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PAULUS-BRIEFE die : Zeugnisse der christlichen Urlehre ?!
#49
(17-02-2014, 15:20)Kreutzberg schrieb: Aber auch eine wiss. Hypothese bedarf eines seriösen Ansatzes, sonst erfolgt bei einer entsprechenden Abhandlung in Fachkreisen auf jeden Fall eine heftiger Verriss.

Dann ist ja gut, dass die meisten historisch-kritischen Analysen einen serioesen Ansatz haben.

(17-02-2014, 15:20)Kreutzberg schrieb: Dennoch sollte man fair sein insofern die Überlieferung der PAULUS-BRIEFE weitgehend autothentisch sind kann man hier ein relativ zuverlässiges Bild über die sozialen NORMEN erkennen die im Urchristentum angelegt worden. Ich habe bis dato wenig Zweifel dass an der Originalität der P.-B.

Das sind zwei verschiedene Fragen. Sowohl die sieben authentischen Paulus-Briefe als auch die offensichtlichen Faelschungen aus dem zweiten Jahrhundert, die Pastoralbriefe, lassen einen Einblick in die sozialen Normen des fruehen Christentums zu, halt nur zu verschiedenen Zeiten. Aber auch bei den fruehen Briefen muss man hinterfragen, von wem die Information jetzt eigentlich kommt.

Vergleiche einfach mal folgende zwei Stellen aus dem ersten Korinther-Brief:

Zitat:Kapitel 11 (Die Frau im Gottesdienst)
5 Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt, denn es ist ebensoviel, als wäre es geschoren. 6 Will sie sich nicht bedecken, so schneide man ihr das Haar ab. Nun es aber übel steht, daß ein Weib verschnittenes Haar habe und geschoren sei, so lasset sie das Haupt bedecken.

Kapitel 14 (Zungenrede und prophetische Rede)
34 Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. (1. Mose 3.16) (1. Timotheus 2.11-12) 35 Wollen sie etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an, in der Gemeinde zu reden.

Was wir gesichert von beiden Stellen sagen koennen, ist, dass es in fruehen paulinischen Gemeinden ueblich war, dass die Anwesenden in der Versammlung aufstanden und entweder Zungenrede vorfuehrten (Glossolalia) oder eigene Prophezeihungen verkuendeten, wobei letzteres bevorzugt wurde. So weit so gut.

Nur ist es jetzt so, dass die erste Stelle den Frauen, die weissagen, auflegt, Ihr Haupt zu bedecken, waehrend die zweite Stelle Frauen grundsaetzlich in der Gemeinde das Wort verbietet.

Im Prinzip gibt es da verschiedene Deutungsmoeglichkeiten, von denen ich drei kurz nennen will:

1. Beide Kapitel sind von Paulus geschrieben, der Brief ist im Originalzustand, und Paulus ist generell unfaehig, seine Gedanken zu ordnen und vergisst nach kurzer Zeit beim Schreiben, was er gerade eben gesagt hat. Keine sehr schmeichelhafte Vorstellung.

2. Beide Kapitel sind von Paulus geschrieben, waren aber urspruenglich in unterschiedlichen, zeitlich weit auseinanderliegenden Briefen. Die Zeiten hatten sich geaendert, und Paul war mittlerweile gegen prophezeihende Frauen. Beide Briefe wurden spaeter in einen kompiliert, was zu der Ungereimtheit fuehrte. Dies scheint zum Teil historisch tatsaechlich passiert zu sein, da die marcionitischen Paulus-Briefe generell kuerzer und anders aufgeteilt waren. Was wiederum sowieso schon nachweist, dass an Pauls Briefen herumgedoktort wurde.

3. Der Brief stammt von Paulus, aber einem Kopisten aus dem zweiten Jahrhundert war das im Brief erwaehnte Prophezeihen durch Frauen ein Dorn im Auge, weil das zu seiner Zeit undenkbar war. Er fuegte deshalb eine kurze Tirade an das Ende eines originalen Paulus-Kapitels. Diese Interpretation hat den Vorzug, dass sie auch den Punkt anspricht, dass diese Stelle da irgendwie wie fehl am Platze aussieht.

Auch wenn Dich keine der Erklaerungen ueberzeugt, musst Du irgendwie mit dem Widerspruch in dem Brief umgehen. Apologeten erklaeren das meist mit irgendeiner unsinnigen Erklaerung weg, aber das verlangt meist einen Knoten im Hirn.

(17-02-2014, 15:20)Kreutzberg schrieb: > spätere Veränderungen könnte man auch an dem Umstand festmachen, dass die katholische Lehre zur Staatsreligion wurde.

Ich glaube gar nicht mal, dass die meisten Aenderungen so spaet waren. Das meiste Herumeditieren muss vom Ende des ersten bis zur zweiten Haelfte des 2. Jahrhunderts passiert sein, danach wurden die Texte zu bekannt. Einzelne Aenderungen gibt's danach immer noch, aber keine sehr grossen mehr, sondern nur noch wenige Worte lange (wodurch man immer noch Bedeutungen umkehren konnte. aber halt subtiler). Die Kopisten glichen die Texte auch teilweise aneinander an, oder korrigierten Fehler in den Originaltexten (z.B. falsche Zitate im Markus-Evangelium). Was spaeter, zur Zeit der Staatsreligion, passierte, war einfach die Vernichtung aller Schriften, die nicht der Orthodoxie entsprachen.

(17-02-2014, 15:20)Kreutzberg schrieb: > Ich halte es für möglich, dass in dieser schlichten Tatsache auch der Keim für die späteren kirchlichen DOGMEN liegen.
Richtig.


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RE: PAULUS-BRIEFE die : Zeugnisse der christlichen Urlehre ?! - von Ulan - 17-02-2014, 16:50

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