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Die Askese und die Erl
#9
Bookster schrieb:Schließlich hat niemand das Recht, seine Moralvorstellungen auf andere anzuwenden.

Es geht hier aber nicht um das aufzwingen von Moralvorstellungen, sondern um grundlegende und allgemeine Fragen der Moral.

Ich mache mal ein einfaches Beispeil:

Ein Mensch tötet einen anderen Menschen. Es ist eine einfache Tat und doch verurteilen wir diese Tat als Mord (mit wenigen Ausnahmen wie z. B. Notwehr, aber lassen wir das mal aussen vor).
Wenn wir nun diesen Menschen gerichtlich verurteilen, zwingen wir ihm dann unsere Moralvorstellungen auf? Vielleicht, aber sie orientieren sich am Prinzip der Gerechtigkeit und ethisch, moralischen Grundkonsensen.

Und eines dieser Prinzipien ist die Unantastbarkeit der menschlichen Würde und seines Lebens.
Unantastbarkeit, das meint auch eine Unantastbarkeit durch die eigene Person. Niemand hat das Recht, die Würde des menschlichen Lebens zu verletzen.

Und die oben geschilderte Form des rituellen Sebstmordes ist nun einmal, beonders aber durch die grausame Art des Hungertods, eine Verletzung dieses Prinzips.
Ja es offenbart sich in diesem Ritual der angeblichen Selbsterlösung, die Verachtung des eigenen Leibes und Lebens, legitimert durch ein Streben nach transzendentaler Vollkommenheit.

Und deswegen ist jeder Selbstmord, und besonders der Rituelle, verwerfenswert und moralisch unhaltbar, wenn man an der unantastbaren Würde menschlichen Lebens festhalten will.

Mont_Blanc schrieb:In anderen ähnlichen Fällen, wo ein Mensch keinen Sinn mehr sieht weiterzuleben, kann man es niemandem übel nehmen wenn er sich hinrichtet.

Hier offenbart sich die zweite moralische Schwäche dieser Ideologie.
Die Akzeptanz, dass jeder das Recht habe sein Leben zu jeder Zeit selbst zu beenden und in den Tod zu gehen, führt unweigerlich dazu, dass man aktiv Hilfe unterlässt.
Letzlich hilft man den in seelischer Not befindlichen Nächsten nicht mehr, versucht ihn nicht mehr zu trösten, zu helfen und zu heilen, sondern man ignoriert seine Not in dem man ihn sich selbst und seiner Hilflosigkeit überlasst, die der Urgrund des Suizids ist ( zumindest wenn er nicht ritueller Natur ist, dann ist es Fanatismus).


Ich denke in diesem Zusammenhang kann man gut unterstreichen was die Glaubenskongregation der katholischen Kirche zur Euthanasie gesagt hat.

"Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie."

Da es sich hier um fundamentale Rechte handelt, die jeder menschlichen Person zukommen, darf man sich keineswegs auf Argumente aus dem politischen Pluralismus oder der Religionsfreiheit berufen, um die universale Geltung dieser Rechte zu leugnen.
[...] Selbstmord ist ferner oft die Verweigerung der Selbstliebe, die Verleugnung des Naturinstinktes zum Leben, eine Flucht vor den Pflichten der Gerechtigkeit und der Liebe, die den Nächsten, den verschiedenen Gemeinschaften oder auch der ganzen menschlichen Gesellschaft geschuldet werden - wenn auch zuweilen, wie alle wissen, seelische Verfassungen zugrunde liegen, welche die Schuldhaftigkeit mindern oder auch ganz aufheben können.
[...] Es muß erneut mit Nachdruck erklärt werden, daß nichts und niemand je das Recht verleihen kann, ein menschliches Lebewesen unschuldig zu töten, mag es sich um einen Fötus oder einen Embryo, ein Kind, einen Erwachsenen oder Greis, einen unheilbar Kranken oder Sterbenden handeln. Es ist auch niemandem erlaubt, diese todbringende Handlung für sich oder einen anderen zu erbitten, für den er Verantwortung trägt, ja man darf nicht einmal einer solchen Handlung zustimmen, weder explizit noch implizit. Es kann ferner keine Autorität sie rechtmäßig anordnen oder zulassen. Denn es geht dabei um die Verletzung eines göttlichen Gesetzes, um eine Beleidigung der Würde der menschlichen Person, um ein Verbrechen gegen das Leben, um einen Anschlag gegen das Menschengeschlecht. Es kann vorkommen, daß wegen langanhaltender und fast unerträglicher Schmerzen, aus psychischen oder anderen Gründen jemand meint, er dürfe berechtigterweise den Tod für sich selbst erbitten oder ihn anderen zufügen. Obwohl in solchen Fällen die Schuld des Menschen vermindert sein oder gänzlich fehlen kann, so ändert doch der Irrtum im Urteil, dem das Gewissen vielleicht guten Glaubens unter liegt, nicht die Natur dieses todbringenden Aktes, der in sich selbst immer abzulehnen ist. Man darf auch die flehentlichen Bitten von Schwerkranken, die für sich zuweilen den Tod verlangen, nicht als wirklichen Willen zur Euthanasie verstehen; denn fast immer handelt es sich um angstvolles Rufen nach Hilfe und Liebe. über die Bemühungen der Ärzte hinaus hat der Kranke Liebe nötig, warme, menschliche und übernatürliche Zuneigung, die alle Nahestehenden, Eltern und Kinder, Ärzte und Pflegepersonen ihm schenken können und sollen.


(Franjo Kardinal Seper in "Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie", 20. Mai 1980 unter Verlautbarungen des Apostolischen Stuhles 20, bei dbk.de)

Mfg Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Die Askese und die Erl - von Milarepa - 01-11-2006, 23:15
RE: Die Askese und die Erl - von waldnymphe - 02-11-2006, 08:29
RE: Die Askese und die Erl - von Milarepa - 02-11-2006, 10:42
RE: Die Askese und die Erl - von Bookster - 09-02-2007, 13:45
RE: Die Askese und die Erl - von Milarepa - 12-02-2007, 23:05
RE: Die Askese und die Erl - von Bookster - 13-02-2007, 13:56
RE: Die Askese und die Erl - von Mont_Blanc - 13-02-2007, 15:30
RE: Die Askese und die Erl�sung durch den Fastentod im Jainismus - von Alanus ab Insulis - 13-02-2007, 18:15
RE: Die Askese und die Erl - von Milarepa - 13-02-2007, 19:24
RE: Die Askese und die Erl - von Mont_Blanc - 13-02-2007, 22:12
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RE: Die Askese und die Erl - von Milarepa - 14-02-2007, 13:57
RE: Die Askese und die Erl - von Mont_Blanc - 14-02-2007, 15:50

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