(11-08-2018, 20:36)Sinai schrieb: Ich möchte gerne folgendes Phänomen diskutieren:
Ich kenne schon mehrere gläubige Katholiken, die aus der Kirche ausgetreten sind, und ihren katholischen Glauben weiter aktiv praktizieren.
( . . . )
Sie gehen weiterhin jeden Sonntag zur Messe, singen mit, hören Bibellesung und Predigt, gehen zur Kommunion. Sie sind ja nicht durch eine Schleife gekennzeichnet.
Ich wollte eigentlich primär das Phänomen diskutieren, daß immer mehr gläubige Katholiken aus der Kirche austreten aber dann weiter ihren katholischen Glauben aktiv praktizieren.
(Ein nur äußerlicher Austritt, um eine gewünschte Rechtswirkung - Ende der Kirchensteuerpflicht - zu erreichen, aber dennoch praktizierende Katholiken bleibend)
Diese Menschen verbleiben offenbar trotz formellem Austritt ihrem katholischen Glauben, so wie sie ihn als Kind kennengelernt haben, eng verbunden.
Das Gegenteil von "Papierchristen" eigentlich.
Während es früher viele Papierchristen gab (Leute, die längst nicht mehr glaubten, aber aus gesellschaftlich/beruflichen Gründen in der Kirche verblieben) sind die "Papieraustritte" das genaue Gegenteil:
Aus steuerrechtlichen Gründen unterschreiben sie einen Zettel "Kirchenaustritt" und haben von nun an Ruh von der Kirchensteuer, sind aber aktiv praktizierende Katholiken geblieben.
Das ist ein spannendes Phänomen.
Abgesehen davon kenne ich tatsächlich mehrere Leute aus dem Osten (Polen etc) die vor 20 Jahren in den Westen kamen, längst hier wohnen, brav hier arbeiten, gläubig sind, jeden Sonntag in die Kirche gehen, aber auf amtlichen Formularen die Religionszugehörigkeit verschweigen, bloß um nicht kirchensteuerpflichtig zu werden.
Wenn man so will, sind das liebenswürdige "Schwarzfahrer", die ohne zu zahlen die Sonntagsmesse besuchen, die Orgelmusik hören, mitsingen, Bibellesung und Predigt genießen, zur Kommunion gehen
Ich denke, sie sind eigentlich wertvoller als die zahlenden "Papierchristen"
Meines Erachtens ist es nicht mehr zeitgemäß, die Kirche durch eine Kirchensteuer zu finanzieren.
Denn die Steuerbehörde kann das religiöse Verhalten / den wöchentlichen Meßbesuch nicht kontrollieren.
Der politische Katholizismus (Einfluß auf die Gesetzgebung im Familienrecht) hat sich vor Jahrzehnten selbst aufgegeben und die Kirche wurde eine reine Event-Veranstaltung für die immer weniger Leute bereit sind, so viel zu zahlen, wenn auch gratis geht.
Dieses Phänomen beobachte ich zunehmend auf Schritt und Tritt. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich ausgedrückt habe. Es geht mir nicht um die Frage der Kontrolle was mit dem Geld geschieht.
Das ist ein anderes Thema, das wahrscheinlich in 20 Jahren noch immer ungelöst sein wird.
Es geht mir um die prinzipielle Frage, daß nicht wenige praktizierende Katholiken offiziell längst aus der Kirche ausgetreten sind, sich nichts anmerken lassen und gläubig in der Messe sitzen.
Während es das meine Erachtens vor zehn Jahren noch nicht gab, sind es heute schon einige in meinem Umfeld und die Zahl steigt
Früher gab es auch Kirchenaustritte, aber diese Leute waren dann der Kirche feindlich gesinnt, gingen nie mehr in die Messe.
Heute gibt es Kirchenaustritte, wo die Leute fröhlich weiter in die Messe gehen
Zusammenfassung:
Früher gab es aus finanziellen Gründen "Papierchristen", heute gibt es aus finanziellen Gründen das Gegenteil "Papieraustritte"