(07-12-2020, 13:03)Urmilsch schrieb: Für alle Darwinisten folgende Fragestellung: Wäre nicht die Unsterblichkeit das Ziel eines jeglichen Wesens, wo doch das Leben in unserem bekannten Sinn das Maß aller Dinge und das Höchste eines jeglichen Wesens ist? Diese Entwicklung wäre doch aber nur dann nicht notwendig, wenn Urgrund des Wesens bereits unsterblich ist oder wie die Veden zu sagen pflegen: "Das Unsichtbare zeigt sich im Sichtbaren und das Unsterbliche im Sterblichen"
Wenn wir mal den Begriff "Darwinist" weglassen - Evolution ist schlicht eine erwiesene Tatsache dieser Welt, egal ob irgendwelche Leute damit hadern - dann muss man feststellen, dass die Frage am Problem vorbeigeht.
"Leben" ist nicht das "Mass aller Dinge" (was soll das ueberhaupt sein?), sondern die Feststellung eines Zustands, in dem das Zusammenspiel der elektrochemischen Prozesse eines Lebewesens einen gerichteten Austausch mit sener Umwelt erlaubt, oder, anders ausgedrueckt, lokale Ordnung durch Export von Entropie erzeugt wird. (Potentielle) Unsterblichkeit gibt es ja bei Einzellern, die zumindest nie an so etwas wie "Altersschwaeche" sterben, sondern sich schlicht immer wieder verdoppeln, allerdings oft mit kleinen Aenderungen. Tod gibt's da rein praktisch natuerlich auch, aber der kommt durch aeussere Umstaende. Und dieser letzte Punkt bringt uns zum Problem ewigen Lebens.
Der Tod ist naemlich die Loesung eines Problems, das jedes Lebewesen hat. Die meisten multizellulaeren Organismen, inklusive uns Menschen, haben den Tod einprogrammiert, damit wir irgendwann Platz machen fuer Neues. Ewiges Leben ist fuer jedes Lebewesen gefaehrlich, weil es den Status Quo einfriert und das Lebewesen unflexibel macht, sich an veraenderte Verhaeltnisse anzupassen. D.h., so wie die Umwelt sich laufend veraendert - oft genug in einem Wechselspiel aus relativ stabilen Phasen mit eher katastrophalen Umwaelzungen - muessen sich Lebewesen an diese Veraenderungen anpassen, und das koennen existierende Lebewesen oft nicht, aber ihre Nachkommen haben wenigstens eine Chance.
Aber auch in diesem Konzept steckt letztlich Unsterblichkeit. Wenn Menschen neue Kinder in die Welt setzen, haben sie ja kein neues Leben erzeugt. Diese Kinder sind entsanden aus den Keimzellen einer Frau und eines Mannes, und diese Keimzellen waren zu keinem Zeitpunkt tot. D.h., dieses Fortleben in unseren Nachkommen, das ich vorher schon angesprochen hatte, war keine poetische Lizenz; nein, wir leben auch aus recht woertlicher Sicht in unseren Kindern weiter, zumindest zum Teil. Leben ist eine ununterbrochene Kette, und auch die menschliche Keimbahn ist (wie immer potentiell) unsterblich.
D.h., die eigentliche Frage sollte das Ich betreffen, und da habe ich ja schon zuvor die Frage gestellt, was an diesem "Ich" so wertvoll ist, dass es bis in alle Ewigkeit bewahrt werden sollte? Oestliche Philosophien gehen ja, zumindest in einigen Varianten, durchaus davon aus, dass dieses "Ich" zumindest bewusst nicht ueberlebt (die Details bzgl. verschiedener Formen des Ichs will ich hier jetzt nicht eroertern) oder eh illusorisch ist.

