(10-01-2019, 19:21)Bion schrieb:(09-01-2019, 11:47)Sinai schrieb: Natürlich konnte sie ihre Quellen nicht veröffentlichen. Wenn sie ein griechisches Buch eines zwar christlichen, aber in Ägypten studierten Mediziners aus Mesopotamien genannt hätte, der eine Bezeichnung aus dem Sanskrit erwähnte, und zwar für eine Medizin aus dem heidnischen Indien oder Südostasien, wäre sie verfolgt worden.
Diese Annahme ist reichlich abwegig.
Aëtios war Christ gewesen und hat sich Zeit seines Lebens innerhalb der Grenzen des Römischen Reichs, also in christlichen Landen, aufgehalten.
Hildegard selbst hat visionäre Erlebnisse als Ursprung ihres Wissens genannt. Man sollte ihr nicht unterstellen, sie hätte gelogen. Vielleicht ist an der Behauptung was dran, dass die Frommen im Paradies ein Getränk verabreicht bekommen, dem Kampfer beigemischt ist? Dazu würde eine Vision doch gut passen?
Ich respektiere Deinen Glauben
Zur Frage nach allfälligen alten Quellen:
(10-01-2019, 19:21)Bion schrieb:(09-01-2019, 11:47)Sinai schrieb: Nun kann man entweder glauben, daß sie ihr medizinisches Wissen von Engeln hatte - oder man kann glauben, daß sie es aus Schriften hatte.
Warum aber sollte man glauben, dass ausgerechnet Aëtios Quelle ihres medizinischen Wissens gewesen war? Hast das dazu was handfestes?
Gute Frage.
Wie ich schon andeutete, kann man all das heute nur mehr rekonstruieren:
(08-01-2019, 20:09)Sinai schrieb: Durch den Artikel in Meyers Großes Konversations-Lexikon, Leipzig 1907 können wir diese Zusammenhänge rekonstruieren. Es waren eben nicht die Engel, die Hildegard lehrten, sondern sie hatte in alten griechischen Schriften geschmökert.
Da ihren Zeitgenossen (Bauern, Arme, aber auch Bernhard von Clairvaux) die Wahrheit nicht zugemutet werden konnte (medizinische Rezepte aus Südostasien; das Wort Sanskrit durfte ebenfalls nicht erwähnt werden) erzählte sie halt liebenswürdige Legenden, die mit dem damaligen Zeitgeist kompatibel waren
Hier nochmal der alte Eintrag aus Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1907
den ich in Beitrag #1 zitiert hatte:
Lexikoneintrag zu »Kampfergeist«. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907
Kampfergeist (Kampferspiritus), s. Kampfer
Kampfer (Laurazeenkampfer, Japankampfer, Camphora), C10H16O
"Borneokampfer (Baroskampfer, Borneol) C10H18O findet sich in vielen ätherischen Ölen
In Europa war der K. im Altertum nicht bekannt. Aëtios aus Amida in Mesopotamien erwähnt ihn im 6. Jahrh. unter dem Namen Caphura (vom sanskrit. Kapūra, weiß) als kostbares Arzneimittel; die arabischen Ärzte des Mittelalters, Simon Seth um 1070 und die Äbtissin Hildegard um 1150 erwähnen dagegen den K., und zur Zeit des Paracelsus wurde er allgemein gebraucht."