(07-06-2018, 13:42)Kreutzberg schrieb: Guten Tag,
... das Machtwort in der Streitsache (Zulassung von Evangelen bei der Eucharistie) hatte überrascht, weil bisher der Papst eine eigene deutsche Lösung ja wohlwollend gegenüberstand. Ich kann mir ehrlich gesagt aber nicht vorstellen, dass dieser Punkt zu einem dauerhaften Disput führen wird, weil die Neuordnung der Großgemeinden und damit der Zukunft der Deutschen Kirche mehr und mehr in den Mittelpunkt rückt. Das Thema steht bestimmt nicht im Vordergrund der katholischen Agenda-Rangfolge.
Der Papst hat derzeit einen schweren Stand. Die konservativen Kraefte haben ihn mittlerweile in eine Ecke gedraengt, wo er ihnen mehr oder weniger folgen muss, um die Kirche nicht komplett zu zerreissen. Insofern kommt sein ploetzliches "Umdenken" fuer mich nicht ueberraschend.
(07-06-2018, 13:42)Kreutzberg schrieb: Ich kann mir insbesondere auch nicht vorstellen, dass von dieser Regelung besonders viele Christen betroffen sind ...
Die Zahl interfkonfessionller Ehen ist in Deutschland traditionell sehr hoch, auch wenn ich da jetzt auf die Schnelle keine konkreten Zahlen gefunden habe. Meine Eltern oder die Eltern meiner ehemaligen Lebensgefaehrtin lebten beide in gemischt-konfessionellen Ehen. So einige von Deutschlands Bevoelkerungsschwerpunkten liegen in gemischtkonfessionellen Gegenden.
Ich sehe die Entscheidung uebrigens besonders problematisch, da die katholische Kirche im Normalfall die gemischtkonfessionellen Eheleute sogar zwingt, nach katholischem Ritus in der katholischen Kirche zu heiraten und sich gleichzeitig zu verpflichten, die Kinder katholisch zu erziehen. Da dem evangelischen Ehepartner die Kommunion im gemeinsamen Kirchbesuch zu verweigern, ist ein wenig schaebig. Dadurch soll weiterer Druck ausgeuebt werden, den Ehepartner zur Konversion zum Katholizisimus zu bringen.
Das Paar kann das zwar ignorieren und evangelisch heiraten, aber das wird von der katholischen Kirche nicht als Ehe anerkannt. Der katholische Ehepartner kann sich sogar dann, mit Billigung der katholischen Kirche, scheiden lassen, zur Busse ein paar Rosenkraenze beten, und dann noch ein zweites Mal kirchlich in der katholischen Kirche einen anderen Partner ehelichen. Genau so ein Fall ist in meiner Familie bei einer dritten interkonfessionellen Ehe tatsaechlich passiert. Der Bruder meiner ehemaligen Lebensgefaehrtin hat zwei Mal kirchlich geheiratet, das erste Mal evangelisch mit seiner ersten Frau; er verliebte sich dann in die beste Freundin seiner Frau, liess sich mit (katholischem) Dispens scheiden, wobei er Frau und Kind verliess, und heiratete erneut in einer sehr schoenen katholischen Kirche. Da die erste Frau nicht katholisch war, war auch katholische Moral nicht mehr gefragt. So dehnbar werden angeblich unverrueckbare Grundsaetze, wenn's um das Werben neuer Schaeflein geht.
Im Prinzip ist das ein Problem der ganzen Oekumene. Da die protestantischen Kirchen fuer die katholische Kirche rechtlich nicht existieren, bleibt die Oekumene in gewissem Sinne eine Luftnummer.

