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Was läuft bei dieser Menschheit falsch?
(05-02-2022, 10:24)Geobacter schrieb:
(05-02-2022, 04:14)Apollonios schrieb: Der Anfangsbeitrag dieses threads ist konfus formuliert, dennoch lässt sich mit etwas gutem Willen erkennen, was der Initiator der Debatte eigentlich ausdrücken wollte. Es geht nicht um das uferlose Thema, was "bei der Menschheit falsch läuft", sondern nur um die These, die Menschheit benötige die als Gott bezeichnete Instanz, um das Zusammenleben ethisch richtig zu gestalten - weil, wie hier erläuternd ergänzt werden müsste, die wissenschaftlich beschreibbare Natur diesbezüglich keine Vorgaben macht und machen kann, da sie nicht wertet, und damit (wie der Gedankengang lautet) eine quasi übernatürliche Instanz erforderlich wird,

Ja..bei schönem Wetter und strahlenden Sonnenschein. Wenn dann aber mal ein Unwetter aufzieht, vertrauen auch die Frommen doch meistens wieder lieber den Naturwissenschaften und dem Blitzableiter, der dann ebenso als "Höchstes" gedacht werden kann. Wenn Menschen sich einen Gott als Höchstes denken, um dann gekränkt und beleidigt zu sein, wenn andere Mitmenschen sich gar nicht dafür interessieren und sich was anderes denken, dann wird das Zusammenleben  oft ziemlich schnell "unethisch".
Beispiele aus der Menschheitsgeschichte und auch aus der Gegenwart, gibt es dafür ohne Ende.

Die eine "Naturwissenschaft", welche angeblich nur wertungsfrei die Natur beschreibt, gibt es auch nicht, Weil zum einen, schon eine solche Interpretation der Naturwissenschaften nur das vergleichende Werturteil einer sehr  vereinfachten Gegenüberstellung ist, und es zum anderen auch keine "die Naturwissenschaft" gibt, die unabhängig jeglicher menschlichen / subjektiven Interpretation für sich selbst dasteht. Die überwiegend große Mehrheit der Naturwissenschaftler aus allen naturwissenschaftlichen Fachbereichen, sind Menschen mit Gefühlen und Empfindungen. Gefühle und Empfindungen, denen gegenüber sich diese Naturwissenschaftler ihrer ethischen Verantwortung durchaus bewusst sind... Ein Gefühl der Verantwortung  das so manchem Gläubigen fehlt, der sich einen unbegreiflichen Gott als Höchstes denkt ...welcher die Natur als Ressourcenquelle und  grandiose Theater-Hintergrundkulisse seiner Baugefühle..... ausschließlich nur für ihn erschaffen habe.
Da Georg05 es nicht geschafft hat, sich verständlich auszudrücken, habe ich versucht, sein Anliegen so zu formulieren, dass es doch noch Ausgangspunkt einer vernünftigen Diskussion sein kann, sonst ist der thread ja Zeitverschwendung.

Es stimmt schon, dass die "Frommen" sich in der Regel bei einer Notlage lieber auf bewährte Mittel verlassen als auf ein Eingreifen des Höchsten zu ihren Gunsten. Das sagt aber nur etwas über ihre Lebenspraxis aus, nicht über die philosophische Tauglichkeit ihres jeweiligen Modells. Es trifft auch zu, dass viele von ihnen kein Verständnis dafür aufbringen, dass anderen ein religiöses Bedürfnis gänzlich fehlt und dass Ungläubige sehr gut ohne Religion auskommen. Ebenso fällt es aber auch vielen Nichtreligiösen schwer, Verständnis dafür aufzubringen, dass es so etwas wie ein religiöses Bedürfnis überhaupt gibt. Dieses wird dann auf Größenwahn, Narzissmus und dergleichen reduziert, was zwar manchmal zutrifft (etwa wenn Jesus sich als Richter der Menschheit sieht), aber keine allgemeine, das Gesamtphänomen Religion umfassende Erklärung bietet. Es besteht also auf beiden Seiten häufig ein Mangel an Verständnis für die andersartige Mentalität der Gegenseite. Entsprechend unergiebig sind dann einschlägige Debatten. Der homo sapiens ist ja generell geneigt, von sich auf andere zu schließen, und das führt in die Irre, wenn die anderen sehr anders sind. 

Zweifellos sind viele Naturalisten, ebenso wie viele Religiöse, sich ihrer ethischen Verantwortung bewusst. Das bezweifelt kein Unvoreingenommener. Die Ausgangsthese von Georg05, wonach ohne Gottesvorstellung die Ethik zusammenbreche und dann bei der gottlosen Menschheit alles "falsch läuft", trifft offensichtlich nicht zu. Es geht aber nicht um eine fruchtlose Debatte darüber, wie nützlich oder nutzlos Religion in dieser Hinsicht ist, denn der fundamentale Gegensatz im Weltverständnis liegt anderswo. Seine Ursache ist der Umstand, dass Ethik, egal wie hoch sie entwickelt ist und wie konsequent sie umgesetzt wird, nach naturalistischem Verständnis nichts anders ist als ein mentales Konstrukt, ein Produkt des menschlichen Geistes, das außerhalb von diesem, in der Außenwelt, in der Natur kein Korrelat hat. Soweit es sich nicht nur um angeborene, instinktive Verhaltensmuster handelt, hat aus naturalistischer Sicht der menschliche Geist sämtliche Werte, die es jemals gegeben hat und geben kann, ganz eigenmächtig erfunden, und daher kann er sie ebenso gut durch andere ersetzen oder einfach abschaffen, und dann existieren sie nicht mehr. In der Natur lässt sich ja nichts finden, was ihnen eine objektive Existenz zuweisen könnte. Im Gegenteil. Wenn also alle Werte nur subjektive mentale Produkte sind, abhängig vom jeweiligen Erzeuger und dessen Vorlieben, dann liegen sie auf derselben Ebene subjektiver Beliebigkeit wie ein religiöses Dogma oder Phantasiegestalten auf der Rückseite des Mondes.

Diesen Sachverhalt räumen Naturalisten auch ein, sie haben kein Problem damit und können sehr gut damit leben. Religiöse hingegen machen sich ein Problem daraus. Für sie ist eine objektiv fundierte Wertordnung essentiell. Sie bestehen darauf, dass Werte der subjektiven Beliebigkeit entzogen sein und objektive Geltung haben müssen, damit sie ernst genommen werden können. Das ist der Kern des religiösen Bedürfnisses. Da nun die empirisch erkundbare Natur diesbezüglich nichts hergibt, wird Religion eingeführt und für notwendig erklärt. Religion, auch in Gestalt einer religiösen Philosophie, ist der Faktor, der Werten - welche es auch sein mögen - Objektivitätscharakter verleiht und sie damit der reinen Willkür entzieht.

Dagegen kann der Naturalist einwenden, dass die objektive Fundierung von Werten auch nur ein mentales Konstrukt ohne Korrelat in der Wirklichkeit sei, also Wunschdenken. Unabhängig davon, ob das zutrifft, ist dieser Gedanke für den Religiösen ebenso inakzeptabel wie für den Atheisten die Idee, es könne einen herrschenden Gott geben, dem der Mensch unterworfen sei. Der Atheist hat das Bedürfnis, nicht mit Religion belästigt zu werden, und der Religiöse hat das Bedürfnis, für seine Werte eine objektiv existierende Grundlage zu haben. Soweit jede Seite sich damit zufriedengibt, ihr Bedürfnis befriedigen zu können, herrscht Frieden. Zum Konflikt kommt es, sobald eine Seite versucht, der anderen ihre Anschauung aufzudrängen mit der Behauptung, diese lasse sich als zwingend notwendig erweisen. Das hat Georg05 auf seine unbeholfene Weise probiert, und das Ergebnis ist dementsprechend.


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RE: Was läuft bei dieser Menschheit falsch? - von Apollonios - 05-02-2022, 18:13
RE: Was läuft bei dieser Menschheit falsch? - von Teudebrand - 07-02-2022, 06:13
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