06-10-2013, 16:55
(06-10-2013, 11:07)Ekkard schrieb: Nein, zum wiederholten Male: Die Apokalypse ist (bekanntermaßen) ein Schmähschrift gegen das Rom der Antike einige Jahrzehnte nach Jesu Hinrichtung. Sie ist der apokalyptischen Literatur des AT nachempfunden. Das Werk strotzt von Wunschvorstellungen, wie das verhasste Weltreich vernichtet werde.Welchen Rang in der Schrift für die meisten Theologen die Apokalypse einnimmt, ist den Kommentaren leicht zu entnehmen. Schwer zu sagen aber, wer der Glaubwürdigkeit dieses Buches mehr schadet: Die sich distanziert gebende Theologie oder die unzähligen Gemeinschaften mit ihren sehr unterschiedlichen und eigenwilligen Interpretationen.
Von "nicht haben wollen", kann keine Rede sein. Es ist eine Steilvorlage für Hass und Hoffnung Unterdrückter, die sich auf diese Weise "Luft (und Hoffnung) machen". Die Weltreiche ganz allgemein sollten sich diese Literatur zu Gemüte führen! Es gärt bei den Benachteiligten ...
Im Hinblick auf die heute verbreitete naturalistische Weltanschauung ist die Ablehnung der Apokalypse als Teil des “Wortes Gottes” sicher verständlich. So passt das im 16. Kapitel angekündigte dramatische Szenario - weltweites Erdbeben mit damit einhergehender schneller Absenkung der Gebirge und starkem Anstieg der Meeresspiegel mit der Folge, dass die Inseln überflutet werden - überhaupt nicht zu den Vorstellungen der in Hunderttausenden oder Millionen Jahren rechnenden Historischen Geologie...
Kurzum: Wenn man die Apokalypse wörtlich nehmen möchte, muss man sich zunächst von naturalistischen Weltbild lösen...
Deine Einschätzung teile ich jedenfalls nicht, mein lieber Ekkard. Man kann in der Apokalypse einen durchaus nachvollziehbaren Plan erkennen. Die Schrift beschreibt den Weg bis zur Machtübernahme des biblischen Messias. Dieser Weg ist unbestritten mit unglaublichen Grobheiten gepflastert. Doch statt Hass auf das Römische Reich sehe ich als Motiv ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden.
Die Geschichte zeigt, dass gesellschaftliche Verhältnisse durch Revolutionen nur temporär verbessert wurden. Innerhalb kurzer Zeit bildete sich eine neue Macht-Clique, die sich als schlimmere Blutsauger gebärdete als die Vorgängerregierung. Solche gesellschaftlichen Erschütterungen wirkten sich in jüngerer Vergangenheit als existenzbedrohend für die Menschheit aus - man stelle sich vor, das Deutschland Hitlers wäre vor den Amerikanern in den Besitz der Atombombe gelangt. Man könnte hierüber resignierend urteilen, so sei halt der Lauf der Welt. Doch wie die Geschichte lehrt, bedroht eine gesellschaftliche Katastrophe mit jeder Wiederholung die Menschheit als Ganze mehr als die vormalige.
Ich kann keine Zeichen erkennen, dass die gegenwärtige Welt-Finanzkrise auf friedliche Weise beendet werden wird. Im Gegenteil. Insofern halte ich die Anregung des vormaligen Oberhauptes der Katholischen Kirche Benedikt XVI. zur Einsetzung einer “Weltautorität” an der Spitze der Weltwirtschaft für einsichtig. Im Gegensatz zur Apokalypse meint Benedikt mit der Weltautorität allerdings nicht den biblischen Messias.