17-06-2014, 23:58
(17-06-2014, 23:40)Sinai schrieb: Zweitgott ist ein provokanter Begriff.
Könnte es sein, daß der Heide mit dem harten Gott des AT nichts anfangen konnte und daß daher deshalb Jesus so eine große Rolle spielte ?
Teilweise ja. Die Markioniten haben ja den Gott des AT aus ihrem Christentum entfernt; in unserem aeltesten NT kommt der juedische Gott fast nicht vor. Der Hauptgrund duerfte aber sein, dass die "Heidenchristen" kein Problem mit dem Polytheismus hatten; es stoerte sie nicht, wenn da mehr als ein Gott vorkam.
Das Christentum, das wir heute haben, wurde ja vor allem im griechisch-roemischen Raum gezimmert. Die juedischen Christensekten, wie die Ebioniten, die Jesus nie als Gott anerkannten, starben irgendwann aus. Die staerkste Vergoettlichung Jesu bei den Stroemungen, die spaeter im Christentum aufgenommen wurden, wurde von johanninischen Sekten propagiert, und auch Paulus war ein frueher Vertreter der Vergoettlichung Jesu, obwohl das bei ihm noch sehr schwach unterschieden war von der Transformation jedes Glaeubigen in Taufe und Auferstehung.
Was man also findet, ist ein Kontinuum vom menschlichen Jesus der judenchristlichen Sekten (auch bei den Thomas-Christen war das sehr niedrig angesiedelt) ueber Markus bis hin zu protognostischen Johanninern mit sehr hoher Goettlichekeit und vollgnostischen Sekten mit vielen Goettern im christlichen System. Die Extreme an beiden Seiten (Judenchristen und Gnostiker) wurden irgendwann als Haeretiker ausgeschlossen, und die restlichen Sekten wurden in der Trinitaet im 4. Jahrhundert gedeckelt.