09-02-2014, 16:41
(08-02-2014, 20:20)Geobacter schrieb:Ah, und auf welche Weise genau misst man diese Dinge...? Und müsste durch die Messung nicht auch implizit die Beschreibung gegeben sein? Bspw. lassen sich Elektronen nicht nur detektieren, sondern mit Hilfe von Messungen auch in ihren diversen Eigenschaften (Masse, Ladung, Spin...) erfassen, auf Basis derer anschließend eine Beschreibung möglich ist: Ein Elektron ist ein Elementarteilchen mit dieser und jener Masse, Ladung, Spin etc. pp. Damit unterscheidet es sich dann bspw. auch von anderen Elementarteilchen, etwa einem Up-Quark.(08-02-2014, 17:26)Noumenon schrieb: Nein, genau das, dass eine Beschreibung einer Rotempfindung - ob in der Sprache des Alltags oder in der Sprache der Naturwissenschaften - nicht möglich ist, ist ja gerade mein Standpunkt (s.o.).Man kann auch nicht süß, salzig, bitter,...und nicht mal.. laut und leise richtig beschreiben. Aber man kann das alles direkt und indirekt messen!! Auch Rot!
Rot (und andere Farben und noch so einige andere Dinge) kann man nicht messen oder beschreiben, sondern nur erleben.
Könnte nun ein tauber Mensch ein Elektron in seinen Eigenschaften vermessen...? Und wüsste er dann, was ein Elektron oder etwa Ladung ist? Ich schätze, beide Fragen sind wohl zu bejahen.
Könnte nun aber ein tauber Mensch Lautstärke messen? Und wüsste er dann, was Lautstärke ist? Nun... er könnte einen Schallpegelmesser hinhalten und etwa einen Wert von ca. 140dB ablesen (sein Kollege neben ihm hält sich bereits die Ohren zu, denn beide stehen nur ca. 30m von einem startenden Düsenflugzeug entfernt...).
Weiß der taube Mensch nun aber, was Lautstärke ist und wie sich etwa laut von leise unterscheidet? Ich behaupte mal, nein, wohl kaum, denn gemessen wurde eben keine Lautstärke, sondern lediglich der Schalldruckpegel, der erst via intaktem Ohr & Gehirn zu Sinneseindrücken wie laut oder leise führt, was dem tauben Menschen aber verwehrt bleibt.
Entsprechend kann auch ein Blinder oder ein Mensch mit Achromatopsie* durch noch so viele Messungen und vermeintliche Farbtheorien nicht erfahren, was Rot ist, weil eben kein Rot gemessen wird, sondern nur physikalische Eigenschaften von Licht.
Ein Achromat könnte bspw. zwar auch messen, dass ein Farbfernseher anderes Licht emittiert als ein Schwarz-Weiß-Fernseher, aber das kann auch ein Normalsichtiger messen. Und beide können hier dann anschließend zu einem Konsens über ihre Messungen kommen. Ein Achromat würde sagen, dass sich optisch ansonsten keinerlei Unterschied feststellen lässt: er sieht in beiden Fällen schwarz-weiß. Er kennt nur die Unterschiede in den Messungen, die auch der Normalsichtige kennt. Der Normalsichtige wird aber sagen, dass es noch einen einen weiteren Unterschied gibt, denn optisch stellt sich Farbfilm nun einmal anders dar als Schweiß-Weiß-Film. Dieser Unterschied ist allerdings nicht messbar, weil sich dieser Unterschied auf einer Ebene (mentale Zustände) manifestiert, die sich kategorisch der naturwissenschaftlichen Methodik entzieht. Für den Normalsichtigen gibt es auch noch "Dinge" wie Rot. Für den Achromaten hingegen bleibt die Tomate grau, egal, was er da misst. Und für den Blinden gibt es weder Rot noch Grau, sondern nur Licht (Photonen) mit gewissen Eigenschaften (etwa Wellenlänge). Wären wir eine Spezies von Blinden, könnten wir weder nachweisen, dass es soetwas wie "Farbe" überhaupt gibt, noch uns vorstellen, was das sein soll.
Hoimar v. Ditfurth schrieb seinerzeit hierzu einmal:
"Eine Wellenlänge von 700 millionstel Millimetern hat mit dem Farberlebnis »Rot« genausowenig zu tun wie die Wellenlänge 400 millionstel Millimeter mit dem Farberlebnis »Blau«. Keinerlei Ähnlichkeit besteht hier auch zwischen dem Unterschied von nur 300 millionstel Millimetern, wie er auf der einen, der körperlichen Seite zwischen beiden Längenbereichen liegt (und der sich im Gesamtspektrum verschwindend winzig ausnimmt), und dem sich auf der anderen, psychischen Seite aus diesem Unterschied ergebenden Kontrast zwischen den Farben Rot und Blau.
Ein letztes Beispiel. Es hatte eben geheißen, daß wir nicht fähig sind, elektromagnetische Wellen außerhalb des schmalen Bandes des optisch sichtbaren »Lichts« unmittelbar wahrzunehmen. Das stimmt nicht ganz, wenn man es genau nimmt. Die Ausnahme macht die ganze Angelegenheit aber nur noch verwirrender. Denn an einer etwas anderen, etwas langwelligeren Stelle des gleichen Spektrums, und zwar etwa zwischen einem tausendstel und einem ganzen Millimeter Wellenlänge, können wir dieselben Wellen wieder registrieren. Allerdings sprechen auf sie nicht unsere Augen, sondern Sinnesrezeptoren in unserer Haut an. Wir sehen diese Wellen nicht, fühlen sie aber. Wir nehmen sie als Wärmestrahlung wahr.
Man muß sich klarmachen, was das bedeutet: Alle elektromagnetischen Wellen sind wesensgleich. Immer die vollkommen gleiche Art der Strahlung. Der einzige Unterschied besteht in der Wellenlänge. Je nach der spezifischen Anpassungsform unserer Sinneszellen erleben wir bestimmte Frequenzen dieser Wellen dann als Licht oder verschiedene Farben – oder aber als strahlende Wärme." (Hoimar von Ditfurth: Wir sind nicht von dieser Welt, 1981)
*keine Wahrnehmung von Farben, sondern nur Kontraste
(08-02-2014, 23:52)Ulan schrieb:Exakt.(08-02-2014, 20:20)Geobacter schrieb: Aber man kann das alles direkt und indirekt messen!! Auch Rot!Klar. Es juckte mich in den Fingern, das zu schreiben, aber ich war mir sicher, dass Noumenon hier wieder nur die Rotempfindung meinte...