Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Kirchenaustritt und Kirchensteuer
#7
Danke für Deine Antwort.
Deine Antwort deckt sich ziemlich genau mit meinen Beobachtungen.
Allerdings sagen die mir bekannten Leute nicht, daß sie bei "Transparenz" wieder in die Kirche eintreten werden, um wieder steuerpflichtig zu werden. 

Ihnen ist die Steuer zu hoch bemessen - egal ob mit oder ohne Transparenz.

Und was hättest Du eigentlich von einer absolut transparenten und verständlichen Auflistung (die es ohnehin nie geben wird) wenn Du mit den Zwecken der Ausgaben nicht einverstanden bist?

Wenn beispielsweise gigantische Summen in den Erhalt von historischer Bausubstanz aus der verspielten Barockzeit draufgehen ?
Damals war die Handarbeit billig und es gab keinen Sauren Regen und keinen fetten Dieselruß

Heute ist der Erhalt dieser Museumsbauten extrem kostspielig und etliche Gläubige wollen nicht dafür aufkommen.

Anderes Beispiel: ich war vor einigen Jahren in Wien und habe Grinzing und den Kahlen Berg besucht.
Dabei fuhr ich mit dem Autobus auf die Höhenstraße
Dies ist eine Prachtstraße auf den Kahlen Berg, sie wurde vom Diktator Dr. Engelbert Dollfuß im Jahre 1934 errichtet.
Damals war eine Rekordarbeitslosigkeit aufgrund der Weltwirtschaftskrise von 1929
Um wenigstens irgend eine Arbeit zu schaffen, entschloß er sich zum Bau dieser Bergstraße. Und zwar aus Katzenpflaster. Lauter Steinwürfel mit einer Seitenlänge von 8 cm liegen da
Extrem arbeitsaufwendig !
Aber das war ja auch beabsichtigt, um die Arbeitslosen zu beschäftigen. Und die mußten ohnehin für einen Hungerlohn schuften. Zahllose hungernde Akademiker mußten mit ihren zarten Händen diese Steine dort auflegen

Nun wurde diese Höhenstraße sanierungsbedürftig, wie ich hörte. Die derzeitige Stadtregierung will aber kein neues Katzenpflaster haben.
Heute baut man so nicht !
Das wäre bei den heutigen Löhnen viel zu teuer und außerdem menschenverachtend. Kein Österreicher will kniend dort schuften, um eine Höhenstraße mit Katzenpflaster zu sanieren.
Daher wird diese Straße angeblich mit Asphalt übergossen werden.

Und die Chinesische Mauer wurde von Sklavenhänden gebaut und alle Generationen renoviert.
Es wäre irrsinnig, dieses Bauwerk heute erhalten zu wollen. Man kann nicht zu sklavereiähnlichen Zuständen zurückkehren, nur um derartiges zu erhalten. Soll es halt verfallen! 
Fünf Kilometer dieser Mauer wird man wohl aus musealen Gründen erhalten, mehr aber nicht.

Oder die City of London
Ein riesiges Baudenkmal mit verspielten Fassaden aus einer Zeit, als ein Heer von Restauratoren für ein Butterbrot arbeiten mußte.
Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei

Bei den alten Domen ist es ähnlich. Um diese verspielten Fassaden zu erhalten, gäbe es zwei Möglichkeiten:

1.) Man finanziert das wie bisher durch die Kirchensteuer. Hier geht aber langsam die Bereitschaft verloren
Denn die Zahl der Katholiken sinkt, die meisten wohnen in Außenbezirken und nicht in der unerschwinglich teuren Altstadt, besuchen daher nie Messen in diesen Domen, außerdem haben die Jungen schlechte Gehälter und müssen hohe Wohnungsmieten zahlen. Die fetten Jahre sind vorbei!

2.) Man schafft wieder eine Gesellschaft, in der ein Heer von Handarbeitern für einen Hungerlohn schuften muß.
Das ist unerwünscht


Wenn man sich einen Handwerker wegen einer kleinen Reparatur des verstopften Abflusses des Waschbeckens in die Wohnung ruft, kommt das sehr teuer. Da kann man sich vorstellen, was es kostet, auch nur einen einzigen Wasserspeier in 20 Meter Höhe auf der Fassade eines Domes fachgerecht zu renovieren. Fachgerecht heißt, daß kein Stein durch Frost herunterbrechen kann und einen Fußgänger erschlägt. Und das auf Jahre. Da darf nicht der geringste Harriß bleiben, der dann in zehn Jahren wenn das Baugerüst längst weg ist und keine Inspektion durchgeführt werden kann, durch Frostschäden zur Gefahr werden kann. Da muß sehr verantwortungsvoll gearbeitet werden (Meisterarbeit) und das kostet. Und ein Dom hat zahllose Wasserspeier, Skulpturen, Zinnen, Säulen
Eine astronomisch teure Liebhaberarbeit alle paar Jahre

Diese schönen alten Baudenkmäler sind längst eine Bürde für die Katholiken geworden
Die Selbstverständlichkeit, mit der Katholiken dafür zu zahlen bereit sind, geht allmählich verloren

Der Katholik will nicht Kunstmäzen sein und ist mit der Höhe der Kirchensteuer zunehmend uneins
Viele zahlen noch murrend, aber murren tun schon alle!
Immer mehr treten aus der Kirche aus, um der Steuerpflicht zu entgehen.

Man soll den Teufel nicht an die Wand malen, aber hohe Baukosten waren schon einmal der Grund für eine Kirchenspaltung.
Der Bau des Petersdoms in Rom verschlang derartige Summen, daß die Kirche daran zugrunde ging.

Damals finanzierte man durch Ablaßhandel. Das Geschäft mit der Angst. Mit der Angst vor Höllenstrafen.
Wohin dieses Geschäft mit der Angst führte, wissen wir.

Heute operiert man mit der Steuerbehörde
Und immer mehr Katholiken treten aus der Kirche aus, um der sonst unentrinnbaren Steuerpflicht zu entgehen.
Und besuchen dennoch die sonntäglichen Gottesdienste und singen dort mit, hören Bibellesung und Predigt und gehen zur Kommunion

Sie treten nicht aus innerer Feindschaft zur katholischen Religion aus, sondern lediglich aus steuerrechtlichen Gründen

Ich bin gespannt, wie die Kirche auf dieses anwachsende Phänomen reagieren wird

a) Wird sie Mitgliederlisten beim Kirchentor auflegen? Und jeder der die Messe besuchen will, muß sich mit Lichtbildausweis legitimieren? Ein Ding der Unmöglichkeit. Denn wenn die Messe um 10 Uhr beginnt, kommen 90 % der Meßbesucher in den zehn Minuten von 9:58 und 10:08
Da kann man keine Menschenschlangen vor dem Kirchentor provozieren, wo dann der letzte erst um 10:20 in die Kirche darf

b) Abgesehen davon - was passiert mit den Touristen, die am Urlaubsort zur Messe gehen wollen ?
Oder mit Familien die zu Weihnachten zur Oma reisen ?
Sie dürften nicht hinein, weil sie nicht in der Liste der Pfarre aufscheinen. 
Sie müßten sich durch einen Mitgliedsausweis legitimieren, der aber nur durch eingeklebte Mitgliedsmarken gültig ist, denn sonst können ja auch die Leute nach dem Kirchenaustritt hinein. Extremer Verwaltungsaufwand mit den Mitgliedsmarken. 

Ein administrativer Wahnsinn, wie man es auch betrachtet.
Wird die Kirche in den Atavismus der Drohung mit Höllenstrafe drohen ?
Wer austritt bekommt kein kirchliches Begräbnis und landet in der Hölle ?
Die Hölle als Druckmittel hat aber schon beim Ablaß zur Finanzierung des Petersdoms die Kirche ruiniert 

Dazu kommt, daß heute die meisten Katholiken nicht mehr an die Hölle glauben. Da müßte die Kirche einen massiven Paradigmenwechsel machen und jahrelang massiv Höllenängste schüren. 
Ein heute schwer vorstellbarer Atavismus, der die moderne Kirchenpraxis in Frage stellen würde, ein Richtungswechsel um 180 Grad
Da wäre ein Drittes Vatikanum erforderlich

Alles unvorstellbar, somit wird alles bleiben wie es ist.
Wer nicht zahlt, kann trotzdem am Gottesdienst teilnehmen

Hier geht die Kirche einem nicht zu unterschätzenden neuen Problem entgegen:
Neu insofern, daß nicht unchristliche Leute austreten, sondern neuerdings auch gläubige Katholiken die freudig weiter regelmäßig die Sonntagsmessen besuchen

Solange das ein ganz kleiner Prozentsatz ist, kann darüber hinweggesehen werden - aber wenn einmal ein kritischer Prozentsatz erreicht ist, werden die zahlenden Katholiken auch das Handtuch werfen

Niemand hat Zahlen, nicht einmal Schätzwerte. 
Schließlich weiß niemand, ob der liebe Herr mit Schnurrbart und Brille mit dem weißen Hemd in der 3. Reihe links ein Zahler ist oder nicht. Er kann ja auch zu einer anderen Pfarre gehören, aber aus irgendwelchen Gründen die Messe hier besuchen.
Aus Gründen der Uhrzeit (zu früh / zu spät), wegen der Rhytmischen Messe die er liebt oder verabscheut, wegen der üppigen Geigenmusik die er liebt oder verabscheut, Predigt und Liturgie zu konservativ oder zu progressiv, wegen des Vorhandenseins oder des Nichtvorhandenseins weiblicher Ministranten, wegen des ihm sympathischen oder unsympathischen Pfarrers etc etc etc
Viele Leute gehen regelmäßig zu Sonntagsmessen in anderen Pfarren, zu denen sie eigentlich distriktmäßig nicht gehören. Aber jeder Mensch hat das Recht selbst zu entscheiden wo er die Messe besucht, und das ist auch sehr im Interesse der Pfarren, daß niemand dort sitzen muß wo er sich nicht wohl fühlt und womöglich zu kritisieren beginnt. Kein Mensch hat den Überblick wer der vielen Anwesenden Zahler ist und wer ausgetreten ist.
Sind derzeit 0,5 oder 1,5 Prozent der Gottesdienstbesucher Nichtzahler ? 

Und wo wird die kritische Grenze sein ?  Bei dreieinhalb oder erst bei fünf Prozent ??
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Kirchenaustritt und Kirchensteuer - von Sinai - 11-08-2018, 20:36
RE: Kirchenaustritt und Kirchensteuer - von Sinai - 12-08-2018, 22:08

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Kirchenaustritt Wilhelm 78 78710 13-03-2015, 23:37
Letzter Beitrag: Ekkard
  Kirchensteuer sparen: online evangelisch werden! Frank09 2 5637 03-10-2011, 11:05
Letzter Beitrag: Pravoslav_Bonn
  Kirchensteuer zum Schmunzeln Dieter 2 5853 20-11-2003, 18:15
Letzter Beitrag: Gerhard

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste