14-05-2014, 12:01
Zitat:Wenn du morgen Krebs bekommst, wird Gott dich Krebs kriegen lassen, entweder weil er nicht anders kann (d.h. gar nicht allmächtig ist) oder weil er aus irendeinem Grund, den wir nicht wissen können, möchte, dass du Krebs hast.
Genauso ist es. Viele Leute, die an einen allmächtigen Gott glauben, können sich vielleicht damit beruhigen, dass er irgendeinen Grund hat, dem Betroffenen den Krebs zu schicken, und dass dieser Grund ein anderer wäre als die Freude, den Betroffenen leiden zu sehen. Also, dass der Kranke für irgendeine Sünde bestraft wird, evtl. für die eines anderen (z.B. eines Elternteils) oder in einem früheren Leben (wenn man an die Seelenwanderung glaubt), dass der Kranke oder sein Umfeld sich bessern soll (z.B., weil ein leidender Krebspatient Mitleid erregt), weil Gott den Glauben prüfen will und was auch immer.
Das führt zu folgenden Problemen:
1) das Leid des Betroffenen (gewöhnlich jemand anderer) wird damit relativiert bzw. schöngeredet
2) der Betroffene wird moralisch gezwungen, in eine furchtbare Situation etwas Positives hineinzuinterpretieren
3) wenn dem angeblich so guten Gott Leid als Erziehungshilfe zugebilligt wird, erlaubt das den Gläubigen auch das Anwenden von Leid als Erziehungsmethode gegenüber Mitmenschen (wie das Prügeln der eigenen Kinder oder das Erzwingen von "moralischem" Verhalten durch Zwang und Gewalt). Denn Gottes Handeln kann ja kein schlechtes Vorbild sein.
Gegen eine solche Haltung sprechen aber nicht nur diese Probleme, sondern auch, dass es genauso schlimmes Leid im Tierreich gibt, und zwar sogar dort und in Zeiten, wo kein böswilliger Mensch dafür verantwortlich gemacht werden kann bzw. konnte. Schon Darwin hat das erkannt (siehe Wikipedia: "Schlupfwespen" unter "literarische Bedeutung"). Bei Raupen, die von Schlupfwespen befallen werden, ist jedes moralische Motiv Gottes für ihren Befall ausgeschlossen, denn eine Raupe kann weder nachdenken, noch Sünden begehen oder sich bessern.
Gott schickt kein Leid, sondern er steht ihm (wenn er gut ist) entweder ebenfalls machtlos gegenüber, oder es gibt ihn nicht, oder er ist nicht gut. Im letzten Fall hat er auch nicht das Recht, dem Menschen ethisches Verhalten abzuverlangen.

