(23-05-2014, 17:13)Lelinda schrieb: Hältst du die Offenbarung wirklich mit Jesus für konform?
Nein.
Wenn man die 4 Evangelien liest und sich dann Jesus vorstellt, so ist das ein pazifistischer Mensch (er wollte nicht der militärische Messias sein), er forderte bei seiner Verhaftung den Petrus auf, sein Schwert wegzustecken und heilte das abgehauene Ohr des Häschers, ein sehr mildtätiger, hilfsbereiter und warmherziger Mensch voller Mitleid, ein Mensch der gerne vergab.
Und wenn man die Geheime Offenbarung liest, ist das das glatte Gegenteil. Das ist nicht aus einem Guß. Darauf habe ich schon mehrmals hingewiesen.
Das Christentum spaltete sich nach dem Tod des letzten Apostels in verschiedene Richtungen auf. Sicher gab es christliche Gemeinden, die die Geheime Offenbarung als unchristliche Zutat empfanden.
Aber das mainstream Christentum akzeptierte dann dieses seltsame Buch.
Man kann dann Kaiser Konstantin keinen Vorwurf machen, daß er einerseits Christ und andererseits Feldherr war . . . er verhielt sich genau so, wie er es in der Bibel las.
Nicht Kaiser Konstantin ist schuld. Schuld sind die Kirchenväter, die das Buch als christlich werteten. Konstantin sah sich und seine Truppen sehr folgerichtig als Werkzeuge Gottes, als er die Apokalypse las.
Ich verstehe es nicht, und ich fand noch keine plausible Antwort wie es dazu kam, daß den Kirchenvätern die Apokalypse nicht verdächtig vorkam.
Ich verstehe es nicht.
Ich stelle mir das ganz praktisch vor. Folgende Szene: wir schreiben das Jahr 97.
Eine christliche Versammlung in Kleinasien, der heutigen Südtürkei. Die Menschen lehren das Evangelium Jesu, sie sind sehr nächstenliebend. Sie lehnen Waffengewalt ab und besitzen keine Waffen. Wenn sie einer auf die linke Backe schlägt, halten sie die rechte hin. Sie verzeihen ihren Feinden. Sehr liebe und sanftmütige Leute.
Da kommt einer von einer Reise zurück und sagt, daß er eine neue Schriftrolle für sie mithat. Er liest das vor. Bereits nach fünf Minuten springt einer auf und schreit: "Was ist das für ein schreckliches Zeug ?? Woher hast Du das ??"
Auch die anderen Christen beginnen zu schreien, daß dieses fürchterliche Buch sofort aus dem Versammlungssaal verschwinden soll.
Der Reisende wird zurecht gewiesen, daß er es gewagt hat, so ein gewaltverherrlichendes Buch in die Versammlung einzuschleppen.
Er wird ausgeschlossen und muß dann wochenlang vor der Türe sitzen, bis ihm vergeben wird und er wieder seinen Fuß in die Versammlung setzen darf.
So müßte es sich nach meiner Einschätzung damals abgespielt haben, in dieser Versammlung und in allen anderen Versammlungen auch, wo Christen waren.
Was muß das für eine kaputte Gemeinde gewesen sein, wo sich so ein Buch durchsetzen konnte, ohne gleich am ersten Tag im hohen Bogen aus dem Versammlungssaal rauszufliegen ? Wie konnten die Ältesten dieser Versammlung so etwas dulden ? Gab es da kein murren in der Versammlung ? Keinen Widerstand ?


