(02-03-2014, 20:48)bridge schrieb: dann füll jetzt bitte ,deine Behauptung mit etwas Inhalt.
Willst Du jetzt Hunderte von Jahren an Bibelforschung "knapp" zusammengefasst haben? Das ist eine steile Forderung. Noch dazu, wenn Du, wie Du sagtest, davon ausgehst, alle NT-Texte seien von Urchristen (Leute, die Jesus kannten, und deren Bekannte) geschrieben worden. Nun gut, lassen wir das NT einfach mal fuer sich selbst sprechen.
1. Paulus (1 Korinther 15, vor dem Jahr 60)
Die aelteste Schrift ist von Paulus, und hier haben wir 1 Korinther schon besprochen. Paul kannte Jesus nach eigenen Angaben nicht direkt, sondern aus Visionen, in denen, wie er es beschreibt, der auferstandene Jesus zu ihm sprach. Zwar wird die Zeugenauflistung in 1 Korinther meist als spaete Einfuegung angesehen, aber fuer unsere Zwecke nehmen wir einfach mal an, dass sie echt ist. Paul behauptet hier, er habe Jesus nach seiner Auferstehung gesehen, und in der Art und Weise, wie er das auflistet, kann man erkennen, dass er sein Sehen von Jesus als vollkommen gleichwertig mit allen anderen Sichtungen ansieht, also kann man davon ausgehen, dass auch die Apostel Jesus genau so gesehen haben wie Paulus, naemlich als "Geist". Als "Geist, der Leben bringt", um genau zu sein.
Paulus spezifiziert seine Vorstellungen von der Auferstehung hier sehr ausfuehrlich; auch Menschen bekommen einen Koerper aus "himmlischer Substanz" (woertlich, einen "Windleib"), wie Jesus. Falls Du die Apostelgeschichte akzeptierst, so besteht Pauls Vision aus einem Licht und einer Stimme (aber die ist, wie gesagt, wahrscheinlich aus dem 2. Jhd. und hat zum Ziel, Paulus herabzustufen). In 1 Korinther 9 verteidigt Paulus ebenfalls seine Vision: "Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht unsern Herrn Jesus gesehen?".
2. Markus 16 (um die Zerstoerung Jerusalems herum, also etwa 80)
Das Markus-Evangelium wird allgemein als das aelteste angesehen, geschrieben etwa 20 Jahre nach Pauls Wirken. Das Markus-Evangelium kennt keinerlei Auferstehungserscheinungen, es endet mit einem leeren Grab. Markus 16:9-20 wurde nach dem Jahre 400 geschrieben, in den aeltesten Bibeln gibt es das nicht. Der einzige Hinweis zur Auferstehung ist der durch den Juengling im Grab an die Frauen, die das Grab finden (zwei Marias und eine Salome): Jesus sei auferstanden und nach Galilea vorausgegangen, wo man sich, wie vereinbart, treffen wollte. Das war's. Details gibt's hier nicht.
Im Prinzip haben wir hier, wie Ekkard andeutete, das leere Grab als Bild des gefallenen Tempels von Jerusalem, und Jesus als Versprechen, dass es irgendwie weitergehen wird.
3. Matthaeus 28 (vor 100)
Matthaeus spinnt Marks Geschichte weiter: Die beiden Marias erzaehlen den Aposteln, nach Galilaea zu gehen. Dort trifft man sich auf einem Berg. Missionsbefehl.
Fuer unsere Betrachtung wichtig: Matthaeus erwaehnt, direkt nach der Geschichte mit dem leeren Grab (also bevor man nach Galilaea entschwindet), diese Geschichte: "12 Und sie kamen mit den Ältesten zusammen, hielten Rat und gaben den Soldaten viel Geld 13 und sprachen: Sagt, seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen." Eine deutliche Reaktion darauf, dass die Geschichte vom leeren Grab nicht geglaubt wurde.
Einige der Anwesenden beim Treffen auf dem galilaeischen Berg zweifeln selbst in Jesu' Gegenwart.
4. Johannes 20-21 (vor 120)
Je spaeter der Text, desto laenger die Geschichte

Immer noch in Jerusalem, erscheint Jesus in einem verschlossenen Haus. Er muss seine Seite herzeigen, um erkannt zu werden. Anscheinend ist sein Gesicht nicht erkennbar, aber Wunden bleiben erhalten. Hier sieht man den Uebergang zur Vorstellung der "Auferstehung im Fleische". Dann gibt's (immer noch in Jerusalem) die Episode mit dem unglaeubigen Thomas. Die verbliebene Wunde muss auch noch angefasst werden.
Johannes 21 dagegem ist aelter als die Stories aus Jerusalem, also haette ich sie eigentlich vorher listen muessen. Angeblich passiert das nun spaeter, am See Tiberias, aber Petrus erkennt Jesus immer noch nicht. Der Juenger, der Jesus lieb hat, muss Petrus darauf hinweisen, dass das, was er da sieht, Jesus ist. Petrus ist bass erstaunt, dass Jesus tatsaechlich nach dem Tode erscheint. Oder man nimmt an, Petrus habe schlicht vergessen, dass er Jesus schon mal in Jerusalem gesehen hatte. Kann ja mal vorkommen, bei so unwichtigen Details.
Dann kommt noch das "Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war" beim anschliessenden Mahl. Ein sehr bezeichnender Satz. Darueber, wie die Erscheinung aussah, gibt es aber hier im aelteren Teil ansonsten keinerlei Angaben.
5. Lukas 24 (vor 130). Lukas hat wieder die Frauen und Joseph von Aramithea (oder auch nicht, da steht nur "sie") das leere Grab sehen. Er laesst auch Petrus nachschauen.
Dann kommt die Geschichte mit den Emmaus-Juengern. Auch im Verlauf eines laengeren Gespraeches, das noch mal die vorherigen Details wiederholt, erkennen diese Juenger Jesus nicht. Erst beim Abendessen beim Brotbrechen nach der langen Wanderung wird ihnen klar, wer das ist. Allerdings muessen sie sich auch spaeter noch gut zureden. Sie gehen nach Jerusalem und erzaehlen den Aposteln davon.
Nun kommt endlich die Passage, wo das mit der fleischlichen Auferstehung festgenagelt wird. Jesus erscheint den Aposteln in Jerusalem (von Galilaea haelt Lukas nichts): "37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. 38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? 39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. 40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. 41 Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? 42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. 43 Und er nahm's und aß vor ihnen." Eh ja. Sehr plastisch.
Fazit
Ich habe das jetzt auf speziellen Wunsch so ausgewalzt; ich hoffe, das ist okay. Und ich habe fast nur den Text selbst verwendet.
Wir haben also drei Traditionen, hier chronologisch gelistet:
- Paulus: Sein Geistleib scheint mehr Geist als Leib zu sein.
- Die "galilaeische" Tradition: Markus (nur angedeutet), Matthaeus (ohne Details), die galilaeische Episode (Johannes 21): Dies scheint noch sehr nahe an Pauls "Geist"erscheinung zu sein, ist aber schon deutlich koerperlicher.
- Die "Jerusalemer" Tradition (was nicht bedeuten soll, sie stamme aus Jerusalem): Johannes 20 und Lukas: Hier wird sich viel Muehe gegeben, eine fleischliche Auferstehung einzufuehren.