eher eine naturwissenschaftliche Theorie, bevor man nicht ihren mathematischen Kern herausgeschält hat.
Leider kann damit aber nun in keinem Fall die Frage nach dem WOHER des Seins und Daseins gelöst werden, welche ja nicht nur in diesem Forum stets gerne nach hinten geschoben wird. Der Grund ist klar: Man will sich die menschlichen Begrenzungen nicht ständig vor Augen führen!

Gruß von Reklov
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RE: Wissenschaftliche oder gar historische Beweisführung - von Reklov - 17-08-2025, 15:50

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