20-08-2014, 14:21
(18-08-2014, 01:49)Sinai schrieb: Die Zeit um das Jahr 96 dürfte relativ plausibel sein.Es dürfte unbestritten sein, dass es für so genannte Frühdatierungen triftige Gründe gibt.
Die Evangelien, nach dem Jahr 66 verfasst, wären von der Ur-Gemeinde als Schriften der Apostel kaum akzeptiert worden.
Aus Offenbarung 6,9-11 kann auf die Jahre nach dem Brand Roms im Jahre 64, als die neronische Verfolgung einsetzte, als Zeit der Abfassung der Schrift geschlossen werden. Denn die domitianische Verfolgung kann man mit Klaus Berger mit Fug und Recht als Forschungslegende bezeichnen...
Zitat:Und als es das fünfte Siegel auftat, sah ich unten am Altar die Seelen derer, die umgebracht worden waren um des Wortes Gottes und um ihres Zeugnisses willen.
Und sie schrien mit lauter Stimme: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?
Und ihnen wurde gegeben einem jeden ein weißes Gewand, und ihnen wurde gesagt, dass sie ruhen müssten noch eine kleine Zeit, bis vollzählig dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch noch getötet werden sollten wie sie.
Von einigen einer Spätdatierung widersprechenden Einzelheiten abgesehen, halte ich es für undenkbar, dass ein Nicht-Apostel die Offenbarung verfasst haben konnte. Die spirituelle Nähe zum Auferstandenen ist unübersehbar.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überlebte Johannes das Jahr 70 nur kurz, wenn überhaupt. Die ihm unterstellte Rüstigkeit noch in seinen 90er Jahren ist nicht glaubhaft. Ich traue zwar auch den Schriften des Clemens nicht, aber dessen Hinweis auf das Ableben der Apostel im 5. Kapitel seines ersten Briefes scheint glaubhaft.
Nach den Schriften bzw. Schriftfragmenten, die ich mir bis jetzt zu Gemüte geführt habe, können die Verfasser der nach dem Jahre 70 erschienenen Schriften kaum in persönlichem Kontakt mit den Aposteln gestanden haben. Was nach der Zerstörung des Tempels mit der Ur-Gemeinde wirklich geschah, ist so gut wie nicht überliefert.
(18-08-2014, 01:49)Sinai schrieb: Aber Konform, Du hast meine Frage noch nicht beantwortet:
Warum hätte der Schreiber der Apokalypse die Einnahme und Zerstörung Jerusalems überhaupt erwähnen sollen ?
Dass über die Bedeutung eines Ereignisses von derart ungeheurer theologischer und historischer Bedeutung - die Zerstörung des Jerusalemer Tempels als sichtbares Symbol für den Alten Bund - der Gemeinde in einer nach 70 erschienen Schrift apostolischen Ursprungs nicht näher erklärt worden sein soll, kann im Ernst nicht angenommen werden.
Die im Danielbuch vorhergesagte Zerstörung des Heiligtums ist übrigens für die gesamte Menschheit ein historisches Ereignis, dessen Bedeutung offenbar weder von den Juden noch von den Christen völlig begriffen und schon gar nicht geglaubt wird...
Daniel 9,26-27 (Luther):
Zitat:Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden und nicht mehr sein. Und das Volk eines Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, aber dann kommt das Ende durch eine Flut, und bis zum Ende wird es Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist.
Er wird aber vielen den Bund schwer machen eine Woche lang. Und in der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen. Und im Heiligtum wird stehen ein Gräuelbild, das Verwüstung anrichtet, bis das Verderben, das beschlossen ist, sich über die Verwüstung ergießen wird.
(18-08-2014, 01:49)Sinai schrieb: Das Schreiben bezog sich doch auf die Zukunft
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Das ist jedenfalls die vorrangige Intention der Schrift. Wobei einige Passagen mehr als Rückblick gedacht sind. Die historisch-kritische Theologie sieht in der Offenbarung indes mehr die Beschreibung der Zeitgeschichte.
Man kann Menschen gegenüber, die echte Vorhersage für unmöglich halten, die Authentizität der Offenbarung vielleicht am ehesten glaubhaft machen, wenn man auf die Tatsache des Eintreten einiger Vorhersagen verweist.

