08-05-2013, 09:08
(07-05-2013, 00:13)paradox schrieb: Also war diese Flucht dann doch Fiktion, weil sie nicht 40 Jahre in einer kleinen Wüste umherirren können?
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Was spricht denn dafür, dass so etwas tatsächlich passiert ist?
Die Autoren der Auszugsgeschichte schildern keine historischen Sachverhalte. Es ist Literatur, was geboten wird.
Ob sich das kulturelle Gedächtnis der Israeliten an die Vertreibung der Hyksos erinnert oder an Ereignisse, die relativ kurz vor dem Entstehen der Auszugsgeschichte (im 7. Jh vC, Fronarbeit beim Bau von Pitom) stattgefunden haben, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen.
Aus der Biblischen Enzyklopädie, Bd 1, N. P. Lemche, Die Vorgeschichte Israels, Verl. Kohlhammer, S62ff.:
Zitat:Die ägyptischen Quellen beschreiben die Vertreibung von Asiaten aus Ägypten als Maßnahme der Ägypter gegen die Asiaten und eben nicht - wie im Alten Testament - als eine Reaktion der Asiaten auf ägyptische Maßnahmen. Nach Manetho haben die Pharaonen am Ende der Hyksosherrschaft die Hyksosleute aus Ägypten mit Gewalt vertrieben und keineswegs versucht, den Asiaten den Weg aus Ägypten zu verlegen, wie es im Exodusbuch beschrieben wird. Wenn die Ereignisse, die zur Vertreibung der Hyksos führten, tatsächlich den geschichtlichen Hintergrund für die Auswanderung der Israeliten aus Ägypten bildeten, dann wäre die Sache in der Bibel (oder von Manetho?) auf den Kopf gestellt worden. Weiter ist zu betonen, dass der Befreiungskrieg der Ägypter gegen die Hyksos bald zu einer Eroberung der Nachbargebiete führte.
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Nach der biblischen Chronologie fand der Exodus präzis 400 Jahre vor der Errichtung des Tempels durch Salomo in Jerusalem, also um 1350 v.Chr. statt. Die wissenschaftliche Chronologie sagt, dass die Israeliten kaum vor 1200 nach Palästina gelangt sein können. Dazu kommt, dass die wichtigsten Quellen aus dem Palästina des 2. Jahrtausends, die el-Amama Briefe (Mitte des 14. Jahrhunderts), nichts von einer Anwesenheit von Israeliten in Palästina berichten. Wenn man nun behauptete, die Israeliten seien damals schon seit mehr als zweihundert Jahren im Lande ansässig gewesen, wäre das doch merkwürdig.
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Nach Ex 1,11 wurden die Israeliten von einem neuen Pharao, "der nicht mit Joseph bekannt war", als Bauarbeiter für die zwei Vorratsstädte Pitom und Ramses (= Pi-Ramesse) herangezogen.
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In Ex 1,11 sind die beiden Städte Pitom und Ramses als gleichrangig dargestellt. Historisch bereitet das jedoch Schwierigkeiten, da Pitom als Stadt kaum mit den Verhältnissen des ausgehenden 2. Jahrtausends in Einklang zu bringen ist. Der Name Pitom wurde nämlich erst in der saitischen Epoche (d.h. nicht vor dem 7. Jahrhundert) als Stadtname gebraucht.
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Der Leser des Exodusberichts muß somit zwischen zwei Alternativen wählen. Entweder lässt er die geschichtlichen Hinweise der Erzählung unbeachtet, oder er reduziert den Inhalt der Exoduserzählungen in dramatischer Weise. Sollte es im 13. Jahrhundert keine Israeliten in Ägypten gegeben hat, dann sind sie selbstverständlich nicht auf wunderbare Weise aus dem Meer errettet worden, keine ägyptische Armee ist vom Schilfmeer verschluckt worden, und kein Pharao ist dort ums Leben gekommen.
Ganz entsprechend schweigen ja auch die ägyptischen Quellen vollkommen von solchen außergewöhnlichen Ereignissen und sind sämtliche Mumien der damaligen Pharaonen im ägyptologischen Museum von Kairo noch vorhanden.
MfG B.

