26-07-2013, 22:01
(25-07-2013, 14:17)Bion schrieb:(25-07-2013, 10:01)petronius schrieb:(25-07-2013, 00:46)Bion schrieb: So unmodern sind seine "private Gedanken" doch gar nicht:
Kant hat in nicht wenigen Texten seines Nachlasses Gott als "hypothetisches Wesen", ..., etc. bezeichnet.
naja, ich find das nicht so furchtbar modern, sich selbst eine solche autorität vorsetzen zu müssen.
Modern insofern, als seine Definition des Göttlichen ungefähr das ist, was aufgeklärte Theologen heute (protestantische mehr, katholische weniger) ungestraft an Universitäten vertreten dürfen.
Was Kant betrifft, waren ihm jene Grenzen gesetzt, in deren Rahmen sich ein preußischer Beamter bewegen durfte, ohne die Obrigkeit allzu sehr herauszufordern. Dass er sich mit seinen Texten nicht selten in den Grenzbereich des Erlaubten gewagt hat, ist ihm von einigen Fachkollegen, von Teilen der Ministerialbürokratie und auch vom König selbst vorgeworfen worden.
Am 1.10.1794 wurde Kant in einer königlichen Kabinettsorder u. a. mitgeteilt:
Unsere höchste Person hat schon seit geraumer Zeit mit großem Missfallen ersehen: wie Ihr Eure Philosophie zu Entstellung und Herabwürdigung mancher Haupt- und Grundlehren der heiligen Schrift und des Christentums missbraucht; wie Ihr dieses namentlich in Eurem Buch: Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft', desgleichen in anderen, kleineren Abhandlungen getan habt. Wir haben Uns zu Euch eines Besseren versehen, da Ihr selbst einsehen müsset, wie unverantwortlich Ihr dadurch gegen Eure Pflicht als Lehrer der Jugend und gegen Unsere Euch sehr wohl bekannte landesväterliche Absichten handelt.
da, lieber bion, dürfen wir jetzt aber zwei dinge nicht durcheinander bringen
kants gotteskonstrukt mag "modern" sein (wenngleich ich mich immer frage, warum man sich eben einer religion verschreibt, deren klassisches und traditionelles gottesverständnis wahrlich ein anderes ist, um dieser dann einen selbst konstruierten hypothetischen gott einzupflanzen) - daß er aber überhaupt eine moralische autorität braucht, ist es nicht
da ist er eben in zweifacher hinsicht kind seiner zeit und opfer seiner zwänge - äußerer wie innerer. als an autoritäten gewohnter wie als religiös sozialisierter
aber ich bin ja froh, daß nun - nach 11 seiten! - dank ekkard und dir nun endlich die frage beantwortet ist, was wohl kant mit dieser "religion" gemeint habe, zu der moral führe. nämlich zu einer selbst konstruierten autorität, um sozusagen die eigene verantwortung abgeben zu können für sein (moralisches) verhalten - quasi der selbstbetrug "ich handle jetzt ja nicht so, weil ich das grade will oder weil es mir angebracht, vernünftig erscheint - nein, ich folge einem "allvermögenden moralischen Wesen als Weltherrscher" (auch wenn ich mir das selber ausgedacht habe)"
ja, kann man so machen, ergibt im historischen kontext sinn
ich finds trotzdem überholt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)