(08-09-2013, 14:03)Flattervogel schrieb: Zunächst noch was zu meinem Verhältnis zum Pantheismus: ich hab mich früher gerne als "agnostischen Pantheisten" bezeichnet. Mit dem Pantheismus vertraut wurde ich, als ich allmählich mein christlich-theistisches Weltbild abgelegt hab, aber trotzdem weiterhin eine Art "Geist" im Universum vermutet hab. Irgendwas, das alles antreibt, der berüchtigte Urgrund eben. Der Agnostizismus kam dann dazu, als mir klar wurde, dass ich mich nicht zwischen einer rein theistischen* oder rein atheistischen Weltsicht entscheiden möchte bzw. mich gar nicht entscheiden kann. Heute ordne ich mich weiterhin irgendwo im agnostischen Spektrum ein, der Pantheismus gehört für mich jetzt einfach zu den mir sympathischeren Weltbildern
der text könnte von mir sein
mal abgesehen davon, daß ich keine problem habe, mich als agnostiker (weder existenz noch nichtexistenz eines "gottes" sind beleg- oder gar beweisbar) dem atheismus zuzuordnen (ich sehe keinen grund, habe keine veranlassung, an die existenz eines "gottes" zu glauben)
(08-09-2013, 14:03)Flattervogel schrieb: Und da stellen sich bei mir in letzter Zeit Schwierigkeiten. Ich seh den Pantheimus als nah verwandt mit Sichtweisen wie Animismus, also dass in allen belebten und unbelebten Dingen ein Geist/Seele/Gott etc. ist. Das hat jetzt für mich irgendwie einen esoterischen Touch und ich frag mich daher, ob man den Pantheismus eigentlich als esoterische Gottesvorstellung bezeichnen könnte?
vielleicht
aber wen juckts?
und sind nicht alle religionen oder "Gottesvorstellung" letztlich esoterisch?
warum soll der glaube an einen stellvertreter gottes auf erden weniger absurd sein als der an heilende steine?
"mein" pantheismus sieht weniger in allem einen "Geist/Seele/Gott etc." als vielmehr alles selbst als "gott". das universum ist "gott", in mir, dem regenwurm, dem strauch, wohnt nicht "eine seele" oder "gott" - wir sind "gott"
woraus sich eine ganz andere achtsamkeit ableitet, wie mit der - belebten wie unbelebten - natur umzugehen sei
so verstanden (wobei ich mir bewußt bin, welches märchen ich mir da selber erzähle), ist mir pantheismus sympathisch
(08-09-2013, 14:03)Flattervogel schrieb: ist der Pantheismus eigentlich gleichzustellen mit dem Glauben an eine "Mutter Natur"?
zumindest nicht "mein" pantheismus. daß alles, was ist, "gott sei", bedeutet noch keine anthropomorphisierung der natur. klar, der stein, an dem ich mir gerade die zehen gestoßen habe, ist "gott" - weshalb es mir aber gerade leichter fällt, ihm keine böse absicht zu unterstellen, weil er mir grad im weg lag, und meine eigene ungeschicklichkeit anzunehmen als das, was sie nun mal ist - meine eigene ungeschicklichkeit
genauso hat auch "mutter natur" weder absichten noch reagiert sie irgendwie bewußt oder vorsätzlich. daß "alles gott ist", heißt noch nicht, daß es irgendeinen plan verfolgte - ganz zu schweigen davon, daß wir einen solchen denn kennten. klar aber ist, daß "gott" (von dem ich ein teil bin) einen gewissen status quo hat. und wenn ich nun auf die anderen teile einwirke, dann wird das auswirkungen auch zurück auf mich haben
wenn ich dem punching ball eine reinhaue, wird er zurückspringen - und mich ggf. ko schlagen
auf mich böse zu sein braucht er dazu gar nicht
es ist, wie es ist. und wäre auch alles "gott", ich müßte deshalb noch lange nicht wissen, warum. oder wozu. es ist, wie es ist - und das zu erkennen (es bedeutet ja auch: wenn du es änderst, wird es anders sein - aber nicht notwendigerweise nur so, wie du es haben möchtest), ist ja auch schon was
das ist es übrigens auch, was ich unter "ganzheitlichkeit" verstehe: zu begreifen, daß es keine isolierten eindimensionalen wirkungen gibt, sondern alles zusammenspielt und daher, um etwas bewerten zu können, auch möglichst alle kriterien mit einbezogen werden müssen (also bei der errichtung einer industrieanlage nicht nur die effizienz des produktionsprozesses und damit die profitmaximierung, sondern auch soziale und ökologische auswirkungen usw.)
esoteriker etc. aber machen leider aus dieser "ganzheitlichkeit" den anspruch, beliebigen frei erfundenen schwachsinn anzupreisen unter der behauptung, damit irgendwelche nicht weiter definierte "ganzheitlichkeit" zu verwirklichen
nein danke... ich bevorzuge weiterhin, selber zu denken, und mir dessen wenigstens bewußt zu sein, wenn ich mich mit angenehmen vorstellungen (wie "meinem pantheismus") selbst bescheiße
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

