(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: Die letzten Erläuterungen habe ich mit großem Interesse gelesen. Ist es denn richtig, dass die Johannes und Judas-Briefe auch Bestandteil der sog. APOKRYPEN waren.
"Apokryphen" heisst ja erst einmal nur, dass sie nicht Bestandteil des biblischen Kanons waren. Um also apokryph zu sein, muss man erst einmal einen biblischen Kanon haben, und den gab es erst sehr spaet. Richtig ist, dass die genannten Texte z.B. fuer Jahrhunderte nicht Teil der syrischen Bibel waren. Ansonsten bezeichnet man diese Texte eher als "Antilegomena", also solche, die umstritten waren, denn heute sind sie ja in der Bibel, also nicht apokryph.
(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 1) Intuition der APOSTEL unklar:
Aus historischer Sicht bestätigen die letzten Aussagen, dass es zw. den APOSTELN ebenfalls einen heftigen Richtungsstreit gab, so dass in Folge dessen das Pfingstfest als Geburtssymbol der Entstehung der RKK eine eindeutige Verklärung der damligen realen Ereignisse darstellt.
Das Problem mit dem Beginn der Apostelgeschichte ist, dass er wahrscheinlich nicht historisch ist, sondern eher geschrieben wurde, um einen Richtungsstreit des 2. Jahrhunderts zu loesen. Das Ende, was ja hauptsaechlich die Reisen von Paulus betrifft, ist zuverlaessiger.
(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 2) PAULUS als Master der heutigen Bibel-Exegese
Es gibt übrigens einige Bibelwissenschafter die behaupten JESUS wollte nur eine neue Glaubensrichtung innerhalb des JUDENTUMS etablieren.
Das würde jedoch in seiner letzten Konsequenz bedeuten, dass insbesondere PAULUS zentrale Inhalte der ursprünglichen Glaubenslehre entsprechend gravierend umgeschrieben hatte.
Nun, das erscheint mir historisch eine Umkehrung. Richtig ist, dass der Jesus der Evangelien fast nur von Juden redet, wenn es um Bekehrung und aehnliches geht. Leider wissen wir aber nichts ueber die urspruengliche Lehre der juedischen Sekte in Jerusalem, die angeblich die Apostel hervorbrachte. D.h., Paul hat wohl nichts umgeschrieben, weil da nichts umzuschreiben war. Wenn Du an seine Version der Geschichte denkst, wie sie im Galater-Brief dargestellt ist, hat er seine Lehre von Jesus selbst, durch eine Vision. Er ist bereits jahrelang predigend durch die Lande gezogen, bevor er das erste Mal einen Besuch in Jerusalem abstattete, und was er da vorfand, hat ihn nicht ueberzeugt.
D.h., Paulus hat nichts umgeschrieben, er hatte nur halt seine eigene Lehre verkuendet, die offensichtlich in einigen Punkten von der Jerusalemer Lehre abwich; aber es ist nun einmal Paulus, der Dinge aufgeschrieben hat und die urspruengliche Lehre des Christentums verkuendet. Insofern ist er der eigentliche Gruender des Christentums, wobei seine Lehre aber mit der heutigen auch nicht exakt uebereinstimmt. Behalte dabei im Hinterkopf, dass auch die Evangelien wohl aus griechischsprachigen Christenkreisen in post-paulinischer Tradition stammen, aber halt nach Pauls Wirken verfasst wurden.
(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 3) BRIEFE: die in der Konstantinischen ÄRA vernichtet wurden:
> inwiefern vor bzw. nach dem Konzil von NACIÄA (?!) Abschriften als Irrlehre dem Feuer übergeben und damit der Nachwelt entzogen wurden. Darüber wissen wir doch relativ wenig. Da jede Glaubensauslegung auch entsprechende Anhänger gefunden haben
konnten diese teilweise ja erhalten werden.
> eigentlich müsste hierzu auch etwas in den Protokollen dieses wichtigen KONZILS
zu lesen gewesen sein. Wer kann zu dieser Thematik etwas sagen ?!
> eine hieß glaube ich "apokalyptische schriften"
Es gibt haufenweise apokryphe Texte aus der Fruehzeit des Christentums. Es gab alleine etwa 50 verschiedene Evangelien, und einige davon kennen wir (wobei die meisten davon nicht Lebensbeschreibungen Jesu sind), zumindest teilweise. Falls Du keine Angst vor Englisch hast, kannst Du hier mal stoebern:
.http://www.earlychristianwritings.com/
Wobei Funde, wie der von Nag Hammadi, wo sehr viele apokryphe Texte gefunden wurden, ziemlich einmalig sind.