07-06-2024, 16:59
(03-06-2024, 16:24)Felix schrieb: @subdil: Du schwärmst von Rudolf Steiner, der hier im Forum schon mehrmals ohne Resonanz genannt wurde. Ich habe die Anthroposophie bereits mit der Muttermilch aufgesogen, denn meine Mutter war 17 Jahre lang Mitglied und vererbte mir vor vielen Jahren u.a. ihren vollständigen anthroposophischen Büchernachlass. Als Kind nahm ich mit Begeisterung an der anthroposophischen Eurhyt(h)mie teil und wurde auch in den Religionsunterricht der von Rudolf Steiner inspirierten Christengemeinschaft (siehe Wikipedia) geschickt, der mir ebenfalls sehr zusagte. Dennoch wurde ich weder Mitglied der einen noch der anderen Gemeinschaft. Folge ist aber, dass es mich immer wieder einmal nach Dornach bei Basel zieht, um dort den Hügel zum "Goetheanum", dem Weltzentrum der Anthroposophie, wie ein Anthroposoph "hinanzuschreiten". Das dortige künstlerische Programm kann sich sehen und hören lassen.
Ein ausgewiesener Steinerexperte ist der Philosophieprofessor Karen Swassjan (siehe Wikipedia). Sein Buch "Rudolf Steiner / Ein Kommender" (2005) habe ich im Forum schon einmal genannt. Dessen letztes Kapitel trägt tatsächlich die Überschrift "Weltmacht Rudolf Steiner" (S.325), und gipfelt in den Sätzen: "Anthroposophie ist das persönliche Erlebnis Rudolf Steiners. Uns anderen ist sie aber objektive Weltoffenbarung." (Für mich allerdings nicht.)
Nach Erscheinen dieses Buches im Verlag am Goetheanum distanzierte sich der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in scharfer Form von diesem Buch als "Versuch einer Religionsgründung".
Interessant.
Also bei mir war es so, dass ich die Anthroposophie selber entdeckt habe, einfach im Zuge meiner allgemeinen Befassung mit Spiritualität und insbesondere der Frage, was nach diesem Leben kommt (und auch was vor diesem Leben war). Ich habe mich einfach schon immer mit diesen Themen befasst und ich bin allerdings ganz froh, dass ich Steiner erst entdeckt habe, als ich schon auf die 40 Lebensjahre zugegangen bin. Vorher hätte ich ihn garantiert abgelehnt, weil sein Stil, seine ganz selbstverständliche und logisch-rhythmische Wiedergabe von teilweise abenteuerlichen Ideen mir vor den Kopf gestoßen wäre. Und gerade das regt ja auch tatsächlich viele Leute auf. Man muss wohl für Steiner erst bereit sein, vorher kann man ihn nicht verdauen. Man könnte sogar sagen, dass man für Steiner eine neue Art des Lesens lernen muss. Also ich lese keinen anderen Autor so wie ihn. Ich nenne das für mich den Steiner-Modus, also einen speziellen Lese-Stil (und ja, ich wusste vor Steiner gar nicht, dass es nicht nur Schreib-Stile, sondern auch Lese-Stile gibt).
Dennoch sollte man natürlich kein Schwärmer werden, sonst landet man möglicherweise in den Reihen der bekannten Ver-Steinerten. Und seine Lehre als "objektive Weltoffenbarung" wahrzunehmen, ist mir schon alleine deshalb nicht möglich, weil mir seine Entstehungsgeschichte des Universums viel zu abstrakt ist. Was ist denn zum Beispiel ein Wärme-Kosmos?
Aber man muss ja auch nicht alles verstehen... 
