(27-04-2014, 23:05)Ulan schrieb: Und warum sollte es Abschriften von Prozessakten zu einem vollkommen belanglosen Verfahren in Synagogen ausserhalb von Jerusalem geben?
Das war kein "vollkommen belangloses Verfahren"
Sondern ein wichtiger Präzedenzfall. Jungen Juden sollte gezeigt werden "Seht her, was passiert, wenn man den Hohepriester provoziert!"
Außerdem war das kein jüd. Einzelrichter, es war auch kein dreiköpfiger Richtersenat (Beth Din),
es war der Große Sanhedrin. Eine höchstgerichtliche Entscheidung !
Entscheidungen des Höchstgerichts sind für die unterinstanzlichen Gerichte bindend, jedes erstgerichtliche Gericht beschafft sich Abschriften. Das nennt man Judikatensammlung
Jede Synagoge in der damals schon existierenden freiwilligen Diaspora (zB in Kleinasien) hatte ihre Judikatensammlung.
Somit schwirrte der Name Jesus in der ganzen Diaspora herum – schon lange vor der Zerstörung des Tempels. Und lange vor der zwangsweisen Diaspora.
Daß der Fall Jesus für das Judentum wichtig war, erkennt man daran, daß Jesus im Talmud oft erwähnt wird. Die gelehrten Schreiber des Talmud griffen auf die Judikatensammlung ihrer jeweiligen Synagoge, ihres jeweiligen Beth Din zu.
Auch heutige englische Provinzrichter orientieren sich aufgrund des angelsächsischen case laws an Entscheidungen des englischen Höchstgerichts aus dem Jahre 1200 !
Und das war auch schon im Jahre 1700 so . . . und da gab es noch keine Kopiergeräte. Es wurden immer schon handschriftliche Abschriften gemacht. Ein ganzer Berufszweig lebte davon