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Warum gibt es Leid und das Böse in unserer Welt?
(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: da gibt es diverse Literatur, ausser erzkatholischen Ursprungs natürlich. Hier zum Beispiel Karlhein Deschner. Er sagt, dass Konstantin das Konzil zu Nicäa einberufen und eröffnet habe. Er hat auch den Vorsitz geführt. Alle Kosten wurden vom Kaiser getragen. Aus dem Westen kamen allerdings nur fünf Personen ohne führende Stellung. Die Teilnehmer wurden mit gezücktem scharfen Schwert bewacht!! Lebensunterhalt wurde ihnen in reicher Fülle geboten aber Akten wurden keine geführt.

Ich wuesste nicht, inwiefern diese Darstellung der offiziellen Kirchengeschichte widersprechen wuerde?

(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: Auch wenn Konstantin, dieser Erzheide, die Sitzungen nicht leitete, so beeinflusste und bestimmte er sie doch. Er schlug eine Formel vor und setzte sie durch, was noch an der Synode von Antiochien 268 ausdrücklich als ketzerisch verurteilt wurde. Dem Kaiser ging es nicht um Einheit und im Streit der Priester sah er nur Starrsinn und verbat sich jede theologische Diskussion. Beschwerde- und Streitschriften der Bischöfe übergab der Kaiser ungeöffnet dem Feuer.

Hier wird's dann zweifelhaft. Es ging dem Kaiser natuerlich um Einheit. Er fand diese Streitereien ziemlich ueberfluessig. Anders als Du das darstellst, stand er uebrigens der origenistischen Partei am naechsten. Er war es auch, der Arius begnadigte.

Die Illusion, die hier vorherrscht, ist wohl, dass es damals so etwas wie eine einheitliche Kirche gegeben haette. Es gab Dutzende verschiedene "Christenheiten", die irgendwie unter einen Hut gebracht werden sollten.

(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: Konstantins Verhalten war nicht singulär. Die Kaiser entschieden nun über die Kirche - nicht etwa die Päpste. Seit Konstantin besteht die kaiserliche Synodalgewalt. Der Inhalt der Beschlüsse entspricht dem Willen der Kaiser.

Um es noch einmal zu betonen: die Paepste hatten keine Macht ueber die Kirche, Kaiser hin oder her. Die vier Patriarchen des Ostens hatten ein gleichberechtigtes Stimmrecht. Dass die Paepste im Westen so ungeniert walten konnten, lag daran, dass Rom dort die einzige Gemeinde mit "apostolischem" Hintergrund war. Im Osten sah das voellig anders aus; dort gab es viele Gemeinden, die ihre Gruendung auf Apostel zurueckfuehrten und sich aus dem Grund nicht viel sagen liessen. Die Zeit der Paepste kam, als die Kaiser im Westen ihren Einfluss verloren. Der paepstliche Fuehrungsanspruch, der vom Osten nie anerkannt worden war, fuehrte dann viel spaeter zum Grossen Schisma, das aber praktisch dann schon seit Jahrhunderten existierte.

Des weiteren muss man beachten, dass schon frueh viele christliche Kirchen dem Einfluss des Kaisertums vollkommen entglitten, z.B. bei den Konzilen von Ephesos 431 und von Chalcedon 451. Die Streitereien betrafen aber hauptsaechlich Kleinigkeiten.

(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: Die Folgen dieser verhängnisvollen Entwicklung ist, dass die Bibel einen bis heute andauernden Vertauensverlust erleidet. Anstatt aus den Ergebnissen zB Adolf von Harnacks die notwendigen Folgerungen zu ziehen, vermeint man den Schlüssel der Weisheit darin gefunden zu haben, die Bibel zu 'entmythologisieren'. Urheber davon ist R, Bultmann (1884-1976). Er 'befreite' das Evangelium von allen mythischen Zügen. Alles Übersinnliche ist für die 'kritische Schule' der modernen Theologie Legende - mit anderen Worten: Erfindung der frühen Christenheit.

Die "Erfindung der fruehen Christenheit" ergibt sich schlicht aus der Bibel selbst; da traegt kein Bultmann irgendeine Schuld. Dass das ach so geliebte, sehr spaete Johannesevangelium, das Produkt hemmungslosen Fabulierens ist, sollte jedermann, der sich die Entwicklung der Christologie von Markus ueber Matthaeus und Lukas hin zu Johannes anhand der Evangelien selbst klar macht, erkennen. Dass diese vier Evangelien so vollkommen unvereinbare Christologien enthalten, war ja das Problem, das die Trinitaet loesen sollte. Dass das Ergebnis unbefriedigend ist, kann ich nachvollziehen - ich halte diese Kopfgeburt fuer reichlich absurd - aber das war wohl der einzige Weg, wie alle Texte des NT-Kanons irgendwie als "richtig" erklaert werden konnten.

(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: Durch Preisgabe allen Mythischen wollte man den Kern der christlichen Botschaft für den modernen Menschen 'retten'. In Wahrheit hat die Entmythologisierung bewirkt, dass man nicht mehr weiss, was vom Inhalt des NT überhaupt noch geglaubt werden kann. Der modernen Theologie muss man vorhalten, dass sie auf weite Strecken die Bibel 'entgeistigt', also dem Materialismus unserer Zeit anheimfallen lässt.

Ich sag ja immer: wer die Bibel tatsaechlich liest und begreift, was da steht, verliert seinen Glauben. Es menschelt an allen Ecken und Enden. Ich stimme Dir voellig zu, dass dieser Ansatz von Bultmann, den Glauben durch Entmythologisierung retten zu wollen, nicht funktioniert. Dass Du stattdessen aber die Fabulierkunst noch weiter treiben willst, halte ich dennoch fuer den absolut falschen Weg.

(09-01-2024, 10:46)Farius schrieb: Rätselhaft ist, wie - angeblich - vernünftig denkende Menschen trotz diesem Wissen an diesen Beschlüssen festhalten können.

Die meisten Leute interessiert so etwas nicht. Die, die es interessiert, legen den Glauben meist ab. Der Rest - Leute wie Du - nehmen das als Berechtigung, ihren eigenen Glauben erfinden zu duerfen. Natuerlich darfst Du das, aber "vernuenftig" ist das letztlich auch nicht. Es ist mehr ein Wohlfuehlprojekt.


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RE: Warum gibt es Leid und das Böse in unserer Welt? - von Ulan - 09-01-2024, 13:21

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