20-07-2013, 22:31
(19-07-2013, 13:42)Bion schrieb: Was meint Kant denn nun tatsächlich mit diesem Satz?
Kant ist imho der Meinung, dass Moral nur verbindlich sein kann, wenn sie durch eine übergeordnete Instanz quasi gegeben wird. Für ihn benötigt der Mensch eine Vorgabe, die sozusagen über ihm steht und somit transzendent ist.
Da er jedoch die Existenz einer solchen Instanz als nicht beweisbar anerkennt, sagt er dass der Mensch sich eben dennoch eine solche Instanz setzen muss.
Eben aus der Notwendigkeit, dass nur so eine verbindliche Moral überhaupt entstehen kann.
Diese Erkenntnis ist keine schlechte, hat Religion doch immer schon als Moralgeber gedient und damit auch Gruppen innerlich gestärkt.
Man darf jedoch nicht den Fehler machen, eine solche Ansicht absolut zu setzten und daraus eventuell eine Notwendigkeit von Religion auch für die Zukunft begründen zu wollen.
Heute gibt es auch andere Wege moralische Ideen zu entwickeln. Imho spielt hierbei die Vernunft auch eine wesentliche Rolle. So findet zb. die Ablehnung von Homosexualität als etwas Unnormales keine vernünftige Entsprechung. Heute wissen wir, dass Homosexualität in nahezu allen Tierarten verbreitet ist.
Dennoch gilt zb. bei den Katholiken dies weiterhin als Sünde.
Moral kann (im Sinne von "hat die Chance") daher heutzutage weniger ein "festgelegtes Regelwerk" sein, als vielmehr ein veränderbares Konstrukt, welche sich stets an den aktuellen Erkenntnissen orientiert. Der Vorteil liegt darin, dass Moral somit auch "lernfähig" ist und eben keine höhere Instaz benötigt.
Allerings gibt es hierbei auch Grenzen. Beispielhaft möchte ich hier die Abtreibungsproblematik nennen und die zb. Frage, ab wann Ungeborene Rechte haben. Hier hilft die Vernunft alleine nicht weiter.
