08-08-2025, 03:01
Ja, Kohelet spiegelt eine Phase der jüdischen Theologie, in der die Hoffnung auf eine persönliche Fortexistenz nach dem Tod noch nicht ausgebildet war. Der Gedanke einer "unsterblichen Seele" im platonischen Sinn war dem Althebräischen ohnehin fremd - es spricht von nefesch (Lebenskraft) und ruach (Geist), die nicht einfach mit der griechischen Vorstellung identisch sind. Aber selbst in Kohelet finden sich Fragen, die über das rein Diesseitige hinausweisen, etwa in 3,21: "Wer weiß, ob der Geist des Menschen nach oben steigt?" Diese rhetorische Offenheit zeigt, dass die Diskussion über das Leben nach dem Tod damals im Fluss war und Raum für unterschiedliche Hoffnungen und Deutungen ließ. Kohelet schließt eine jenseitige Perspektive nicht aus, sondern hält sie bewusst offen, um die Verantwortung für das Leben vor Gott im Hier und Jetzt zu betonen.
Historisch gesehen wurde die Vorstellung von einer Auferstehung der Toten und einem Leben nach dem Tod im Judentum erst später, besonders im Buch Daniel (Kapitel 12) deutlich formuliert
Historisch gesehen wurde die Vorstellung von einer Auferstehung der Toten und einem Leben nach dem Tod im Judentum erst später, besonders im Buch Daniel (Kapitel 12) deutlich formuliert