01-06-2025, 13:28
(01-06-2025, 12:53)Sinai schrieb:(01-06-2025, 08:05)dorjesempa schrieb: ... dass alle Phänomene durch abhängige Entstehung existieren – sie sind weder völlig unabhängig noch völlig nicht-existent.
Das klingt interessant und lädt zu einer Diskussion ein.
Was meinst Du mit der Wortfolge "abhängige Entstehung" oder könnte das eine unpräzise Übersetzung ins Deutsche sein ?
(01-06-2025, 08:05)dorjesempa schrieb: Ein berühmtes Gleichnis veranschaulicht den Mittleren Weg: Eine Saite eines Musikinstruments darf weder zu locker noch zu straff gespannt sein, damit sie einen harmonischen Klang erzeugt. Ebenso sollte man weder an extremem Materialismus noch an völliger Weltabgewandtheit festhalten.
Dieses Gleichnis ist banal, da es auf alles passt. Ein Lehrer darf nicht zu locker sein und nicht zu fordernd, das ist einleuchtend, gibt aber keine brauchbare Hilfestellung was er nun konkret unterrichten und prüfen soll. Sportliches Training soll anstrengend sein, aber nicht überlasten. Klar. Aber das sind Binsenweisheiten, die auch jeder Nichtsportler versteht. Man soll nicht zu wenig essen, und auch nicht zu viel
Nimm 10 Lehrer, ehrgeizige und faule, und jeder wird behaupten, dass er den mittleren Weg gehe
1. Abhängiges Entstehen ist doch ganz einfach:
Nichts entsteht aus sich selbst heraus, sondern aufgrund von Bedingungen.
2. Hat der Buddha etwa nur Banales von sich gegeben? Der Überlieferung nach stammt dieses Gleichnis von ihm.
Es ist eine große Kunst, die "richtige Spannung der Saite" hinzubekommen. Du scheinst es noch nie ernsthaft ausprobiert zu haben, doch lohnt es sich, das zu ergründen. Es ist ein sehr subtiler Vorgang und erfordert viel Fingerspitzengefühl. Es hat nichts mit meinen oder Deinen Lehrern zu tun, sondern mit einem inneren Prozess.
Diese Metapher stammt aus einer Lehrgeschichte über einen Mönch namens Sona, der sich in seiner Praxis zunächst überforderte und schließlich entmutigt war. Buddha verglich Sonas Situation mit einer Laute: Wenn die Saiten zu straff gespannt sind, reißen sie; wenn sie zu locker sind, erklingen sie nicht richtig. Ebenso braucht spirituelle Praxis weder übermäßige Strenge noch Nachlässigkeit, sondern ein ausgewogenes Maß an Achtsamkeit und Bemühung, ein lebendiger und zugleich äußerst anspruchsvoller Prozess.
Dieses Gleichnis ist eine Einladung zur Reflexion über das richtige Maß in verschiedenen Lebensbereichen—sei es in der Arbeit, in Beziehungen oder im Umgang mit sich selbst.