(07-08-2016, 18:37)Chrischi schrieb: Dass im Islam der Engel Dschibrīl (»Gabriel«) irrtümlich mit dem »Heiligen Geist« identifiziert wird, ist mir
Einen Zusammenhang scheint es hier dennoch zu bestehen. Der Engel des Herrn, Gabriel, brachte Maria die Botschaft, er ist also wie im Islam ein Überbringer. Im Christentum wird das Wort Gottes demjenigen überbracht, der das "Medium" für das Wort Gottes darstellt. Im Christentum ist das Maria, durch die das Wort Gottes physische Gestalt (Jesus) annimmt. Im Islam ist es Mohammed, durch den das Wort Gottes physische Gestalt (Qur'an) annimmt. In beiden Momenten spielt das Numinose beim Empfang der Botschaft eine bestimmte Rolle. Es gibt also durchaus eine Verwandtschaft zwischen dem Engel Gabriel und dem Heiligen Geist. Man muss auch beachten, dass der heilige Geist als Person erst sehr spät ins Christentum Einzug hielt, vorher war er eher unpersönlich und man sprach von "heiligen Geist". Heiliger Geist kann ja durchaus auch eine Verbindung zwischen Engeln und Gott sein und dort wehen, wo Engel eine Botschaft überbringen.
(07-08-2016, 19:14)Chrischi schrieb: Es taucht zwar nirgends im NT eine ausdrückliche Ausformulierung der Trinitäts-/Dreieinigkeitslehre auf; doch dreigliedrige Formeln, die von Gott, dem Vater, dem Herrn Jesus Christus und dem Heiligen Geist sprechen und die Wirkungsweisen dieser Personen der Gottheit als in untrennbarer Beziehung zueinander stehend darstellen, gibt es zahlreiche (Mt 28,19; 1Kor 12,4–6; 2Kor 13,13; Eph 4,4–6 u. a.).
Das könnte nur dann gelten, wenn die Trinität an sich nur eine Dreigliedrigkeit wäre. Die Trinität ist aber eine spezifisch definierte Dreigliedrigkeit, die sich durch Abgrenzung von anderen Dreigliedrigkeiten definiert (Tritheismus vs. Trinität), weshalb "Dreigliedrigkeit" nicht ausreicht. Dass es sich um Personen handelt, ist Ergebnis theologischer Reflexion, aber nicht in dieser Form offenbart.
Zitat:Das ist eine Feststellung im Hinblick auf das Wesen Gottes, nicht eine Verneinung der Göttlichkeit Jesu Christi.
Es ist aber auch keine Behauptung oder Bestätigung der Göttlichkeit Jesus. Man muss die Bibelstelle schon arg umdeuten, um an dieser Stelle zu ignorieren, dass Jesus auf Gott verweist. Unbeachtet dessen ist natürlich offensichtlich, dass sich der Mann den Weg ins Himmelreich leicht machen wollte und Jesus deshalb vorerst auf die Gebote verwies. Es gibt aber keinen Grund zur Annahme, dass Jesus mit "Niemand ist gut außer Gott" nicht auch gesagt hat, dass er nicht Gott ist. Alles andere ist freie Deutung.
Zitat:Vom gesamten neutestamentlichen heilsgeschichtlichen Kontext her betrachtet, bestätigt Jesus hier, Gott zu sein.
Das ist schon eine sehr freie Umdeutung. Der Text gibt das nicht her. Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass wer einräumt, dass ein Mensch Gott ist, das unmöglich nur auf Jesus beschränken kann. Denn die Gottesschaft des Sohnes ist eine Deutung durch die Kirche, die nicht aus Jesus Aussagen selbst hervorgeht. Wenn aber die theologische Reflektion meint, in diesem Menschen Jesu Gott sehen zu können, gibt es eigentlich keinen Grund, diese Annahme nicht auf alle Menschen zu übertragen.

