30-07-2020, 09:46
(29-07-2020, 23:02)Felix schrieb: Einstein hielt die Bibel für "eine Sammlung ehrwürdiger, aber reichlich primitiver Legenden". Den begeisternden Prediger, Missionar und Theologieprofessor Schweitzer beschäftigte sie das ganze Leben.
Schweitzer beschließt seine berühmte, voluminöse "Geschichte der Leben-Jesu-Forschung", in der er die Unmöglichkeit zuverlässiger historischer Aussagen bestätigt, mit einem eindrucksvollen Glaubensbekenntnis:
Schön, dass Du Albert Schweitzer ins Gespräch über Bibelsprüche bringst. Er und Einstein waren gar nicht so weit auseinander. Ich kriege heute noch so`nen Hals, wenn ich bedenke, wie ihm die Pariser Missionsgesellschaft in Paris als Theologieprofessor die Fähigkeit absprechen wollte, vor Schwarzen im Busch zu predigen. Er musste praktisch eine Art Untersuchungsausschuss über sich ergehen lassen, quasi ein Glaubensexamen abzulegen. Er lehnte das aber ab. Dafür musste er bei ihnen einzeln Klinken putzen und ihre Zustimmung zu seiner Tätigkeit in einer Missionsarzt-Station in Lambarene erbitten. Den Fundamentalisten der Gesellschaft war er immer noch eine zu große Gefahr für die primitiven Seelen der Schwarzen. Erst als er versprach, "stumm wie ein Karpfen zu sein" ließ man ihn gewähren. Gleichwohl trat ein besonders Strammer noch aus der Gesellschaft seinetwegen aus. Unglaublich für einen Mann, der Zeit seines Lebens auch die Mittel für die Station selbst aufbrachte.
Man stelle sich das vor: Einer der größten Theologen seiner Zeit sollte nicht mal in der Lage sein, primitiven Schwarzen das Richtige von Gott und Jesus zu erzählen! Gottseidank hat er dieses Versprechen in Lambarene nicht gehalten und mit jeweils 2 Dolmetschern seine einfachen Sonntagspredigten in der Erlebniswelt der Primitiven gehalten. Es ist interessant, Einzelheiten darüber- über seine schwierige Arbeit überhaupt - in seiner Autobiografie nachzulesen.
Diese Selbstgerechtigkeit des beginnenden 20. Jh. ist auch heute noch bei vielen Fundamentalisten zu beobachten. Er, Schweitzer, hielt es für falsch, den Jesus von vor 2000 Jahren als Lehrer und Heiland in unsere Zeit hineinzustellen. Und das tun Kleriker und Laien, wenn sie Bibelverse wörtlich in die heutige Sprache übersetzen.
"Er aber lässt sich mit allen Deuteln und aller Gewalttat in unserer Zeit nicht festhalten... Er kehrt in die seine zurück mit derselben Notwendigkeit, mit der das befreite Pendel sich in seine ursprüngliche Lage zurück bewegt..." (A.Schweitzer, Harald Steffans Autobiografie S. 126).
Genauso ist es mit dem Reich Gottes auch. Wir warten heute auf ein ganz anderes als die Menschen in Israel vor 2000 Jahren.
MfG