19-12-2014, 03:53
(18-12-2014, 00:02)Mustafa schrieb:(17-12-2014, 21:49)Erich schrieb: Renaissance konservativen islamischen Gedankenguts ...ein weltweit zu beobachtendes Faktum.
Es gibt Gebiete (vor allem Krisenregionen) wo es eine solche Fundamentalisierung tatsächlich zu beobachten gibt, aber genauso gibt es islamische Länder, in denen säkulare Kräfte dominieren und weiter erstarken.
Wie kommst du nun auf die Idee, dass ausgerechnet in Europa die kleine Minderheit der Islamisten über die große Mehrheit der normalen Muslime die Überhand gewinnen könnte?
Und vor allem: Warum willst du da hin arbeiten, indem du völlig undifferenziert gegen alle Muslime wetterst, für Diskriminierung von Muslimen einstehst, und dafür gar bereit wärst, elementare Grundrechte zu brechen?
Der Islam ist nach meiner festen Überzeugung eine Ideologie. Wie Ideologien demokratische Legitimation erhalten können, belegt u.v.a. (darunter auch sehr vielen islamischen Staaten) auch die jüngere dt. Geschichte. Die Demokratie der Weimarer Republik wurde, zunächst verfassungskonform durch ein System ersetzt, welches die Vorstellung vertrat, dass die nordische sog. Rasse die geborene Herrin des Rests der Menschheit sei. Das geschah in einer sich zwar durch den Versailler Vertrag gedemütigt fühlenden Gesellschaft, aber es geschah im angeblichen Volk der Dichter und Denker, welches im Vergleich mit anderen Gesellschaften jener Zeit wahrscheinlich als hochgebildet angesehen werden muss.
Ich bin als Volksdeutscher während des 2. WK in Ungarn geboren. Selbst die in meinem Geburtsort, in der tiefsten ungarischen Provinz, lebenden Verwandten ergriff die Begeisterung über ihre angebliche völkische Auserwähltheit und annähernd alle männliche Verwandte einschließlich meines Vaters meldeten sich freiwillig zur SS, was nach damaligem ungarischen Recht für als Deutsche geltende magyarische Staatsbürger möglich war.
Die nationalsozialistische Idee löste wahre Begeisterungstürme auch unter Volksdeutschen aus und das nicht nur in Ungarn, und ich bin mir keineswegs sicher, ob ich mich selbst gegen die Vorstellungen einer Herrenrasse anzugehören, entschieden hätte, wäre mir die einschlägige Ideologie als Jugendlicher nahe gebracht worden, und die Nazi-Idee verbreitete sich wie ein Lauffeuer auch in meinem Heimatdorf, obwohl es den Deutschen dort nach Berichten meiner Verwandten ausgesprochen gut ging. Verführt durch Nazi-Gedankengut wurden annähernd alle, und das obwohl der Nationalsozialismus jung war, auf keine als ruhmreich geltende Geschichte militärischer Erfolge zurückblicken konnte (naja, mit Ausnahmen wie z.B. die Varus-Schlacht
, die schon im Kaiserreich verklärt wurde und von den Nazis gern als Ausdruck der Überlegenheit der Germanen über andere Völker herhalten musste).

Der Islam hat da mehr zu bieten als die Nazis. Er kann seine "goldene Zeit" anführen und sich Eroberungen rühmen, deren Erfolge in einer Kürze errungen wurden, die in der Geschichte lediglich von Temudschin, dem Dschingis Khan, und wenigen anderen übertroffen wurde. Aber, vor allem, der Islam verspricht, was die NSDAP nicht versprechen konnte: Ewiges Glück nach dem Tod für solche, die die als von Gott persönlich erlassen geltenden Gebote befolgen, wobei den Gefallenen in einem Dschihad im Paradies besondere Gunst gewährt wird (72 Jungfrauen
). Hinzu kommt dann auch noch die als Gott-gegeben geltende irdische Stellung des Islams, der den Muslimen einen Status zubilligt, der den anderer Monotheisten weit übertrifft und zudem die Entrechtung von Polytheisten, Animisten und Religionslosen vorsieht.

Dass die Mehrheit der europäischen Muslime weniger verführbar sei als die Deutschen der Weimarer Republik oder die Bewohner meines Heimatdorfes halte ich für extrem unwahrscheinlich. Und wie es im überwiegenden Teil des Dar al-Islam aussieht, wissen wir schließlich alle. Du auch.
Die einsame Insel der toleranten Muslime im Meer des weltweiten Islam wird Europa wohl eher nicht. Und die bisher gezeigte eh schon eingeschränkte Toleranz (zu "eingeschränkt s. islamische Parallelkulturen, besonders in GB) der meisten Muslime wird meiner festen Überzeugung nach bis auf eine kleine Minderheit dann kippen, wenn Muslime die Mehrheit der europäischen Wähler stellen. Dann kommen sie auch gehäuft wieder, die sog. Hassprediger, denen die Einreise bisher erschwert ist.
Und nun zu der von Dir angesprochenen "Einschränkung der Grundrechte": Wäre das GG tatsächlich so zu interpretieren, dass es dem Souverän verbietet, Einreisen bestimmter Gruppen einzuschränken und das für die Zuerkennung der Staatsbürgerschaft geltende Recht zu ändern, so sollte es meiner festen Überzeugung nach tatsächlich geändert werden. Es wäre nicht die 1. Änderung, die das GG erfährt. Und um einer entsprechenden Argumentation vorzubeugen, wiederhole ich hier, was ich schon öfter zum Ausdruck brachte:
Zuwanderung ist in den reichen EU-Staaten schon in Anbetracht der demografischen Entwicklung eine absolute Notwendigkeit und Europa sollte auch ein Hort für politisch und religiös Verfolgte sein - und Letzteres mehr als bisher - imho. Über meine Kontakte zu dem von Exil-Iranern geführten "Menschenrechtsverein" kenne ich Schicksale, die ich mir früher kaum vorstellen konnte und den oft vergeblichen Kampf von im mehrheitlich schiitischen Irak internierten Exiliranern um sicheres Asyl im Westen. Diesen Menschen sollte geholfen werden !!! Und ich hege keine Zweifel daran, dass sie, soweit sie sich noch zum Islam bekennen, was bei einigen der Fall ist, ein System ablehnen werden, welches sich zu einem “Gottesstaat“ á la Iran oder den Staaten der arabischen Halbinsel entwickelt.