17-01-2013, 15:26
(17-01-2013, 15:07)Lelinda schrieb: Das mit der jüdischen Streit- und Auslegungskultur finde ich interessant. Ich vermute ja auch, dass Jesu Auseinandersetzungen mit den Pharisäern wohl eher solche Diskussionen waren. Kannst du (oder irgendjemand anderes) dazu etwas Genaueres schreiben? Von mir aus auch in einem anderen Thread, da es ja wieder eine Abweichung vom Thema wäre.
Moin,
da so manche Theologen Jesus sogar als Pharisäer ansehen, könnte die Vermutung stimmen. Oder auch nicht.
Ach, die Streitkultur ist eigentlich allgegenwärtig, wenn man sich mit dem Judentum beschäftigt. Der Talmud ist teilweise als Diskussions- und Streitschrift geschrieben. Oder wenn Du mal Bücher zur jüdischen Religionsgeschichte liest, da kommen ständig Beispiele, wo Gesetzesauslegungen geändert wurden. Es gab wohl ein recht prominentes Beispiel bei der Scheidung. Vielleicht hat Jakow das besser griffbereit als ich. Irgendwas, wo der Mann die Frau laut wörtlichen Text verstoßen konnte, und es an eine Diskussion und letztlich einen breiten Konsens einer anderen, genau entgegen gesetztem Auslegung gab.
Ich als am Judentum interessierter Nichtjude habe daraus den Schluss gezogen, dem wörtlichen Textverständnis zunächst überhaupt nicht mehr zu folgen sondern immer erst Mal nach jüdischen Auslegungen desselben zu schauen.
Denn -und auch das sollte man sich mal bewusst machen- die jüdischen Gesetze sind in aller Regel interne Gesetze. Sie betreffen uns Nichtjuden meist überhaupt nicht. Insofern sollten wir auch das Auslegungsverständnis der Juden respektieren und nicht versuchen, unser abweichendes darüber zu stülpen. Denn was soll das bringen, außer dass es zu falschen Ergebnissen des Verständnisses führt?
Allenfalls wäre so etwas für Christen interessant. Nämlich die christliche Bibel mal mit jüdischer Sicht zu lesen, wäre bestimmtreizvoll. Und würde wohl oft zu einem ganz anderen Verständnis führen. Aber genau das ist wohl eher nicht gewünscht.
Tschüss
Jörg

