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Die Energieblindheit der Menschheit und die Zukunft der Zivilisation
#6
(18-11-2024, 15:09)petronius schrieb: das traurige ist, daß wir da gar nichts "übersehen" in dem sinn, davon keine notiz zu nehmen - sondern daß wir in bekannt schizophrener weise ja um beides, endlichkeit wie schädliche auswirkung fossiler energien, sehr wohl wissen - aber ausblenden, wenn entsprechend gegensteuerne maßnahmen unseren kurzfristigen wohlstand, also eigentlich unsere momentane bequemlichkeit, zu bedrohen scheinen

wir laufen also sehenden abgrunds auf den abgrund zu, einfach weil uns das laufen so viel spaß macht. ist das sinnvoll? natürlich nicht (außer kurzfristig für die profiteure dieses lemmingzugs). ist es rational? zumindest mittel- und langfristig keinesfalls

warum tun wir das dann trotzdem? hier kommt eben die menschliche psychologie ins spiel - wir sind einfach sehr gut darin, lamgfristige probleme zugunsten kurzfristiger vorteile auszublenden

...

meiner ansicht nach tun wir das bereits seit "zwei bis drei Jahrzehnten". und alle, die es wissen wollen, können das und tun es auch. aber bei den meisten, wenn nicht allen, ist der innere schweinehund der eigenen bequemlichkeit stärker. auch bei mir - ich tue einiges in sachen energiewende, aber nicht wirklich auf kosten meines eigenen komforts. das ist menschlich, auch wenn das objektiv und rational keine entschuldigung darstellt


Das hast du sehr gut formuliert und ich stimme dir weitestgehend zu. Vielleicht sollte ich den Begriff Energieblindheit dahingehend erweitern, dass es zwei Arten von Energieblindheit gibt. Es gibt auf jeden Fall die Leute, die das alles abstreiten oder die einfach nichts davon hören wollen. 

Der Grund dafür ist, dass die Erkenntnis unserer dramatischen Situation, was fossile Brennstoffe betrifft, eine der unbequemsten praktischen Erkenntnisse ist, die man in unserer Zeit haben kann. 

Was diesen Leuten entgegenkommt, ist, dass der tatsächliche Verbrauch der fossilen Brennstoffe nichts ist, was uns im Alltag begegnet, wenn wir die Zusammenhänge nicht sehen können oder wollen. Der Strom kommt aus der Steckdose, das Benzin aus dem Zapfhahn, das Wasser aus der Leitung. Wenn man da keine weiteren Fragen stellt, ist man energieblind im ersten Sinne - man sieht es wirklich nicht. Und die Politiker und Aktivisten, die darauf aufmerksam machen, werden eben als linksextreme Öko-Ideologen eingeordnet, die unsere Wirtschaft durch die Einführung der erneuerbaren Energien absichtlich an die Wand fahren wollen, warum auch immer (diese Meinung ist tatsächlich weit verbreitet, ob man es glaubt oder nicht).

Dann gibt es aber auch die Leute, und es wird heutzutage wohl die Mehrheit sein, die das Problem sehen und davon wissen, aber trotzdem nicht einsehen, dass man irgendetwas tun muss, weil dieses Problem nicht von alleine verschwindet. Während die erste Gruppe das Problem wirklich nicht sieht, streift sich die zweite Gruppe eine Augenbinde über und wird dadurch auf eine andere Art energieblind, nämlich durch Ausblenden des gesehenen Problems. 

Zu dieser zweiten Gruppe gehören wir jedoch mehr oder weniger fast alle - auch das ist eine bittere Erkenntnis. Ich wüsste nicht, was man machen könnte, außer als Eremit im Wald zu leben, um dieses System der Energieblindheit nicht zu unterstützen. In unserer westlichen Gesellschaft hat ein Kind im Alter von zwei Jahren, wenn man alles von Infrastruktur, Ernährung, medizinischer Versorgung, bis hin zu Spielzeug usw... zusammenzählt, schon so viele Rohstoffe verbraucht wie ein durchschnittlicher Inder mit 30 bis 40 Jahren. 

Wir sind dadurch, dass wir diesen Lebensstandard schon unser ganzes Leben kennen, süchtig danach, und man kann es uns, wie du ja selber sagtest, noch nicht einmal zum Vorwurf machen. Das ist menschlich und die natürliche Trägheit kommt noch dazu. Außerdem liegt der weitaus größte Teil des Problems ganz faktisch immer bei "den anderen". Was soll der Einzelne schon ändern? Usw... Man kennt das. 


(18-11-2024, 15:09)petronius schrieb: non sequitur. "technologischer und wissenschaftlicher Fortschritt" ist keineswegs zwingend an fossilenergien gebunden


Das sagst du so einfach, aber wir kennen bisher nur den wissenschaftlichen Fortschritt innerhalb des Systems der Ausbeutung der fossilen Brennstoffe. Vielleicht haben die Anfänge der Wissenschaft schon vorher stattgefunden, so wie ja auch die Anfänge der Technologie schon vor der industriellen Revolution lagen. 

Aber was in den vergangenen 200 Jahren in Sachen Fortschritt abgegangen ist, das stellt doch alles vorherige in einem unglaublichen Ausmaß in den Schatten. Und das exponentiell zunehmend. Der Bevölkerungswachstum ist ja auch genau seither eskaliert. Alle Kurven laufen in die selbe Richtung, ihr kennt sicher alle die Diagramme - Bevölkerung, Erderwärmung, Ressourcenverbrauch, globale Schere zwischen Arm und Reich usw... 

Im Übrigen trifft das selbe auch auf die Errungenschaften der Demokratie, der Menschenrechte usw. zu. Auch all dies kennen wir nur im Kontext der scheinbar endlos verfügbaren fossilen Brennstoffe als Grundlage für die Stabilität der Gesellschaft. Natürlich bedeutet dies nicht, dass die Verfügbarkeit von fossilen Brennstoffen für das Vorhandensein von modernen Demokratien und technologischem und wissenschaftlichem Fortschritt zwingend notwendig ist - ich sage nur, dass wir all dies bisher nur im Kontext der scheinbar endlosen Verfügbarkeit von fossilen Brennstoffen kennen

Und dabei hilft es auch nicht, dass wohl vielen oder gar den meisten Menschen von Anfang an irgendwie klar war, dass diese Party nicht endlos weiter gehen kann - das Verhalten zählt! Und verhalten tun wir uns seit eh und je so, als ob diese Party unser Naturrecht wäre. 

Natürlich kommt die Politik zumindest hierzulande langsam zur Besinnung - aber die Windräder "im Vorgarten" haben will dann auch keiner (und ja: ich auch nicht), weil sie die Landschaft verschandeln und andere Probleme mit sich bringen. Das ist eben das immer gleiche Problem. 


(18-11-2024, 15:09)petronius schrieb:
Zitat:Ich denke, man kann ohne Übertreibung davon ausgehen, dass - wenn dieses Szenario tatsächlich eintritt - wir in den nächsten 100 bis 200 Jahren eine Rückkehr der Menschheit so in etwa auf den Stand des späten Mittelalters erleben werden

ich denke, daß du da falsch denkst. also was den eintritt deines weltuntergangsszenarios betrifft wie auch dessen rasanten ablauf...


Wie ich schon zu Ulan gesagt habe, halte ich dieses Szenario für in keiner Weise "rasant", noch halte ich es überhaupt für ein Weltuntergangsszenario. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich viele andere Szenarien kenne, die wesentlich heftiger sind als das von mir beschriebene. 

Diese beziehen sich meistens auf die Auswirkungen der Erderwärmung auf das Artensterben und auf die Mikroorganismen im Humus und in der dünnen Schicht Erde, aus der alle unsere Nahrung kommt. Hier gibt es ein Szenario, das besagt, dass wir global noch 20 bis 30 Ernten haben, danach ist diese Bodenschicht so zerstört, dass keine Nahrung mehr angebaut werden kann (ich kann dazu - wenn Interesse besteht - auf entsprechende Vorträge bei YouTube verweisen, direkte Links sind ja hier meines Wissens nach unerwünscht). 

Verglichen damit - denn das ist wirklich ein Weltuntergangsszenario - ist ja das von mir beschriebene Szenario ein sehr gemächlich ablaufender, sich auf 200 Jahre erstreckender Veränderungsprozess, der natürlich auch katastrophale Begleiterscheinungen haben wird, jedoch nicht das Aussterben der Menschheit oder ähnliches enthält. 


(18-11-2024, 15:09)petronius schrieb:
Zitat:Aufwachsende Generationen werden sich sehr schnell an die neuere, simplere, mehr der Natur angepasste Umwelt gewöhnen, da sie nichts anderes kennen werden

das ist natürlich ein trugschluß. denn sie würden ja sehr wohl die zeiten ihrer jugend kennen, als alles noch besser war, und das leben als einzigen und unaufhaltsamen rückschritt erleben.

Eben das glaube ich nicht. Manche würden es so wahrnehmen, ja. Wieder andere würden die Rückkehr zur Natur feiern. Der Mensch passt sich unglaublich schnell neuen Gegebenheiten an und der blinde Wille zum Leben triumphiert auch über die widrigsten Umstände. Der verweichlichte, verwöhnte Mensch der Moderne sieht in technologischem Rückschritt nur Nachteile. Ich kann da durchaus auch Vorteile erkennen. Die Welt würde in diesem Szenario wieder simpler, einfacher, natürlicher werden. Keine absurden gesellschaftlichen und politischen Diskussionen über unbedeutende Kleinigkeiten mehr, keine dekadente Wohlstandsverwahrlosung mehr, keine ausgebuchten Psychotherapeuten mehr usw... Stattdessen echte Probleme, die echte Lösungen erfordern - einfach aus Lebensnotwendigkeit. Ich kann da nicht nur Zerfall erkennen, sondern auch ganz viel neues Aufblühen und neue - auch spirituelle - Chancen für die Menschheit.
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RE: Die Energieblindheit der Menschheit und die Zukunft der Zivilisation - von subdil - 18-11-2024, 18:08

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