07-01-2019, 05:08
(07-01-2019, 03:07)Noumenon schrieb: Den Begriff "gerichtet" hattest du ja zunächst auch ins Spiel gebracht:Folgendes Zitat war natürlich gemeint:
(05-01-2019, 22:55)Ulan schrieb: Na ja, auf "gerichtet" habe ich mich deshalb eingelassen, weil das als Aussage recht inhaltsleer ist.
(04-01-2019, 17:17)Ulan schrieb: "Die Evolution" denkt gar nichts. Sie ist kein Wesen, hat kein Ziel und ist nicht gerichtet.-
(05-01-2019, 19:47)Geobacter schrieb:Fast so, als würdest du der Zunahme der Weltbevölkerung mit dem Argument widersprechen wollen, dass es doch auch Regionen gäbe, wo die Einwohnerzahl abnimmt... Aber auf derartige Scheinargumente falle ich nicht rein.(05-01-2019, 06:15)Noumenon schrieb: Die Evolution denkt nicht... okay, einverstanden. Mit letzterer Aussage, dass die Evolution nicht gerichtet sei, schießt du aber weit über's Ziel hinaus. Selbstverständlich ist sie das. Trend geht bspw. in Richtung zunehmende Komplexität, Diversifizierung (im biol. Sinne) sowie eine effektivere Anpassung an sich dynamisch verändernde Umweltbedingungen. Daran ändern auch zeitlich-/räumlich-lokale Abweichungen nichts.Wenn die Evolution denn tatsächlich zielgerichtet auf eine Zunahme der Komplexität hin arbeiten würde, dann könnte man die ganze Evolutionstheorie getrost in die Tonne stampfen. Ganz einfach deswegen, weil die Evolution ausschließlich mit Variationen arbeitet, Und es da auch durchaus mal zum verkümmern von Überflüssigen kommt.

Inwiefern die Evolution nur mit Variationen arbeitet, ist mir nicht ganz klar bzw. zu vage. Grundlage der Evolution der Lebewesen sind mindestens vier Evolutionsfaktoren: Mutation, Rekombination, Selektion, Gendrift. Variation spielt bei allen eine große Rolle, aber nicht die einzige. Triebkraft der Evolution ist insbesondere die natürliche Auslese durch vorherrschende Umweltbedingungen. Und die wiederum unterliegen zwar einer gewissen Variation, sind aber nicht rein zufällig, geschweige willkürlich. Bspw. Stichwort "Constraints":
(06-01-2019, 01:35)Geobacter schrieb: Constraints begrenzen die phänotypische Evolution und wirken gleichzeitig richtungsbestimmend für deren Verlauf. Sie können physikalischer, morphologischer oder phylogenetischer Natur sein. Es werden äußere und innere Constraints unterschieden. Zu ersteren zählen Umweltbedingungen wie Klima, Geographie etc. Im letzteren Zusammenhang werden einerseits genetische Constraints genannt, etwa die Mechanismen der DNA-Reparatur oder Mechanismen der DNA-Entwindung bei der Transkription, andererseits existieren als innere Constraints die Entwicklungsconstraints. Conrad Hal Waddington nennt dieses Phänomen Kanalisierung.(Huch, und auch schon wieder so'n böses Wort: "richtungsbestimmend")
https://de.wikipedia.org/wiki/Constraint_(Evolution)
Letzteres Stichtwort Kanalisierung bezeichnet bspw. auch eine gewisse (phänotypische) Robustheit gegenüber der von dir genannten Variation, deren Spielraum also nicht auf allen Ebenen unermesslich ist.
Weiteres Stichwort wäre in diesem Kontext auch 'konvergente Evolution', d.h. die unabhängige Entwicklung analoger Organe bei verschiedenen Arten aufgrund ähnlicher Umweltbedingungen. Bspw. physikalische Umweltfaktoren oder -phänomene begünstigen* die Ausbildung entsprechender Sinnesorgane, über die ein gewisser Überlebensvorteil generiert wird. Bspw. die Entstehung von Sinnesorganen zur Wahrnehmung von Licht (Augen) ist nicht etwa einer zufälligen Entwicklung zu verdanken, sondern ist nur eine Frage der Zeit. Gleiches gilt etwa auch für die Entstehung komplexer Signalverarbeitungssysteme, angefangen bei den einfachen Netzen miteinander verbundener Neurone irgendwelcher Quallen bis hin zum äußerst komplexen Säugetiergehirn. Es sind also weniger bestimmte Genotypen, Phänotypen oder Morphologien (hier ist tatsächlich viel Spielraum für deine Variationen, was auch gut so ist), die im Laufe der Evolution früher oder später mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auftauchen müssen, sondern spezifische Funktionen und Fähigkeiten. Flugsauriern, Vögeln, Insekten und Fledertieren ist es nämlich ziemlich egal, wie ihre Flügel genau aussehen und welcher genetischen Kombination von Genen die Fähigkeit zum Fliegen letztendlich zu verdanken ist...
*d.h. machen es ziemlich wahrscheinlich