13-03-2020, 17:42
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-03-2020, 19:19 von Ulan.
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(13-03-2020, 15:01)edi schrieb: Ulan schreibt:
"Ja, aber das Problem wurde, wie gesagt, schon im 3. Jhdt. erkannt."
du verweist auf origenes und der wurde später exkommuniziert.
Nein. Es wurden zwar neun seiner Lehren spaeter als Ketzereien verdammt, aber ihm selbst wurde dieses Schicksal erspart. Er war bis zum Schluss fuer die Kirche taetig, obwohl er eine Menge Feinde hatte. Ihm blieb lediglich die Anerkennung als "Kirchenvater" verwehrt, wird aber als bedeutender Kirchenschriftsteller von den grossen Konfessionen anerkannt. An ihm geht im Prinzip kein Weg vorbei.
Die Querelen, die Origenes mit der Kirche hatte, beruhten, nebenbei erwaehnt, hauptsaechlich auf den magischen Faehigkeiten, die die Kirche dem maennlichen Sperma zuschreibt, und das er anscheinend nicht liefern konnte. Die inhaltlichen Auseinandersetzungen kamen mehrere Jahrhunderte spaeter.
(13-03-2020, 15:01)edi schrieb: für deschner ist origenes, einer der grössten Theologen überhaupt. "origens war in seinem praktischen leben, zwar ein Gegner des Heidentums, in der Theorie hingegen, hat er über Gott und die welt wie ein Grieche gedacht und die griechische philosophie der christlichen lehre unterschoben. die moderne Forschung bestätigt dieses urteil." (deschner)
Das kann man wohl so sagen. Ich habe nicht umsonst diese bestimmte Seite vom Johannes-Kommentar des Origenes verlinkt.
(13-03-2020, 15:01)edi schrieb: folgt man den Erkenntnissen der modernen bibelkritrik, wie sie auch heute noch der evangelische Theologe gert lüdemann publiziert, dann handelt es sich bei der Bibel grösstentels um Fälschungen. ("der grosse betrug - was Jesus wirklich sagte.")
das soll origenes schon damals erkannt haben?
Trotz aller Wertschaetzung des Herrn Luedemann, was sein Ziel angeht, so weiss auch Herr Luedemann nicht, "was Jesus wirklich sagte". Er ersetzt nur eine zweifelhafte Form der Theologie durch eine andere, nicht minder zweifelhafte.
Was Origenes damals erkannt hatte, habe ich oben zitiert (zumindest die zusammenfassenden Ueberschriften). Dass nicht alle Evangelien gleichzeitig woertlich wahr sein koennen, war jedenfalls ein Schluss, den er, mit vielen Beispielen untermauert, so geschrieben hat. Er spricht an der von mir verlinkten Stelle viele Probleme an, die auch auf diesem Forum schon heftig diskutiert wurden, wie z.B., ob die Tempelreinigung durch Jesu je so stattgefunden haben koennte (auch er kommt zu dem offensichtlichen Schluss: Nein!).
(13-03-2020, 15:01)edi schrieb: das Johannesevangelium gilt als weitgehend frei erfunden, eine besonders dreiste Fälschung, aber literarisch soll es trotzdem sehr geschätzt sein. das johannesevangelum schildert Jesus als wandelnden Gott auf erden, der in gebieterischer weise göttliche reden hält und der selbst am kreuz noch göttliche reden hält. ("es ist vollbracht")
nach seinen eigenen angaben wurde diese Evangelium nur deshalb geschrieben um die Göttlichkeit jesu zu erweisen. (joh 20,31)
wer meint, dass die Bibel überwiegend bloss ein Produkt literarischer phantasie sei, hat zwar recht, übersieht jedoch, dass dieses "buch der bücher" religiös, kulturell und politisch zu prägend geworden ist, dass man es einfach übergehen könnte.
Nun, Herr Deschner liebt es halt, solche Dinge drastisch auszudruecken. Das Johannesevangelium bestimmt hauptsaechlich heutige christliche Doktrin, weil es sehr viele apodiktische Aussagen macht (vor allem die angeblichen "Ich"-Aussagen Jesu), im Gegensatz zu den anderen Evangelien, die Dinge meist im Vagen lassen, so dass deren - im Prinzip oft entgegengesetzte - Aussagen weggeschwurbelt werden koennen.
Ansonsten hat sich auch die moderne Bibelforschung groesstenteils auf einen Grundkatalog von Szenen in allen Evangelien geeinigt, die sie fuer historisch wirklich haelt. Ich kann die dafuer angefuehrten Gruende auch nicht ganz nachvollziehen, aber zu guter Letzt haben wir es hier ja mit - meist glaeubigen - Theologen zu tun.

